Asyl: Pfarren nehmen Flüchtlinge auf

Auf der Suche nach Quartieren für Flüchtlinge hat sich auch die katholische Kirche, die zu den größten Immobilienbesitzern zählt, angeboten. Weil viele Pfarren zusammengelegt wurden, stehen manche Pfarrhöfe leer.

Der Pfarrhof in Nußdorf ob der Traisen (Bezirk St. Pölten) stand über Jahre hinweg leer. Nun ist er für eine Flüchtlingsfamilie aus Syrien zum neuen Zuhause geworden. Der Vater war in seiner Heimat Englischlehrer, die Mutter hat Arabisch unterrichtet. In Österreich lernt die Familie eine völlig neue Sprache. „Viele Leute helfen uns, sie helfen den Kindern beim Lernen für die Schule, auch mir und meiner Frau beim Deutschlernen. Und manchmal gibt es keinen Bus, dann nehmen uns Einwohner mit dem Auto mit“, erzählt Ali Khattab.

„Es gäbe bestimmt viele freie Pfarrhöfe“

Die Familie hat den Pfarrhof für sich alleine, der Pfarrer wohnt nämlich im Stift Herzogenburg (Bezirk St. Pölten). Er sieht Nußdorf als Vorzeigemodell für andere Pfarren. „Wenn der Bischof ein bisschen mehr Druck machen würde, gäbe es bestimmt viele Pfarrhöfe, die frei sind. Es ist meistens nur so, dass manche es nicht schaffen, weil es finanziell ein großer Aufwand ist“, so Pfarrer Wolfgang Payrich.

Pfarrhof Nußdorf ob der Traisen

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Der Pfarrhof von Nußdorf ob der Traisen

Die Herbergssuche ist auch für die katholische Kirche und ihre Hilfsorganisation, die Caritas, heute wieder aktuell. Mehr als 50 Pfarren in der Diözese St. Pölten betreuen 250 Flüchtlinge - großteils in angemieteten Wohnungen, nur wenige stellen den Pfarrhof zur Verfügung. Christian Köstler, Pfarrcaritas-Leiter der Diözese St. Pölten: „Pfarrhöfe, die sofort beziehbar wären, gibt es vermutlich nur ganz wenige. Es bedarf überall Renovierungs- und Sanierungsarbeiten. Wir erleben jetzt aber gerade eine Welle der Solidarität, in der sich wöchentlich Pfarren melden, um aktiv zu werden.“

„Ybbs ist eine gastfreundliche Pfarre“

Von selbst ist Ybbs an der Donau (Bezirk Melk) aktiv geworden. Der Pfarrer teilt sich hier den Pfarrhof mit einer Flüchtlingsfamilie aus Tschetschenien. Jeder hat ein eigenes Bad und WC, die Küche hat der Pfarrer aber der Familie überlassen. „Erstens bin ich nicht der beste Koch, und zweitens bin ich oft eingeladen. Ybbs ist eine gastfreundliche Pfarre, bei jedem Tauf- und Trauungsgespräch bekommt man eine Jause. Ich hatte somit fast keinen Bedarf für die Küche. Und wenn ich nichts zum Essen habe, bin ich aber bei der Flüchtlingsfamilie herzlich eingeladen und willkommen“, erzählt Johann Wurzer, Pfarrer von Ybbs.

Pfarrhof Ybbs Pfarrer mit Flüchtlingsfamilie

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Im Pfarrhof von Ybbs

„Sie brauchen bei uns auch keine Miete zu zahlen, sondern machen Kleinigkeiten im Pfarrhof, sie säubern zum Beispiel den Vorgarten oder putzen die Fenster“, ergänzt Pfarrsekretärin Helga Haselberger.

Die Familie wird von der Bevölkerung tatkräftig unterstützt, in Form von Deutschkursen, Möbeln und Bekleidung oder auch nur mit netten Gesprächen bei Tee und Kuchen. „Danke, Pfarrer, danke allen Leuten, vielen, vielen Dank“, sagt Rasjet Tapsultanov im Namen ihrer Familie.

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