Schlepperprozess: Sieben Schuldsprüche

Mit sieben Schuldsprüchen und einem Freispruch hat in der Nacht auf Freitag am Landesgericht Wiener Neustadt der seit März geführte Prozess um Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung geendet.

Richterin Petra Harbich verhängte sieben teilbedingte Freiheitsstrafen von sieben bis 28 Monaten. Die Verurteilten haben den unbedingt verhängten Teil allesamt bereits in der U-Haft verbüßt. Bei der Verkündung kam es zu Chaos. Es gab unflätige Zwischenrufe und Beschimpfungen aus dem Publikum. Ein Angeklagter rastete laut APA verbal aus und ließ die Richterin nicht mehr weiterreden.

Den Asylwerbern war vorgeworfen worden, dass sie für illegal eingereiste Landsleute u. a. die Weiterfahrt in andere Länder organisiert haben sollen. Derartige Hilfsdienste wurden an insgesamt 43 Verhandlungstagen kaum bestritten, wohl aber, man habe daran verdient und somit gewerbsmäßig agiert.

Lange Beratungen

Die Beratungen hatten lange gedauert: Bereits um 15.30 Uhr hatte die Urteilsberatung der Schöffen begonnen. Zuvor hatten sich um 10.25 Uhr alle acht Angeklagten im Wiener Neustädter Gerichtssaal eingefunden. Staatsanwältin Gunda Ebhart lieferte ein kompaktes Plädoyer, berichtete die APA. Nach 15 Minuten war sie fertig. Sie forderte eine „schuld- und tatangemessene“ Bestrafung der Angeklagten.

Staatsanwältin rückt nicht von Anklage ab

Unmutsäußerungen einiger Zuschauer störten den Schlussvortrag der Anklägerin. Zweimal musste Richterin Harbich deshalb unterbrechen. „Wenn es einmal noch unruhig ist im Publikum, dann wird der Prozess unterbrochen, und alle müssen vorläufig den Saal verlassen“, ermahnte sie. Die Staatsanwältin gab in ihrem Plädoyer durchaus Fehler im Ermittlungsverfahren zu. Sie brachte die Zweifel an den Übersetzungen der Telefonüberwachungen ins Spiel. Dafür sprach sie der Prozessführung Lob aus. Der Prozess sei mit Sachlichkeit, Objektivität und großer Akribie geführt und das Beweisverfahren im Prozess quasi ein zweites Mal nachgeholt worden.

Die Staatsanwältin resümierte, dass die Angeklagten mit den ihnen vorgeworfenen Hilfsleistungen bei Schleppungen zwar „kein großes Business“ gemacht hätten, dennoch rückte sie von den Anklagepunkten nicht ab: „Die politisch motivierte Kritik wegen des Vorwurfs der gewerbsmäßigen Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Organisation ist an den Gesetzgeber, aber nicht an die Staatsanwaltschaft zu richten.“

Verteidiger plädiert auf Freispruch für alle

Verteidiger Lennart Binder plädierte auf Freispruch nicht nur für seinen Mandanten, sondern sinngemäß gleich für alle acht Asylwerber. „Ein Schlepper ist ein Unternehmer, der auf Profit aus ist. Die auf der Anklagebank sitzenden Männer sind das nicht, sie sind vielmehr eine Schicksalsgemeinschaft, die darauf angewiesen war, sich wechselseitig zu helfen.“ Den Anklagevorwurf wies Binder mit Schärfe zurück. Wenn man den Asylwerbern überhaupt etwas anlasten könne, dann lediglich den Paragrafen 120 Fremdenpolizeigesetz (FPG). Dieser normiere den Tatbestand der unentgeltlichen Fluchthilfe, ein Vergehen, das in keiner Relation mit dem Anklageparagrafen stehe. Nach Paragraf 120 FPG drohe lediglich ein Verwaltungsstrafverfahren.

Asylaktivisten in Votivkirche

Unter den Männern aus Afghanistan, Pakistan und Indien sind Asylaktivisten vom Winter 2012/2013 bei der Votivkirche in Wien, die dann ins Servitenkloster übersiedelten. Sie waren im Juli 2013 festgenommen und Ende März, als sich das ursprünglich für 14 Tage angesetzte Verfahren verzögerte, aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

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