Schicker: Erstes Fußballspiel mit Armprothese

Am Wochenende hat Andreas Schicker in der 2. Landesliga Ost sein Comeback gefeiert. Dem 29-Jährigen Fußballer musste nach einem Unfall der linke Unterarm amputiert werden, nun hat er sein erstes Spiel mit Armprothese absolviert.

Die zwölfte Runde in der 2. Landesliga Ost: Mistelbach besiegte die Amateure des SC Wr. Neustadt 1:0. Es war allerdings mehr als nur ein „ganz normales Fußballspiel“ am Freitag im Weinviertel: Es war das Comeback von Andreas Schicker.

Vor einem Jahr zog sich der 29-Jährige beim Hantieren mit einem Feuerwerkskörper schwere Verletzungen zu, der linke Unterarm musste amputiert werden. Den Traum von der Rückkehr auf den Fußballplatz gab Schicker nie auf, am Freitag feierte er in Mistelbach mit einer Armprothese das Comeback. Im Gespräch mit noe.orf.at erzählt Andreas Schicker vom harten Weg zurück, den neuen Anforderungen auf dem Fußballplatz und den weiteren Zielen.

Andreas Schicker

ORF

Andreas Schicker ist weltweit der erste Fußballprofi mit Armprothese

noe.ORF.at: Sie haben die ersten 90 Minuten in einem Pflichtspiel absolviert. Wie war das Spielen mit der Prothese?

Andreas Schicker: Ich habe mich vorbereitet wie früher auf ein Bundesliga-Spiel. Natürlich ist die Anspannung mit jeder Minute größer geworden. Aber wenn der Schiedsrichter anpfeift, dann ist alles vergessen und man versucht, seiner Mannschaft zu helfen und das Beste zu geben. Während des Spiels habe ich gar nicht an die Prothese gedacht, ich habe ja schon sehr viele und intensive Trainingseinheiten hinter mir. Natürlich fehlt manchmal das richtige Timing und die Entschlossenheit. Aber das wird sicher immer besser werden und für mich ist vor allem wichtig, dass ich bei Zweikämpfen keine Angst habe. Leider haben wir das Spiel verloren, aber das Ergebnis ist für mich heute zweitrangig.

noe.ORF.at: Mit welchen Einschränkungen haben sie während des Spiels zu kämpfen?

Schicker: Das Gleichgewicht ist noch ein Problem, da fehlt mir noch die nötige Stabilität. Bei den Outeinwürfen funktioniert es schon ganz gut, ich werde den Ball zwar keine 30 Meter mehr werfen können, aber es gibt immer Lösungen. In einigen Monaten soll keiner mehr über den Fußballer mit Armprothese reden, sondern mich als ganz normalen Fußballer sehen. Das ist mein großes Ziel.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 31.10.2015

noe.ORF.at: Wie unterscheidet sich diese Prothese von jener, die sie im Alltag tragen?

Schicker: Für den Fußball haben wir eine weichere Prothese entwickelt, die mit einem speziellen Schaum gefüllt und von einer Karbonhülle umgeben ist – ich fühle mich sehr wohl damit. Der Prothesenwechsel gehört für mich in der Kabine mittlerweile dazu wie das Socken anziehen. Vom Österreichischen Fußball-Bund und vom Weltfußballverband ist sie mittlerweile auch genehmigt. Der Schiedsrichter sieht sich den Arm vor jedem Spiel an und hat die letzte Entscheidung, aber es sollte kein Problem sein. Die Prothese ist weicher als eine „gesunde“ Hand und damit ist auch die Verletzungsgefahr kein Thema.

noe.ORF.at: Sie machen einen sehr positiven Eindruck. Wie haben sie es geschafft, mit diesem Schicksalsschlag umzugehen?

Schicker: Natürlich war es vor einem Jahr ein großer Schock. Aber ich habe das selbst zu verantworten und beim Hantieren mit dem Böller einen großen Blödsinn gemacht. Meine Familie hat mich aber von Beginn an unterstützt, als ich von heute auf morgen ohne Hand leben musste. Ich habe bereits im Krankenhaus an meine Rückkehr gedacht. Ich bin auch sehr offen mit dem Thema umgegangen.

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Das Comeback des Andreas Schicker

Ein Jahr nach seinem Unfall war der 29-Jährige wieder für die Wiener Neustädter auf dem Spielfeld.

noe.ORF.at: Sie trainieren mittlerweile sehr hart, damit es noch besser wird. Wie läuft ein Fußball-Tag bei ihnen ab?

Schicker: Ich bin bei den Einheiten der Amateure als Co-Trainer dabei, leite dort das Aufwärmen und spiele danach selber mit. Danach steige ich ins Auto und fahre zum Training der Profi-Mannschaft. Ich habe mehr Einheiten als früher in meiner Karriere als Profi. Sehr wichtig ist für mich, dass meine Mitspieler mittlerweile die Scheu abgelegt haben und mich auch hart attackieren. Das brauche ich, um wieder in den Profifußball zurückzufinden. In Mistelbach wurde ich übrigens von keinem Gegenspieler darauf angesprochen, es war ein ganz normales Spiel und das wollte ich auch haben.

noe.ORF.at: Wiener Neustadts Sportchef Günter Kreissl traut ihnen die Rückkehr ins Profigeschäft zu. Wann soll es soweit sein?

Schicker: Zunächst möchte ich betonen, dass ich Günter und dem Verein viel zu verdanken habe. Er ist ein sehr kritischer, aber auch wichtiger Mensch für mich. Er hat mich im Sommer in den Trainerstab geholt und jetzt analysiert er mit mir meine Arbeit als Fußballer. Wenn ich mich weiter steigere, ist ein Einsatz in der ersten Mannschaft sicher möglich. Mein Timing muss aber noch besser werden, das ist so wie nach jeder langen Verletzungspause. Ich traue es mir zu, aber nur, wenn ich dem Team auch wirklich helfen kann.

Das Gespräch mit Andreas Schicker führte Christoph Gregorites, noe.ORF.at.

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