Landesmuseum zeigt Renner-Stalin-Briefwechsel

Erstmals ist in einer Ausstellung der Schriftwechsel zwischen dem SPÖ-Politiker Karl Renner und dem sowjetischen Diktator Josef Stalin im Jahr 1945 zu sehen: ab 11. April in der Ausstellung „Niederösterreich 1945“ im Landesmuseum in St. Pölten.

Ostern 1945: Die Rote Armee hatte die Grenze nach Österreich überschritten und schon zwei Wochen später, Mitte April 1945, Wien eingenommen und große Teile Niederösterreichs besetzt. Gleichzeitig herrschte im Großteil des Landes aber noch das NS-Regime und Krieg.

„Die zuständigen Kommandanten haben mich sogleich auf das Achtungsvollste in Schutz genommen und mir die volle Handlungsfreiheit wiedergegeben, die ich seit 1934, während der Herrschaft des Dollfuß- und Hitlerfaschismus, schmerzlich entbehren musste. Dafür danke ich der Roten Armee und Ihnen, deren ruhmbedeckten Obersten Befehlshaber, im persönlichen wie im Namen der Arbeiterklasse Österreichs aufrichtigst und ergebenst“, mit diesen Worten wandte sich Renner in einem Brief an Stalin.

Erstmals werden die Originalbriefe gezeigt

Es kam zum Schriftwechsel zwischen den beiden. Stalin wollte umgehend eine österreichische Regierung bilden, die im Einfluss seiner Truppen stehen sollte. In dem späteren ersten Bundeskanzler der Zweiten Republik glaubte der kommunistische Diktator den geeigneten Mann dafür gefunden zu haben. Er sollte sich täuschen.

In Hochwolkersdorf (Bezirk Wiener Neustadt) und in Köttlach (Bezirk Neunkirchen) trafen sowjetische Offiziere und Renner, der in Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) gewohnt hatte, aufeinander. Dort, in der Buckligen Welt, wurde das neue Österreich, die Zweite Republik, von dem SPÖ-Politiker konzipiert. Renner hatte Kontakt zu den Parteien aufgenommen und stellte kurzerhand eine Regierung aus ÖVP, SPÖ und KPÖ zusammen. Am 27. April 1945 erklärte diese schließlich in Wien Österreich für wiedergegründet und unabhängig - der Geburtstag der Zweiten Republik.

Die Sowjets täuschten sich in Renner

Doch die Sowjets bemerkten sehr rasch, dass Renner nicht der war, für den ihn Stalin gehalten haben dürfte: „Erste negative Einschätzungen zur Person Renner finden sich bereits im Mai 1945. Renner ließ aus sich keine Marionette Stalins machen. Er nutzte die Gelegenheit, die sich ihm bot, sehr gut aus“, sagt Peter Ruggenthaler vom Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgen-Forschung in Graz.

Als Folge änderte die sowjetische Besatzungsmacht kontinuierlich ihre Meinung über Renner. „Im Herbst 1947 endete dies schließlich in offenen Hasstiraden gegen Renner in der sowjetischen Presse. Die Kominform stellte ihn in den Beschlüssen ihrer ersten Sitzung als Gefahr für den Sozialismus hin“, so Ruggenthaler.

Die originalen Briefe und Telegramme zwischen den beiden Staatsmännern sind laut Aussendung des Landesmuseums Niederösterreich erstmals in Österreich zu sehen. Die Schau „Niederösterreich 1945 - Beginn der Zweiten Republik: Renner - Stalin. Die Original-Briefe und Telegramme“ wird ab 11. April im Landesmuseum in Sankt Pölten gezeigt und ist bis 3. Mai zu sehen.

Links: