Heta-Drama: Hypo NÖ lässt Entscheidung offen

Am Freitag läuft die Frist für das Angebot des Landes Kärnten im Milliardenstreit rund um die Hypo Alpe Adria (mittlerweile Heta) aus. Für die Hypo Niederösterreich geht es um 225 Millionen Euro. Unklar ist, ob das Angebot angenommen wird.

Am Freitag um 17 Uhr endet für alle Gläubiger der ehemaligen Kärntner Hypo Alpe Adria die Frist, um das Angebot des Landes Kärnten anzunehmen. Kärnten bietet den Gläubigern an, 75 Prozent der ausstehenden Forderungen in der Höhe von 11 Milliarden Euro zu begleichen. Damit das Angebot als angenommen gilt, müssen zwei Drittel der Gläubiger (Anm.: konkret sind es zwei Drittel der Gläubigersumme) zustimmen - mehr dazu unter „Nachbessern ausgeschlossen“.

Hypo Niederösterreich lässt Angebotsannahme offen

Die Hypo Niederösterreich hält als Gläubiger Anleihen im Wert von 225 Millionen Euro. Diese wurden in den vergangenen Jahren bereits auf 64,2 Prozent abgewertet. Das Angebot des Landes Kärnten, 75 Prozent der offenen Forderungen zu begleichen, würde sich für die Hypo Niederösterreich in der Bilanz positiv auswirken, weil man dann wieder aufwerten könnte. Vor Ablauf der Frist möchte man bei der Hypo Niederösterreich aber nicht bekannt geben, ob man das Angebot annehmen wird.

„Wir sparen uns das bis zum letzten Moment auf, unsere Entscheidung festzulegen. Diese wird am Montag offiziell verkündet. Bis dahin bitte ich noch um ein wenig Geduld“, sagte der Pressesprecher der Hypo Niederösterreich Bernhard Krumpel im Gespräch mit noe.ORF.at. Der endgültige Verlust werde für die Hypo Niederösterreich zwar schmerzhaft sein, sagt Krumpel, allerdings sei der Verlust jedenfalls verkraftbar.

Finanzexperte Haber: „Supergau-Szenario“ möglich

Sollten die Gläubiger das Angebot des Landes Kärnten annehmen, könnte das den Schlussstrich für das milliardenschwere Finanzdebakel bedeuten. Allerdings pochten insbesondere die großen Gläubiger zuletzt darauf, dass das Land Kärnten seine Zahlungsverpflichtungen erfüllt. Sie fordern, dass Kärnten die gesamte Summe und damit 100 Prozent bezahlt, und sie verweisen auf die Landeshaftungen (Anm.: das Land Kärnten garantierte damals, dass das Land als Zahler einspringt, sollte die Hypo Alpe Adria ihre Anleihen nicht zurückzahlen können). Im Gespräch mit noe.ORF.at sagt Finanzexperte Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems, dass ein „Supergau-Szenario“ entstehen könnte, wenn die Gläubiger das Angebot mehrheitlich ablehnen.

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Finanzexperte Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems im Gespräch mit ORF Niederösterreich-Redakteur Thomas Puchinger

noe.ORF.at: Freitagnachmittag läuft die Frist für die Gläubiger ab. Bis dahin müssen sich die Gläubiger entscheiden, ob sie das Angebot des Landes Kärnten annehmen. Was passiert, wenn es tatsächlich zu einer Einigung kommt?

Haber: Kommt es zu einer Einigung und Annahme durch die Gläubiger, dann wäre der größte Teil des Themas beendet. Es würde dazu führen, dass Geld fließt und dass die Gläubiger großteils zufrieden wären. Es wird sicher noch einige Gläubiger geben, die trotzdem rechtliche Schritte einleiten werden, also das Thema wird nicht ganz vom Tisch sein. Dazu kommt, dass selbst in diesem ‚Positiv-Fall‘ das Land Kärnten mit einem Schlag um 1,2 Milliarden Euro mehr an Schulden hätte. Der Druck auf das Budget des Landes Kärnten und auf Kärnten insgesamt wird in den nächsten Jahren so oder so groß bleiben.

noe.ORF.at: Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) hat das Angebot Kärntens zuletzt noch aufgebessert. Konkret hat er angeboten, dass die Gläubiger ihr gesamtes Geld zurückbekommen sollen, allerdings erst nach 18 Jahren. Statt 75 Prozent würden die Gläubiger abgezinst 82 Prozent erhalten. Würden Sie sagen, dass das ein gutes Angebot ist?

