Publikumsliebling Elfriede Ott ist 90

In ihrem ersten Kinofilm spielte sie mit 85 Jahren und machte ihn gleich zum bestbesuchten österreichischen Film des Jahres 2010: Elfriede Ott feierte am 11. Juni ihren 90. Geburtstag. Seit vielen Jahren lebt die Schauspielerin in Maria Enzersdorf.

Etwa 237.000 Besucher lockte Andreas Prochaskas Film „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“, in dem Ott sich selbst spielt, in die Kinos. Auch branchenintern konnte das Werk überzeugen, wurde es doch 2011 beim Österreichischen Filmpreis nicht nur zum besten Spielfilm gekürt, sondern auch für das beste Drehbuch, das Schauspieler Michael Ostrowski mitverfasst hatte, und die beste Musik ausgezeichnet.

Zuvor hatte sie in populären Fernsehserien wie „Hallo - Hotel Sacher... Portier!“ und „Die liebe Familie“ Bildschirmpopularität erworben. Auf Otts lange Theaterkarriere nahm wenig später die Doku „Alte Meister - für immer jung“ von Hakon Hirzenberger Bezug.

Mit 58 Jahren Festspielgründerin in Maria Enzersdorf

30 Jahre lang leitete Elfriede Ott wie nebenbei und doch mit vollem Herzblut die Maria Enzersdorfer Festspiele, die sie 1983 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, dem Schriftsteller Hans Weigel, gegründet hatte. 2012 fand mit Nestroys Posse „Umsonst“ die letzte Inszenierung statt, nachdem der Pachtvertrag für den Standort auf Burg Liechtenstein (Bezirk Mödling) nicht mehr verlängert wurde. Über die Jahre veröffentlichte Ott auch zahlreiche Bücher, ihr jüngstes mit dem Titel „Auch lachen kann man lernen - Meine jüdischen und andere Witze“ wurde am 27. Mai präsentiert.

„Ich denke mir schon, was ist, wenn ich nicht mehr bin“

Ernste Töne schlägt die Doyenne des Theaters in der Josefstadt an, wenn man sie auf ihr Alter anspricht. „Ich denke mir schon, was ist, wenn ich nicht mehr bin. Das ist ein sehr gegenwärtiger Gedanke“, sagte Ott schon vor Jahren im Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA). „Wenn alle Freunde nach und nach gehen, weist einen das auf diese Tatsache hin.“ So lange es geht, will Ott jedoch auch noch selbst an ihrer Schauspielschule „Studio der Erfahrungen“ unterrichten. „Die Schauspielakademie ist ein großer Teil meines Lebens“, so Ott zur APA. Geleitet wird die Ausbildungsstätte mittlerweile von Adoptivsohn Goran David, einem ehemaligen Schüler.

Elfriede Ott besitze die Fähigkeit, „alle Seiten des wienerischen Temperaments, das Graziöse wie das Grantige, das Maliziöse wie das Sentimentale, das Raimund’sche Gemüt wie das Nestroy’sche Gift in rascher Aufeinanderfolge abzuwandeln“, sagte die Schriftstellerin und Journalistin Hilde Spiel einmal.

Sendungshinweis

„Niederösterreich heute“; 12.6.2015

Und der ehemalige Bundespräsident Thomas Klestil meinte einst: „Tatsächlich haben Sie sich in die Herzen Ihres Publikums gespielt und zählen zu jenen Künstlern unseres Landes, die unverwechselbar österreichische Lebensart verkörpern - eine Lebensart, die Liebenswürdigkeit und weiblichen Charme mit dem unverwechselbaren Timbre der wienerischen Leichtigkeit verbindet.“

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Mit 19 Jahren Debütantin am Wiener Burgtheater

Die gelernte Uhrmacherin Elfriede Ott kam am 11. Juni 1925 als Tochter eines Goldschmiedes in Wien zur Welt. Ihre Liebe zum Theater überwog trotz elterlicher Bedenken, und 1944 debütierte sie am Wiener Burgtheater in Gerhart Hauptmanns „Die goldene Harfe“. Ott spielte auch in Goethes „Stella“, in Grillparzers „Sappho“ oder in Shakespeares „Sommernachtstraum“. Ihre Partner waren Stars wie Raoul Aslan, Oskar Werner und Curd Jürgens.

„Mein Theater war und ist die Josefstadt“, bekannte Ott einmal in einem Interview. Dort fand sie 1958 ihre künstlerische Heimat und gehörte seit damals als Ensemble- und Ehrenmitglied zu den unangefochtenen Publikumslieblingen. „Ich hab’ so viel nicht gemacht, was ich gerne getan hätte. Ein Stück von Ibsen spielen oder einen Schnitzler. Ich war aufs Komödiantische festgelegt, die ernsten Rollen hat man mir vielleicht nicht zugetraut“, sagte sie kürzlich in einem „Kurier“-Interview. Dort deutete sie, die ihren bisher letzten Theaterauftritt 2012 in Nestroys „Umsonst“ absolviert hat, auch an, nach einigen überstandenen Operationen nun wieder über ein mögliches Theater-Comeback nachzudenken.

Eine begnadete Diseuse und Kabarettistin

Otts zweite Karriere begann in den 1950er Jahren als Kabarettistin, u.a. an der Seite ihres damaligen Ehemannes Ernst Waldbrunn. Nach der Scheidung 1964 schlug die Spezialistin des klassisch-wienerischen Genres die nächste Richtung ein und gab Abende als Diseuse, gemeinsam mit Julius Patzak oder Waldemar Kmentt.

Ihre Soloprogramme wurden großteils von „Lebensmensch Hans Weigel“ zusammengestellt, mit dem sie bis zu dessen Tod 1991 liiert und das gemeinsame letzte halbe Jahr auch verheiratet war. Er galt als Otts „Erfinder“ und gestaltete für sie das legendäre Programm „Phantasie in Ö-Dur“, das zu einem Markenzeichen der Partnerschaft Ott-Weigel wurde. Mit Weigel gründete Ott 1983 auch die Festspiele „Nestroy auf Liechtenstein“, deren Intendantin und Regisseurin sie bis heute ist.

Ihre Schüler heißen Heller und Ofczarek

1985 gründete Ott die Schauspielabteilung des Wiener Konservatoriums und leitete sie bis 2004, danach folgte das „Studio der Erfahrungen“. Ott kann auf viele Schüler stolz sein, darunter Andre Heller, Nicolas Ofczarek, Christoph Friedl oder Sandra Cervik.

Elfriede Ott wurde u.a. mit dem Professorentitel, dem Titel Kammerschauspielerin, dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, der Josef-Kainz-Medaille, dem Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich oder der Goldenen Ehrenmedaille der Stadt Wien ausgezeichnet. Anlässlich ihres 60-Jahr-Jubiläums im Theater in der Josefstadt erhielt sie den Titel „Doyenne der Josefstadt“.

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