Schlepperprozess: Angeklagter kommt nicht

In Wr. Neustadt ist am Dienstag der Schlepperprozess gegen acht Angeklagte, vier von ihnen ehemalige Servitenklosterflüchtlinge, fortgesetzt worden. Ein Angeklagter ist bei Gericht nicht erschienen.

Die sieben Angeklagten, denen Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung angelastet wird, trudelten am Dienstagvormittag nacheinander viel zu spät bei Gericht ein. Einer kam gar nicht, Richterin Petra Harbich ließ in einer Verhandlungspause in Wien eine Polizeistreife an seine Wohnadresse schicken. Das Ergebnis: Der Angeklagte sei bereits um sechs Uhr in der Früh nach Wiener Neustadt aufgebrochen. Kurz vor 11.00 Uhr konnte die Richterin dann das Beweisverfahren eröffnen. Der achte Angeklagte war (noch immer) nicht erschienen.

Die übrigen Angeklagten, von denen einige als Asyl-Aktivisten bei der Besetzung der Wiener Votivkirche mitgemacht hatten und dann im Servitenkloster lebten, blieben bei ihren bisherigen Angaben. Diese lauteten sinngemäß so: Man habe Landsleuten aus Pakistan und Afghanistan „geholfen“, sie „weitergeschickt“ oder irgendwo „abgeholt“, aber die meisten Anklagefakten ließ man nicht gelten.

Schlepperprozess

ORF/Gernot Rohrhofer

Dolmetscher als Zeugen im Gerichtssaal

Am Dienstag wurden die bei den Telefonüberwachungen von der Polizei eingesetzten Dolmetscher als Zeugen einvernommen. Die Verteidigung sowie die Angeklagten hatten nämlich Zweifel an der Richtigkeit der protokollierten Gespräche angezeigt. Eine Übersetzerin machte im Zeugenstand keine gute Figur. Sie musste eingestehen, dass sie über keine Dolmetsch- bzw. Übersetzer-Ausbildung verfügt. „Aber die Gespräche, die ich übersetzt habe, waren in meiner Muttersprache“, berichtet die Austria Presse Agentur (APA).

Der Schlepperprozess hatte Mitte März begonnen, wurde jedoch nach zwei Wochen vertagt. Grund waren Bedenken an den Übersetzungen von 10.000 Telefonüberwachungen. Dem ursprünglichen Verhandlungsplan nach hätte heute bereits das Urteil fallen sollen. Stattdessen geht der Prozess an 13 Tagen bis zum 26. Juni weiter, als Zeugen werden u. a. Flüchtlingsbetreuer zu Wort kommen. Das Verfahren hatte Mitte März begonnen, wurde jedoch nach zwei Wochen nach der Einvernahme des letzten Beschuldigten vertagt. Die Richterin ortete Zweifel an der Stichhaltigkeit der Anklageschrift - mehr dazu in Schlepperprozess in Wr. Neustadt.

Richterin Petra Harbich ordnete jedenfalls in der mehr als fünfwöchigen Verhandlungspause weitere Ermittlungen an, sagte Gerichtssprecher Hans Barwitzius, vor allem „welche Fakten sich in der Anklage der Staatsanwaltschaft überschnitten haben bzw. welche sich dort doppelt finden“. Und sie habe auch die Polizei beauftragt, die Rufnummern den einzelnen Angeklagten zuzuordnen, so der Gerichtssprecher, denn die Anklage stütze sich nicht unwesentlich auf die Protokolle der Telefonüberwachung.

Angeklagte wurden enthaftet

Mit Hinweis auf die viermonatige Vorbereitungszeit auf die Hauptverhandlung war für die Staatsanwaltschaft der Grund der Vertagung nicht nachvollziehbar, „aus Gründen der Verhältnismäßigkeit“ wurde die Enthaftung der sechs zu diesem Zeitpunkt noch - seit vergangenem Sommer - in U-Haft befindlichen Angeklagten beantragt. Sie wurden in der Folge auf freien Fuß gesetzt - mehr dazu in Mutmaßliche Schlepper enthaftet.