Fall Kührer: In einer Woche beginnt Mordprozess

In Korneuburg muss sich ab nächster Woche der mutmaßliche Mörder von Julia Kührer vor Gericht verantworten. Er soll die 16-jährige Schülerin vor sieben Jahren in seiner Videothek in Pulkau getötet und die sterblichen Überreste verbrannt haben.

Eine Woche vor Prozessbeginn im Fall Julia Kührer hat das Landesgericht Korneuburg den Fahrplan für die sieben geplanten Verhandlungstage bekannt gegeben. In der Anklageschrift habe die Staatsanwaltschaft jene Indizien herausgearbeitet, die ihrer Meinung nach für eine vorsätzliche gewaltsame Tötung der 16-Jährigen durch den Angeklagten sprechen. Dazu zählt u.a. ein zum Zeitpunkt des Verschwindens der 16-Jährigen in Pulkau eingeloggtes Handy des die Tat leugnenden Beschuldigten.

Fundort in Dietmannsdorf

APA/Herbert Pfarrhofer

Urteil wird am 24. September erwartet

Am 10. September startet das Schwurgericht mit dem Vortrag der Anklage, der Replik der Verteidigung und der Vernehmung des Angeklagten. Die Einvernahmen der Zeugen - pro Tag 20 bis 26 Personen - sind für den 11., 12. und 17. September geplant, als Reserve dafür gilt noch der 19. September, an dem die Tatortfotos präsentiert werden. Sechs Sachverständige - zwei Gerichtsmediziner, zwei Chemiker, ein Brandtechniker und eine Molekularbiologin - sind am 20. September geladen. Am 24. September sollte nach den Schlussplädoyers ein Urteil gefällt werden.

Todesursache kann nicht mehr festgestellt werden

Die Leiche der Schülerin aus Pulkau (Bezirk Hollabrunn) wurde im Juni 2011 im nahen Dietmannsdorf entdeckt. Das Skelett war unter Schutt und Erde in einem Erdkeller verscharrt, die Todesursache nicht mehr zu ermitteln. Die sterblichen Überreste waren, in Jutesäcken und in eine blaue Decke eingehüllt, im ersten Teil des Erdkellers verbrannt worden.

Erdkeller, in dem Julia Kührers sterbliche Überreste gefunden wurden

ORF

Dem Gutachten der Gerichtsmediziner und des Brandtechnikers zufolge schließt die Staatsanwaltschaft Korneuburg eine natürliche Todesursache aus und erhob Mordanklage gegen den Mann, dem das Anwesen mit dem Erdkeller seit dem Jahr 2004 gehört. Der 51-jährige Wiener, seit Dezember 2012 in Untersuchungshaft, leugnet, irgendetwas mit der Tat zu tun zu haben.

Droge Crystal Meth wurde im Skelett gefunden

Wie das Landesgericht am Dienstag in einer Aussendung zur Anklage ausführte, hatte der Mann seit dem Herbst 2005 am Hauptplatz in Pulkau eine Videothek betrieben, die sich bald zu einem Jugendtreff entwickelte. Auch Julia suchte die Videothek auf, manchmal gemeinsam mit ihrem Freund.

Pulkau

APA/Helmut Fohringer

Eine ihrer Freundinnen habe im Ermittlungsverfahren ausgesagt, dass der Angeklagte Julia mit der Droge Crystal Meth versorgt haben soll, die er in Tschechien erworben und um 100 Euro pro Gramm in Briefchen oder DVD-Hüllen übergeben haben soll. Zwei Übergaben an das Mädchen sollen beobachtet worden sein, und Hinweise auf einen Konsum dieser Droge konnten auch dem Skelett entnommen werden. Es ist daher auch angeklagt, dass der damals 45-Jährige der 16-jährigen Minderjährigen Suchtgift überlassen habe.

Julia wurde zuletzt gesehen, als sie am 27. Juni 2006 um etwa 13.30 Uhr am Hauptplatz von Pulkau den Bus verlassen hat. Sie war auf dem Heimweg von ihrer Schule in Horn. Zwei Tage zuvor habe sie Streit mit ihrem Freund gehabt, im Zuge dessen er diese Beziehung abgebrochen habe. Darüber hinaus habe sie am Tag ihres Verschwindens schon in der Früh mit ihrer Mutter eine Meinungsverschiedenheit über einen Termin bei einer Psychologin gehabt, die Ermittler gehen davon aus, dass das Mädchen nicht im besten psychischen Zustand gewesen sei.

Staatsanwaltschaft spricht von „gewaltsamen Tod“

Die Staatsanwaltschaft Korneuburg geht davon aus, dass der 51-Jährige Julia gewaltsam tötete. Dafür sprechen laut Anklage mehrere Gründe: Der Beschuldigte soll rund eine Viertelstunde, bevor Julia zuletzt gesehen worden war, mit seinem Handy in Pulkau eingeloggt gewesen sein.

Blaue Decke mit der Aufschrift "Borbo"

Polizei

Zudem hätten sich Spuren der blauen Decke, in die die sterblichen Überreste Julias gewickelt waren, mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Wohnung des Angeklagten befunden. Außerdem war die Leiche in Jutesäcke gehüllt gewesen, die bei den Landwirten in der Umgebung ganz selten seien. Es wurden zudem Säcke der gleichen Machart am Anwesen ausgegraben, in denen sich zwei Hundeskelette befunden hätten.

16-Jährige könnte in Videothek getötet worden sein

Die Leiche wies Spuren von Gewaltanwendung auf, die teilweise erst im Zusammenhang mit ihrer Beseitigung entstanden sein dürften, die Kieferverletzung soll dem Mädchen aber bereits zugefügt worden sein, als sie noch am Leben war. Da der abgebrochene Schneidezahn und die Krone am Fundort der Leiche trotz intensivster Suche nicht gefunden wurden, deute dies nach Ansicht der Staatsanwaltschaft darauf hin, dass Julia Kührer nicht in dem Erdkeller, sondern in der Videothek des Angeklagten getötet wurde.

Polizist lehnt an Mauer in der Nähe des Fundorts von Julia Kührer, davor ein Holzhaufen.

APA/Hochmuth

Laut der Anklagebehörde habe die Schülerin zum bevorzugten Frauentyp des Angeklagten gehört. Dieser soll sich Frauen gegenüber anzüglich, dominant und hochgradig sexualisiert verhalten haben, weshalb eine sexuell motivierte Tat angenommen wurde.

Das Landesgericht hielt weiters fest, dass der Beschuldigte sich damit verantworte, zum Zeitpunkt des Verschwindens des Mädchens in Tschechien gewesen zu sein und die besagte Decke nicht zu kennen. Zu seiner Darstellung, die Tote sei ihm untergeschoben worden, meine die Staatsanwaltschaft, dass das Grundstück von einigen Personen versperrt vorgefunden worden sei und das Torschloss keinerlei Manipulationsspuren aufgewiesen habe.

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