Stalking-Prozess erneut vertagt

In Korneuburg muss sich seit dieser Woche ein 54-Jähriger vor Gericht verantworten. Er soll mehrere Personen, unter anderem einen Gerichtspräsidenten, gestalkt haben. Nun wurde der Prozess erneut vertagt. Eine Fortsetzung gibt es im April.

Kein Urteil hat es am Donnerstag am Landesgericht Korneuburg im Prozess gegen den 54-Jährigen gegeben, der einen niederösterreichischen Landesgerichtspräsidenten, dessen Frau und einen Ex-Bürgermeister gestalkt haben soll. Das am Dienstag begonnene Verfahren wurde zur Anhörung weiterer Zeugen auf 10. April vertagt. Am Donnerstag schilderten die Opfer das Ausmaß der Verfolgung.

Der bis 2012 amtierende Kommunalpolitiker schilderte, dass der Angeklagte durch Wochen hindurch „tagtäglich mehrmals“ vor seinem in einer Sackgasse gelegenen Haus auftauchte, ihn via auf seinem Auto montierten Megafon beschimpfte („Sie sind eine Schande für Ihre Familie, die Gemeinde und ganz Österreich“) und Schmähschriften in seinem Carport und auch auf seinem Pkw anbrachte. Insgesamt seien es in der Gemeinde „tausende“ Flugzettel gewesen. Wenn er als Radfahrer unterwegs war, sei der Beschuldigte neben ihm hergefahren, unzählige Male sei er auch fotografiert sowie mit einer Spritzpistole attackiert worden. Wenn er am Handy nicht erreichbar war, etwa in Sizilien, habe er SMS erhalten.

Opfer: Intensives Stalking seit November 2012

Der 69-Jährige räumte ein, dem Angeklagten selbst auch nachgefahren zu sein, „um zu sehen, wo er plakatiert“ und um die Zettel zu entfernen. Er sprach auf Fragen der Staatsanwältin die psychische Belastung durch das ständige Auflauern an, weshalb er schlecht schlafe und sogar in ärztlicher Behandlung sei. Seine Ehefrau (66) bestätigte die Aussagen - „wenn ich in der Früh das Fenster geöffnet habe, ist er schon da gestanden mit seinem Megafon“ - ebenso wie mehrere Gemeindebürger. Zwei von ihnen hatten den 54-Jährigen nach Jahren der „Plakataktionen“ sozusagen auf frischer Tat darauf angesprochen und ersucht, dies zu unterlassen.

Der Landesgerichtspräsident verwies zur Vorgeschichte darauf, dass der Angeklagte „viele Prozesse“ geführt - und verloren - habe (den Ausgang nahm die Causa Jahre zuvor, weil sich der Angeklagte im Zusammenhang mit einem Grundstück von der Gemeinde betrogen fühlte, Anm.). Die „Intensivphase“ des Stalkings habe im November 2012 begonnen. Er berichtete von Beobachtungen seines Hauses, von Flugzetteln dort und dann auch im Umkreis des Gerichts und in der Fußgängerzone mit seinem Namen und Foto, auf denen ihm neben Amtsmissbrauch (seit acht Jahren) und Betrug vorgeworfen wurde, korrupt und ein Alkoholiker zu sein. Zu Ostern 2013 fand er ein „Osternest“ mit einem Plakat und Hundekot, kurz darauf lag ein Wildschweinkopf in seinem Garten, mit dem der Beschuldigte tags zuvor - montiert an einer Plakatwand an seinem Fahrrad - bei einer von ihm angemeldeten „Demo“ durch die Stadt gezogen sei.

Ehefrau: „Wurde beim Joggen verfolgt und fotografiert“

Wenn er selbst in der Früh Zettel abnahm, waren am Nachmittag neue da, erzählte der Zeuge. Die „Distanzüberschreitungen“ hätten sich gehäuft und kulminierten in mehreren Attacken mit Spritzpistolen. Seine über 90 Jahre alte Schwiegermutter habe gemeint, sie halte das nicht mehr aus, seine Frau schlug ihm vor, sich um einen Posten in Wien zu bewerben, um der Verfolgung ein Ende zu bereiten, schilderte der Jurist die Situation. Er habe den Eindruck gehabt, dass ihm der Angeklagte „psychisch wehtun“ wollte - er hätte ihn sprechen können, „indem er mich einfach anredet“, meinte der Gerichtspräsident.

Dessen Ehefrau wurde nach ihren Angaben telefonisch an ihrem Arbeitsplatz kontaktiert und erklärte, mit dem Gericht nichts zu tun zu haben. Nach ihrem Eindruck wollte der Mann „seine Prozesse gewinnen, die alle längst abgeschlossen sind“. Nach dem Anruf wurde sie u.a. beim Joggen verfolgt, fotografiert. Beide sprachen von zunehmender Vereinsamung durch das Stalking: Man habe keine Freunde mehr eingeladen, sei hingegen überall darauf angesprochen worden. Erst mit der - vorübergehenden - Festnahme des Angeklagten sei „mit einem Schlag“ Ruhe gewesen: „Diese Sprache hat er verstanden“, meinte die Zeugin.