Kührer-Prozess: Eltern im Zeugenstand

Am Mittwoch sind im Prozess um den Tod von Julia Kührer die ersten Zeugen vor Gericht gestanden. Am Nachmittag wurden die Eltern befragt. Julias Mutter habe die Stimmungsschwankungen der damals 16-Jährigen nicht mit Suchtgift in Verbindung gebracht.

Julias Eltern, beide Lehrer, beschrieben ihre Tochter als ruhig, in sich gekehrt und eher lethargisch, aber auch mit Stimmungsschwankungen, „normal“ in der Pubertät. Die Mutter führte ihr unterschiedliches Verhalten damals auf Migräne zurück, an Drogen dachte sie nicht: „Vielleicht war ich da auch ein bisschen verblendet. Ich hab’ das gar nicht in Erwägung gezogen.“

Mutter: „Freund war Julias Heiligtum“

Sie habe mit ihrer Tochter auch nicht über Suchtgiftkonsum gesprochen, nachdem ihr mittlerer Sohn, der vier Jahre älter als Julia und jetzt 27 ist, ihr einen Hinweis gegeben habe, dass die 16-Jährige durch ihren Freund mit Drogen in Kontakt kommen könnte. Der Freund sei Julias „Heiligtum“ gewesen. Allerdings sei ihr nicht erlaubt worden, bei ihm zu übernachten: Sie sei noch so jung gewesen, sagte die Mutter. Julia habe wenig erzählt, also auch nicht von der Videothek, die als Jugendtreff fungierte und auch nichts nach der Trennung von ihrem Freund, obwohl sie weinend nach Hause gekommen sei.

Eltern meldeten Julia als vermisst

Am Morgen des 27. Juni 2006 habe die Volksschullehrerin die Tochter das letzte Mal gesehen, als sie nach kurzer Diskussion über einen beabsichtigten Besuch bei einem Psychotherapeuten in Wien zum Bus aufgebrochen sei, um in die Schule zu fahren. Als sie am Abend noch nicht daheim gewesen sei, habe die Mutter Julias Freund angerufen, der schlaftrunken gewirkt habe, ihr vom Beziehungsende erzählt habe und nicht gewusst habe, wo das Mädchen sei. 2005 sei Julia einmal nach einer Auseinandersetzung weggelaufen, aber am nächsten Tag sei sie wieder da gewesen.

Tags darauf hätten die Eltern Vermisstenanzeige erstattet, eine große Suche sei angelaufen.“Ich habe monatelang nach ihr gesucht", sagte der Vater. Der pensionierte Pädagoge habe erst im Nachhinein erfahren, dass Julia in Suchtgiftkreisen unterwegs gewesen sei. Er habe ihren Freund einmal zur Rede gestellt, weil er nicht wollte, dass dieser seine Tochter jeden Tag mit dem Auto in die Schule brachte. Julia sollte mit dem Bus fahren und Kontakt zu ihren Freundinnen halten, habe er gemeint. Nach dem Verschwinden seiner Tochter habe ihn der Videothekbetreiber dreimal angesprochen, ob er Neues über ihren Verbleib wisse. Beim Verlassen des Gerichtssaales sagte die Mutter, ihr würde die Gerechtigkeit am Herzen liegen.

Bruder brachte Eltern auf Drogenverdacht

Der älteste Bruder (31) habe seit 2002 in Wien studiert und wenig Kontakt zu seiner Schwester. Sie sei eher zurückgezogen und depressiv gewesen, erst in letzter Zeit etwas offener, meinte er. Auch der 27-jährige Bruder lebte damals nicht mehr im Elternhaus. Er war es, der den Eltern von seinem Verdacht bezüglich Drogen durch Julias Freund berichtete, seine Schwester sprach er nicht darauf an.

Angeklagter mit Polizisten im Gerichtssaal

APA / HELMUT FOHRINGER

Der Angeklagte vor Gericht

Cousine: „Julia war ein begehrtes Mädchen“

Engen Kontakt zu Julia habe ihre Cousine gehabt. Julia habe von ihrem Freund geschwärmt, meinte sie. Jahre nach ihrem Verschwinden habe dieser einen „Versuch“ bei ihr gestartet, sie habe ihn aber abblitzen lassen. Dass er auf einem Gut lebte und viel Geld hatte, sei ihr egal gewesen, so die Cousine. In einer früheren Aussage habe sie erklärt, er wäre unberechenbar und aggressiv, wenn er Alkohol oder Marihuana konsumierte. Sein Name sei damals unter den Verdächtigen genannt worden, sagte die Cousine. „Schockiert“ sei sie über ein Gespräch mit dessen bestem Freund gewesen, den das Gericht in der Früh als ersten befragt hatte. Dieser soll 2006 selbst in Julia verliebt gewesen sein, er habe rund ein Jahr später zu ihr unter vier Augen gesagt, „was willst du, dort wo die Julia jetzt ist, da geht’s ihr eh besser.“ Julia sei ein sehr begehrtes Mädchen gewesen, für sie habe es aber nur ihren Freund gegeben.

Zweiter Prozesstag geht zu Ende

Der einstige Videothek-Mitarbeiter (27) sagte aus, dass Michael K. 2006 sogar sein Trauzeuge war. Die meiste Zeit sei er in der Videothek gewesen, während sein „Chef“ viel unterwegs war. Julia sei öfters da gewesen, nicht nur zusammen mit ihrem Freund. Er bestätigte, dass K. sich als „Frauenheld“ gegeben habe, dem jüngere Frauen gefielen. Eine Freundin habe er nicht gut behandelt: „Einmal hat sie ein blaues Aug’ gehabt.“ Eines Tages sei die Tschechin einfach weg gewesen. Einmal habe sich K. quasi prahlerisch vor ihm entblößt. Dessen abgeriegeltes Grundstück in Dietmannsdorf hätte er wegen der Hunde nicht zu betreten gewagt, meinte der Zeuge. Am späten Nachmittag waren weitere Zeugen aus Pulkau geladen. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

Links: