Gars am Kamp: Auf den Spuren von Willi Dungl

Vor 30 Jahren wurde in Gars am Kamp (Bezirk Horn) das Willi-Dungl-Biotrainingszentrum eröffnet. Die Ideen des 2002 verstorbenen Gesundheitsgurus werden von seinen beiden Töchter im Dungl-Zentrum Wien weitergeführt.

Willi Dungl wurde am 17. Juli 1937 in Wien geboren. Mit 24, während eines Afrikaeinsatzes als Sanitäter beim Bundesheer, infizierte er sich mit einem gefährlichen Virus, das seine inneren Organe schädigte. Der Fußpfleger und Masseur begann, sich mit alternativen Heilmethoden, Atemtechniken, Mentaltraining und Komplementärmedizin zu beschäftigen. Der Berufung in das internationale physikalische Betreuungsteam für die Olympischen Spiele 1972 in München folgten unzählige weitere Spiele. 1986 wurde das Biotrainingszentrum in Gars eröffnet. Dungl wurde für zahlreiche Prominente - darunter Niki Lauda, Jose Carreras, Pierre Brice und Vaclav Havel - zum Ansprechpartner Nummer eins in Gesundheitsfragen.

Willi Dungl im Jahr 1986

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Willi Dungl in einem ORF-Beitrag aus dem Jahr 1986

Nach Willi Dungls Tod im Jahr 2002 wurde das Biotrainingszentrum von seinen Töchtern gemeinsam mit der VAMED betrieben. Nach der Schließung im Jahr 2011 wurde aus dem ehemaligen Biotrainingszentrum das la pura women´s health resort kamptal, das die VAMED betreibt.

Willi Dungls Tochter Claudia ist Geschäftsführerin des Dungl-Zentrums in Wien. Andrea Zauner-Dungl ist Leiterin der Therapie des Dungl-Zentrums und Leiterin des Zentrums für Traditionelle Chinesische Medizin und Komplementärmedizin an der Donau-Universität in Krems.

noe.ORF.at: Wieso hat sich Ihr Vater Willi Dungl in den 1980er-Jahren entschieden, sich in Gars niederzulassen?

Andrea Zauner-Dungl: Zu Beginn der 1970er-Jahre ist die Österreichische Fremdenverkehrswerbung an meinen Vater herangetreten. Sie haben ihm gesagt, dass die heimischen Kurorte aussterben. Er hatte die Idee des Biotrainings, doch die Zeit dafür war damals noch zu früh, denn die Menschen haben die Bedeutung des vernetzten Denkens nicht verstanden. Er hatte immer den Traum eines eigenen Biotrainingshauses. Als ihm Niki Lauda erzählte, dass er irgendwann seine Karriere als Autorennfahrer beenden werde, hat er beschlossen, sein Biotrainingshaus umzusetzen. Es gab verschiedene Angebote aus ganz Österreich, doch er hat sich letztendlich für Gars entschieden, und hat hier einen Altbau renoviert und revitalisiert.

noe.ORF.at: Er wollte Ernährung, Bewegung und mentale Gesundheit vernetzen und als ein Gesamtangebot den Menschen anbieten?

Andrea Dungl-Zauner: Er hat gesagt, er möchte einen Ort auswählen, wo es eine saubere Luft gibt, eine gute Anbindung an die Großstadt und wo die Menschen hinter dieser Idee stehen - und damit ist von mehr als 30 Orten die Entscheidung für Gars gefallen.

noe.ORF.at: Was war die Grundidee der Behandlungsmethode Willi Dungls, die so viele bekannte Sportler veranlasst hat, sich von ihm betreuen zu lassen?

Claudia Dungl: Die Betreuungsmethode war einerseits, die Gesamtheit des Menschen zu erfassen, die drei Säulen Ernährung, Bewegung und Mentales und andererseits die Behandlung mit naturheilkundlichen Methoden zu kombinieren. Willi Dungl hat immer darauf geachtet, dass es einen wissenschaftlichen Hintergrund geben kann. Etwas ganz Besonderes war seine Eigenschaft, das Individuum Mensch wahrzunehmen. Er wollte sein Gesundheitskonzept nicht nach dem Schema F abwickeln, sondern er hat immer den Menschen gesehen und überlegt, was kann er diesem Menschen mitgeben, das dieser auch umsetzen kann. Das ist ein Weg, den wir noch weiter hochhalten.

Andrea Dungl Zauner und Claudia Dungl

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Andrea Dungl-Zauner (l.) und Claudia Dungl (r.)

noe.ORF.at: War er auf diesem Gebiet ein Pionier?

