Filmemacher Michael Glawogger tot

Michael Glawogger ist tot. Er soll während der Dreharbeiten zu seinem neuen Film in Liberia an Malaria erkrankt sein. Bekannt wurde der Filmemacher, der im Bezirk Neunkirchen lebte, mit „Workingman’s Death“ und „Whores’ Glory“.

Der Dokumentarfilmer Glawogger brachte die sozialen Aspekte der Globalisierung immer wieder eindrücklich auf den Punkt, er drehte dafür auf allen Kontinenten. Für sein aktuelles Projekt brach er erneut zu einer Weltreise auf, dieses Mal allerdings ohne das Korsett eines vorgegebenen Themas. Vielmehr zählte für ihn nun der Augenblick, den er stets sofort filmen wollte.

Michael Glawogger

APA/Herbert Neubauer

„Man darf keine Berührungsängste haben“

Glawogger besuchte das San Francisco Arts Institute und studierte anschließend von 1983 bis 1989 an der Filmakademie Wien. Mit Ulrich Seidl arbeitete er mehrmals zusammen. Wie Seidl fällt auch Glawogger in das Genre des dokumentarischen Films. Zu seinen erfolgreichsten und international anerkanntesten Filmen zählt „Whores’ Glory“, den Glawogger in Thailand, Bangladesch und Mexiko drehte. Der Regisseur, der in Pitten lebte, war mit „Whores’ Glory“ in vier Kategorien für den Österreichischen Filmpreis 2012 nominiert, in den Kategorien „Bester Dokumentarfilm“ und „Beste Kamera“ war er erfolgreich.

Reisen zählte zu den großen Leidenschaften Glawoggers. „Beim Reisen muss man geduldig sein, sich nicht immer gleich aufregen, wenn was nicht funktioniert. Man darf nicht feig sein und keine Berührungsängste haben“, so Glawogger am 22. Jänner 2011 in der „Nahaufnahme“ auf Radio Niederösterreich. „Wenn man sich über alles aufregt, das nicht funktioniert, sollte man auch nicht reisen. Das ist ja auch das Unheil des Tourismus, zu glauben die Welt ist ein Selbstbedienungsladen, wo man hinfährt und alles funktioniert. Ich glaube man verreist oft gerne, um das Glück zu haben, wieder nach Hause zu kommen.“

Glawogger hasste das Wort Globalisierung

Seinen Job beschrieb Glawogger gleichzeitig als hart und privilegiert. Er drehte seine Filme auf der ganzen Welt. Mit dem Wort Globalisierung konnte er trotzdem nichts anfangen. „Ich hasse dieses Wort, weil ich finde, dass es nichts bedeutet. Ich gelte als ein Regisseur der Globalisierung, obwohl ich das Wort zum ersten Mal in einer Kritik über mich gelesen habe. Jeder nimmt sich das Wort und sagt, was es bedeutet.“

Glawoggers letzter Film ist zugleich sein erster fürs Fernsehen. Er inszenierte im ORF-Landkrimi „Die Frau mit einem Schuh“ Niederösterreich als Ödland und Pulverfass gleichermaßen - mehr dazu in Glawoggers aufregender ORF-Krimi (news.ORF.at). Glawoggers neues Projekt, das auch vom ORF finanziell unterstützt wurde, war ungewöhnlich: Unter dem Titel „Untitled - Der Film ohne Namen“ begab sich der 54-Jährige mit einem roten VW-Bus auf eine Weltreise, deren Ziel offen war. Von dieser Reise sollte er nicht mehr zurückkehren.

Mit Glawogger verliert die Filmwelt einen ihrer radikalsten, wichtigsten und renommiertesten Vertreter. „Es ist eine tragische und vollkommen unerwartete Nachricht. Glawogger war einer der Großen, die den österreichischen Dokumentarfilm für Österreich und weit darüber hinaus weiterentwickelt haben. Er wird sehr fehlen“, sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. In memoriam Glawogger ändert der ORF sein Programm und zeigt unter anderem die Dokus „Megacities“, „Workingman’s Death“ und „Whores’ Glory“ - mehr dazu in Dokus und Spielfilme erneut im TV (news.ORF.at).