Haber: Das Angebot ist für das Budget sehr charmant. Es führt nämlich dazu, dass (Anm.: für den österreichischen Steuerzahler) keine unmittelbaren Mehrkosten entstehen. Es würde auch für die Gläubiger bedeuten, dass sie sofort den vollen Wert ihres Engagements in ihren Büchern geltend machen könnten. Das würde den Gläubigern für ihre Bilanzen auf der Kapitalseite helfen. Bei diesem neuen Angebot würde die Differenz, das sind rund 7 Prozent, letztendlich über eine Bundesanleihe aufgebracht werden, die höher verzinst ist, als man derzeit als Republik Österreich zahlen müsste. In diesem Sinne würden die höheren Finanzierungskosten beim Steuerzahler aufschlagen, allerdings verteilt auf 18 Jahre und das wäre langfristig sicherlich leichter zu verdauen.

Gottfried Haber Finanzexperte Donau-Universität Krems

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„Es könnte ein Supergau-Szenario entstehen, bei dem ein Bundesland zumindest am Rande einer finanziellen Pleite ist“, sagt Finanzexperte Gottfried Haber von der Donau-Universität Krems.

noe.ORF.at: Derzeit sieht es eher danach aus, als würden die Gläubiger - das sind allen voran deutsche Banken und Versicherungen - das Angebot ablehnen. Was würde passieren, wenn der Deal platzt?

Haber: Spätestens wenn das Moratorium ausläuft, muss die FMA (Anm.: Finanzmarktaufsicht) einen Schuldenschnitt verfügen. Dann werden die Forderungen bzw. die Haftungen gegen das Land Kärnten schlagend und Kärnten müsste schauen, ob es die bezahlt oder nicht. Kärnten kann die Haftungen aus eigener Kraft sicher nicht finanzieren, bekommt also nirgendwo Geld geborgt außer vom Bund (Anm.: von der Bundesfinanzierungsagentur). Ein Szenario wäre, dass Kärnten die Haftungen über einen Kredit, den es beim Bund aufnimmt, bedient und die Gläubiger zur Gänze befriedigt. Ein anderes Szenario wäre, dass Kärnten mehr oder weniger Pleite geht. Dafür gibt es keine rechtlichen Rahmenbedingungen, das wäre Neuland und Rechtsstreitigkeiten, die Jahre oder Jahrzehnte dauern könnten, wären jedenfalls vorprogrammiert.

noe.ORF.at: Könnte man sagen, dass die Ablehnung des Angebots für Kärnten, aber auch für die Republik Österreich ein Horrorszenario wäre?

Haber: Die Ablehnung des Angebots würde kurzfristig für großes Rätselraten sorgen, wie man hier weiter vorgehen kann. Es würde sicher dazu kommen, dass man von allen Seiten versuchen würde, doch noch zu einer Lösung zu kommen. Weil aber die Uhr tickt und die Frist verstreicht, wird es dann immer hektischer. Es könnte also ein Supergau-Szenario entstehen, bei dem ein Bundesland zumindest am Rande einer finanziellen Pleite bzw. eines finanziellen Abgrundes ist.

noe.ORF.at: Für wie wahrscheinlich halten Sie eine Pleite des Bundeslandes Kärnten?

Haber: Die Pleite eines österreichischen Bundeslandes hat so unabsehbare Folgen, dass zu hoffen wäre, dass es zu keiner ungeordneten Pleite kommt, sondern dass eine andere Lösung gefunden wird. Welche Konsequenzen das für den Haushalt des Landes Kärnten hätte, welche Vermögensteile verwertet werden könnten, was das für die Bonität der Republik Österreich und auch der anderen Bundesländer insgesamt bedeuten würde, das lässt sich nur schwer abschätzen und wäre daher enorm riskant.

Thomas Puchinger, noe.ORF.at

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