Claudia Dungl: Er war mit Sicherheit ein Pionier, er hat sich immer nach Neuem orientiert. Die Vollwerternährung war etwas ganz Neues, nämlich weg vom schweren Essen und vom vielen Fleisch hin zu einer schonenden Kost. Das heißt Getreide, Obst, Gemüse und Milchprodukte wurden kombiniert, natürlich auch gelegentlich Fleisch, das war nicht verboten, die Dosis hat es eben ausgemacht.

noe.ORF.at: Wie hat eigentlich die Zusammenarbeit mit Niki Lauda begonnen?

Claudia Dungl-Zauner: Der Niki und der Vater haben schon eine längere gemeinsame Geschichte gehabt. Es hat nach einem Traktorunfall Niki Laudas begonnen, Heinz Prüller hat meinen Vater angerufen und ihn gefragt, ob er sich nicht um ihn kümmern kann. Mein Vater war nicht besonders begeistert, weil er dachte, um ihn kümmern sich ohnehin schon so viele. Sie haben sich dann getroffen, mein Vater hat Niki geraten, er soll sich an einen Unfallchirurgen wenden, sonst kann er nichts für ihn machen. Lauda hat sich dann dazu entschlossen. Es ist in weiterer Folge ein gutes Vertrauensverhältnis entstanden.

Ganz wichtig war dies nach Laudas schwerem Unfall 1976 auf dem Nürburgring. Aus schulmedizinischer Sicht waren die Möglichkeiten sehr begrenzt, wichtiger waren da eher das naturheilkundliche Wissen, die Motivation, die Kenntnis um den Stellenwert der Ernährung und die konditionelle Komponente. Basierend auf der Vertrauensbasis und diesem Wissen hat Niki es in sehr kurzer Zeit geschafft, in den Sport zurückzukommen (Nur 42 Tage nach seinem Unfall erreichte Niki Lauda beim Grand Prix von Italien den zweiten Platz, Anm.).

noe.ORF.at: Willi Dungl war nicht nur der Betreuer der damaligen Formel-1-Fahrer Gerhard Berger, Ayrton Senna und eben Niki Lauda, sondern er hat auch Thomas Muster nach dessen schweren Verletzung betreut. Auch Steffi Graf war in Gars auf Rehabilitation.

Claudia Dungl: Grundsätzlich war es so, dass wir immer ein sehr persönliches Verhältnis zu den Prominenten hatten, sie wurden wie „ganz normale Menschen“ behandelt. Mein Vater hat sie abgeschirmt, und wenn jemand gekommen ist, etwa Paparazzi, dann war er fuchsteufelswild und hat sie weggewiesen. Die Ausnahme war natürlich, wenn die prominenten Patienten ein Interview geben wollten.

Willi Dungl auf einem Archivfoto aus dem Jahr 2002

APA/Fotoprofis/Lechner

Willi Dungl in einer Archivaufnahme aus dem Jahr 2002

noe.ORF.at: Einer hat sich in Gars niedergelassen, weil er damit in der Nähe von Willi Dungl war: Falco.

Claudia Dungl: Es war einfach auch diese persönliche Beziehung zwischen den beiden. Falco wurde immer als schriller Vogel bezeichnet, aber ich denke, da haben sich zwei Visionäre getroffen, die sich verstanden haben.

Andrea Dungl-Zauner: Ich kann mich erinnern, ich bin ins Untersuchungszimmer gekommen, da hat ihm Falco das Lied „Jeanny“ vorgespielt. Falco hat sich wie ein kleines Kind gefreut, weil dem Vater das gefallen hat.

noe.ORF.at: 2002 war für Ihre Familie ein Schicksalsjahr: Anfang Mai ist Ihr Vater gestorben, im Sommer hat dann das Hochwasser das Chinazentrum direkt am Kamp zerstört.

Andrea Dungl-Zauner: Wir haben rasch überlegt, wie wir vernünftig weitermachen können. Es hat auch von Freunden viel Unterstützung gegeben, mit der wir nicht gerechnet haben. Letztendlich hat uns das geholfen, mit der VAMED einen wirtschaftlich starken Partner zu finden.

noe.ORF.at: Bis 2010 haben Sie noch in Gars mitgearbeitet, das einstige Stammhaus ist jetzt ein Wellnesszentrum für Frauen (La Pura). Sie beide führen das Dungl-Zentrum in Wien.

Claudia Dungl: Willi Dungl und seine Philosophie leben einerseits in unserem Zentrum in Wien weiter. Natürlich wird hier auch ganz stark auf die Philosophie geachtet, dass die Menschen, wenn sie in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Mentales Rat brauchen, zu uns kommen können und dass wir Ihnen einen Weg aufzeigen können, wie sie wieder lernen, auf ihren Körper zu hören.

Das Gespräch mit Andrea Dungl-Zauner und Claudia Dungl führte Robert Friess, noe.ORF.at.