So gelang die Flucht aus dem Ostblock

1989 ist der Eiserne Vorhang gefallen. Viele Menschen litten unter den Zuständen im damaligen Ostblock so sehr, dass sie ihr Leben riskierten, um ihr Land zu verlassen. Robert Ospald ist 1986 auf spektakuläre Art die Flucht aus der CSSR gelungen.

Robert Ospald ist 63 Jahre alt und lebt in Wien. 1986 gelang ihm die Flucht aus seinem Heimatland, der Tschechoslowakei. Er riskierte damals sein Leben. Mit einem selbst konstruierten Gerät flüchtete er über eine Hochspannungsleitung von der damaligen CSSR nach Österreich.

Schwarzweiß-Bild einer Flucht vor dem Eisernern Vorhang

ORF

Auf der Hochspannungsleitung in den Westen: Robert Ospald

"70 Meter vom Eisernen Vorhang entfernt mussten wir uns drei Tage lang verstecken. Denn genau dort, wo der Hochspannungsmast über den Eisernen Vorhang gegangen ist, war eine kleine Straße. Wegen dieser Straße war die Gegend sehr stark bewacht“, schildert Ospald heute.

Zeitungen aus aller Welt berichteten über die Flucht

Der damals 35-Jährige und sein 20-jähriger Fluchtgefährte legten mit ihrem selbst gebauten Gerät auf der Stromleitung mehr als 300 Meter zurück und überquerten so den Eisernen Vorhang. Damals berichtete nicht nur der ORF, sondern auch in Zeitungen aus aller Welt war über die lebensgefährliche Aktion zu lesen.

Robert Ospald fasste seine Erinnerungen in einem Buch zusammen („380.000 Volt Hoffnung auf Freiheit"). Als Freigeist litt er unter dem diktatorischen Regime der Tschechoslowakei besonders, sagt er. Er sah für sich nicht viele Perspektiven: „Entweder ich werde selber ein Kommunist, dann habe ich es in dem Staat gut, oder ich werde in ein Gefängnis oder eine Irrenanstalt eingesperrt. Die beste Möglichkeit war, einfach zu flüchten“, so Ospald.

Schwarzweiß-Bild einer Flucht vor dem Eisernern Vorhang

ORF

Robert Ospald nach seiner Flucht im Jahr 1986

Doch so ganz einfach war es nicht, jahrelang überlegte sich Ospald mögliche Fluchtwege. Erst der dritte Versuch gelang schließlich. Der Eiserne Vorhang bestand aus mehreren Sperranlagen. Die Grenze zwischen der damaligen Tschechoslowakei und Österreich galt als eine der am besten bewachten der Welt. Im Juli 1989 starb der letzte Mensch bei einem Fluchtversuch, nur wenige Monate vor dem Fall des Eisernen Vorhangs im Dezember 1989.

Robert Ospald

ORF

Robert Ospald lebt heute in Wien

Sonderurlaub für gefasste Flüchtlinge

Tschechoslowakische Grenzsoldaten bekamen Sonderurlaub für jeden gefassten Flüchtling, egal, ob er tot war oder lebte. Die Flucht in luftiger Höhe galt daher als weniger gefährlich, sagt der Historiker Philipp Lesiak vom Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgen-Forschung aus Raabs an der Thaya.

„Ein slowakischer Radprofi flüchtete zum Beispiel mit seiner ganzen Familie und seinem Fahrrad mit einem Heißluftballon. Es hat Monate gedauert, bis sie diesen Ballon zusammengenäht hatten. Unter dem Regime wurde alles überwacht, da konnte man nicht einfach ins Geschäft gehen und sagen: ‚Bitte, ich brauche jetzt 2.000 Meter Stoff‘“, schildert Leisak.

Wie vielen Menschen tatsächlich die Flucht gelang und wie viele an der österreichisch-tschechoslowakischen Staatsgrenze ums Leben kamen, weiß man auch 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nicht genau, so Lesiak: "Man steht erst am Anfang, und es ist auch ein sehr heikles Thema.“

Sendungshinweis: „NÖ heute“, am 27.12.2014 um 19.00 Uhr in ORF 2 - live in der ORF TVthek.

Nicht zuletzt auch deshalb, weil Betroffene noch am Leben sind. „In solchen totalitären Regimes gab es durchaus ein Spitzelsystem, wo informelle Mitarbeiter andere ausgehorcht haben, auch in Wien und in ganz Österreich. Es ist natürlich irrsinnig heiß, wenn man da zu forschen beginnt."

Links: