Hollabrunn: Über 300 Jahre ohne Fasching

„Wenn wir die Pest heil überstehen, verzichten wir auf den Fasching.“ Dieses Gelübde legten die Hollabrunner vor mehr als 300 Jahren ab. Die Pest zog aus Hollabrunn ab, das Versprechen gilt immer noch. Faschingsumzüge sind hier tabu.

Während überall Faschingsumzüge und Bälle gefeiert werden, widersetzt sich eine Stadt im Weinviertel dem Trubel. Zumindest am Faschingssonntag, -montag und -dienstag müssen sich die Narren anderswo austoben. Grund ist ein heiliges Gelübde, das die Hollabrunner im Jahr 1679 abgelegt haben. „Damals wütete die Lungenpest“, erklärt Helmut Schneider vom Kulturamt Hollabrunn, „Hollabrunn ist glimpflich aus dieser Tragödie hervorgegangen, und deshalb hat die Bürgerschaft - der Vorläufer des heutigen Gemeinderats - ein Gelübde abgelegt, an den drei Faschingstagen keine ballähnlichen Veranstaltungen abzuhalten.“

Pestsäule Hollabrunn

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An den Pestheiligen ist seit 1679 kein Faschingsumzug vorbeigezogen

Am 10. Februar 1803 wurde das Gelübde noch einmal schriftlich erneuert. Wie ernst die Stadtbürger ihr Gelübde nehmen, zeigt ein Fall aus den 50er Jahren: Damals nahm der Direktor des Gymnasiums mit dem Pfarrer Verhandlungen auf. Es ging um die Frage, ob der am Faschingssamstag stattfindende Gymnasiumsball nicht doch ausnahmsweise bis nach Mitternacht dauern dürfe. „Das Gymnasium war mit dem erzbischöflichen Knabenseminar eng verbunden“, sagt Hobbyhistoriker Werner Lamm, „deshalb musste man darauf achten, mit der Kirche gut auszukommen. Darum hat man eben um diese Dispens angesucht, damit war der Ball formell abgesichert und konnte stattfinden.“

Bisher nur eine Ausnahme

Die Schulveranstaltung blieb aber bis heute die einzige Ausnahme. An den Pestheiligen auf dem Hauptplatz ist tatsächlich seit mehr als 300 Jahren kein Faschingsumzug mehr vorbeigezogen, „und bis heute gab es auch keine Pest mehr in der Stadt“.

Die Wirte profitieren von dem Verbot. Denn wenn der Fasching früher endet, beginnt die Fastenzeit früher und der Heringsschmaus ist schon am Montag möglich. „Wir machen dann am Abend einen schönen Heringsschmaus mit Musikbegleitung und ein wenig Tanz - das kommt immer sehr gut an“, sagt die Wirtin Birgit Reisinger.

Wo die Narren unterwegs sind

Während in Hollabrunn also schon üppig gefastet wird, sind im restlichen Niederösterreich die Narren unterwegs. Faschingsumzüge gibt es am Samstag unter anderem in Tulln, Unterretzbach, Enzersdorf, Karlstein, Marchegg, Walterschlag, Sallingstadt, Zöbing, Gaaden, Oberbergern, Mautern und Moorbad Haarbach. Am Sonntag wird beispielsweise in Kottingbrunn, Wetzelsdorf, Göstling, Hof am Leithagebirge, Pachfurt, Mödling, Thaya, Asperhofen und Wallsee gefeiert.

Faschingsumzug

APA/Michael Helbig

Und am Faschingsdienstag kommen die Narren in Grünbach am Schneeberg, Ruprechtshofen, Gemeinlebarn, Gumpoldskirchen, Kirchschlag in der Buckligen Welt, Neunkirchen, Traiskirchen, Purgstall, Krems, Felixdorf, Persenbeug, Leiben, Traismauer, Pöchlarn, Furth, Schwadorf, Melk, Deutsch-Wagram, Korneuburg, Gmünd, Pöggstall und etlichen weiteren Orten auf ihre Kosten.