Personenkontrollen in der Praxis schwierig

Nach den Anschlägen in der belgischen Hauptstadt Brüssel wird überlegt, ob Personen bereits vor Betreten eines Flughafens kontrolliert werden sollen. In der Praxis seien solche Kontrollen kaum durchführbar.

Johann Baumschlager von der Landespolizeidirektion Niederösterreich verwies auf das Luftfahrtsicherheitsgesetz: Der Zutritt zu einem Flughafen kann davon abhängig gemacht werden, ob jemand bereit ist, Kleidung, Gepäck oder persönliche Gegenstände durchsuchen zu lassen. Im Zusammenhang mit dem Flughafen in Schwechat erinnerte Baumschlager auf mehr als 60.000 Passagiere, die täglich abgefertigt werden: „Es würde ein großer Stau entstehen, wenn eine so große Menschenmenge vor diesem Eingangsbereich steht.“

Die Polizei kontrolliert daher im Verdachtsfall. In Niederösterreich gibt es derzeit keinen konkreten Hinweis auf einen Terroranschlag, wurde in den vergangenen Tagen immer wieder betont. Doch vorwiegend an öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Gebäuden wird die Präsenz der Einsatzkräfte verstärkt. Dennoch „sollten wir unser tägliches Leben nicht durch solche Leute zerstören lassen“, sagt der Direktor für Spezialeinheiten, Bernhard Treibenreif, im Gespräch mit noe.ORF.at.

Bernhard Treibenreif

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Bernhard Treibenreif

noe.ORF.at: Herr Treibenreif, wenn man sich hier auf dem Flughafen umschaut, sieht man nicht nur „normale Polizisten“, sondern auch Beamte der Spezialeinheit Cobra. Wo liegt denn das Hauptaugenmerk bei Ihrer Arbeit?

Bernhard Treibenreif: Ich muss vorausschicken, dass wir mit der „normalen Polizei“ natürlich bestens vernetzt sind. Wir sind Teil der „normalen Polizei“ und es ist für uns nichts Außergewöhnliches, wenn wir bei Schwerpunkten oder in besonderen Zeiten auch mit der Polizei gemeinsam Streifentätigkeit durchführen.

noe.ORF.at: Worin liegen Ihre Aufgaben? Was müssen Sie hier machen?

Treibenreif: Unsere Aufgaben liegen vor allem darin, dass wir Präsenz zeigen, um auch zu signalisieren, dass wir jederzeit reaktionsfähig sind, Stichwort objektive Sicherheit. Natürlich sind wir auch mit der Streifentätigkeit der Polizei vernetzt, wir übernehmen gewisse Schwerpunktaufgaben bei Kontrollen und Kfz-Kontrollen.

noe.ORF.at: Wann kontrollieren Sie denn? Was sind für Sie Verdachtsmerkmale?

Treibenreif: Es gibt hier ein gängiges Muster, das natürlich den Beamten bekannt ist, nach dem wir uns richten. Wenn also verdächtige Wahrnehmungen sind oder wir erhalten Hinweise aus der Bevölkerung, dann wird konkret nachgeschaut und dabei unterstützen wir.

noe.ORF.at: Wie sieht es generell aus, wenn man sich im öffentlichen Raum bewegt, wo viele Menschen zu erwarten sind: Sollte man das Ihrer Meinung nach meiden oder soll man sich nicht beeindrucken lassen?

Treibenreif: Meine persönliche Meinung ist, dass wir uns unser tägliches Leben nicht durch solche Leute zerstören lassen sollten. Wir sind eine offene Gesellschaft, und wir wollen es bleiben. Die Polizei unternimmt alles, dass wir unser Land und unsere öffentlichen Plätze sicher halten. Ich glaube, genau das wollen diese verbrecherischen Strukturen erreichen, dass wir uns beugen. Wir machen aber alles, um das Ganze offen zu halten.

Beamte der Cobra im Einsatz

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noe.ORF.at: Gibt es dennoch Dinge, die der Bürger beachten kann, wenn er auf Menschenansammlungen trifft? Worauf muss er schauen? Wie verhält man sich?

Treibenreif: Wir sind natürlich sehr froh, wenn wir Hinweise bekommen. Wir plädieren schon, dass man ein wachsames Auge auf verdächtige Wahrnehmungen hat. Wenn festgestellt wird, dass sich Leute im Beruf oder im persönlichen Umfeld verabschieden und sich zurückziehen, manchmal ist es auch aus den Bemerkungen erkennbar, dass sich radikales Gedankengut breitmacht, dann sind wir sehr froh über Hinweise. Dazu möchte ich sagen, dass die österreichische Polizei in den letzten Jahren sehr viel in Prävention investiert hat, dass wir in jedem Bezirk einen speziellen Präventionsbeamten installiert haben.

noe.ORF.at: Wie schützt man sich aber selbst als Bürger zum Beispiel bei einem großen Fußballmatch, wo viele Leute zu erwarten sind?

Treibenreif: Wie die Vergangenheit auch gezeigt hat, sind bei den Fußballmatches auch viel private Sicherheitsdienste im Einsatz, es wird auch alles durchsucht. Man muss heutzutage damit rechnen, dass man frühzeitig dort sein soll, um eben diese Checks über sich ergehen zu lassen. Das ist unsere Empfehlung: Früh dort zu sein, nicht bis zum letzten Abdruck waren, sodass man auch auf den Flughäfen und den Bahnhöfen Zeit hat, um solche Ansammlungen zu umgehen.

noe.ORF.at: Gibt es für Sie einen Grund, derzeit nicht in ein Flugzeug oder einen Zug zu steigen?

Treibenreif: Nein. Ich habe nächste Woche eine Sitzung in Brüssel, die europäischen Antiterroreinheiten arbeiten sehr, sehr eng zusammen. Wir haben dort eine Sitzung und weil ich gerade gefragt worden bin, ob ich das verschieben möchte oder ob wir das woanders machen sollten, sage ich Nein, gerade jetzt nicht.

noe.ORF.at: Und das gilt auch für den Bürger?

Treibenreif: Ja, wenn die Flughäfen wieder offen sind, gehe ich davon aus, dass der Betrieb wieder normal aufgenommen wird. Aber man muss frühzeitig dort sein, die Kontrollen werden sicher noch erhöht werden, um eben Sicherheit zu gewährleisten.

noe.ORF.at: Würden Sie derzeit der Bevölkerung davon abraten in ein öffentliches Verkehrsmittel, zum Beispiel ein Flugzeug oder einen Zug, zu steigen?

Treibenreif: Nein, ich würde nicht davon abraten. Wir lassen uns unsere freien Gesellschaften nicht zerstören. Die Polizei, die Transportunternehmen, die Fluggesellschaften und die privaten Sicherheitsunternehmen, wir tun alles, um die Personenkontrollen gut und gründlich durchzuführen, und deshalb braucht man sich nicht abhalten zu lassen.

Das Gespräch mit Bernhard Treibenreif führte Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at.

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