Therapiebedarf immer besser erkannt

Immer mehr Kinder sind in Psychotherapie oder psychologischer Betreuung. Das liegt aber nicht daran, dass Kinder von heute mehr Probleme als früher haben. Beschwerden würden mittlerweile nur besser als solche erkannt und auch behandelt.

Jedes fünfte Kind hat psychische Beschwerden. Angsterkrankungen treten dabei am häufigsten auf, zehn Prozent aller Kinder und Jugendlichen leiden darunter. Oft handelt es sich um Schulangst oder die Angst, nicht zu einer Gruppe zu gehören und Außenseiter zu sein. Immer mehr Betroffene befinden sich mittlerweile in Behandlung.

Beschwerden früher oft nicht ernst genommen

„Die Probleme hat es schon vorher auch gegeben, wie Ängste, Depressionen oder Hyperaktivität“, sagt Norman Schmid, Leiter des Berufsverbandes der Psychologen in Niederösterreich. „Es wird jetzt aber sicher wesentlich mehr wahrgenommen, dass es wichtig ist, Kinder zu unterstützen und etwas zu tun.“

Die Psychologie erhalte heute mehr Aufmerksamkeit, die Menschen seien dadurch für ihre psychische Gesundheit stärker sensibilisiert, so Schmid. „Wenn früher ein Kind mit Schlafbeschwerden zum Arzt gegangen ist, hat man gesagt: ‚Das wird schon wieder.‘ Es wurde vielleicht nicht so ernst genommen. Mittlerweile wird wesentlich mehr richtig diagnostiziert, klinische Psychologen schauen sich das ganz genau an und machen dann einen entsprechenden Therapieplan.“

Altersgerechte Therapie

Julia Mahler-Hutter behandelt in ihren Praxen in Berndorf (Bezirk Baden) und Wien Kinder und Jugendliche in allen Altersstufen. „Man schaut zuerst, wie die Lebenswelt des Kindes ist, wo es Probleme und wo es Ressourcen gibt. Dann kann man eine Diagnose stellen und schauen, welche therapeutischen Interventionen gut wären“, so die Psychologin.

Es geht darum, die Lebenswelt des Kindes kennenzulernen und herauszufinden, wie das Kind mit Problemen und Konflikten umgeht. Oft wird dabei mit nonverbalen Methoden gearbeitet. „Wichtig sind Interventionen, die dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechen. Mit einem Fünfjährigen arbeite ich eher mit Puppen oder Farben. Mit einem Jugendlichen arbeite ich mehr über das Gespräch“, so Mahler-Hutter.

Finanzielle Hürde

Die Psychologin erarbeitet - etwa mithilfe der Puppen - Lösungsvorschläge für Probleme, die das Kind im Anschluss auf reale Situationen in seinem Leben übertragen kann. Parallel dazu werden Gespräche mit den Eltern geführt. Die Scheu, das eigene Kind psychologisch behandeln zu lassen, hat mittlerweile abgenommen.

Eine weitere Hürde stellt aber der finanzielle Aspekt dar. „Es ist eine große finanzielle Barriere, Psychotherapie oder eine psychologische Behandlung in Anspruch zu nehmen, weil zu wenig Kassenplätze da sind“, kritisiert die Psychologin. Darunter würden meist Kinder aus finanziell schwächeren und bildungsferneren Schichten leiden.

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