Prozess gegen mutmaßliche Schlepper vertagt

Am Landesgericht Korneuburg haben sich am Donnerstag fünf Angeklagte wegen Schlepperei verantworten müssen. Nachdem die Verteidigung die Befragung führender Politiker beantragt hat, wurde der Prozess vertagt.

Den türkischen und österreichischen Staatsbürgern mit türkischen Wurzeln im Alter von 29 bis 48 Jahren wurde vorgeworfen, von Juli 2015 bis Ende April 2016 für den illegalen Transport von hunderten Flüchtlingen gesorgt zu haben. Der Staatsanwalt sprach von einer kriminellen Vereinigung, die Fahrten gingen vorwiegend von Ungarn nach Österreich und Deutschland. Die Angeklagten wurde am Donnerstag einvernommen. Vier von ihnen bekannten sich schuldig oder teilweise schuldig.

Elmar Kresbach, Verteidiger des Fünftangeklagten, erinnerte zu Beginn des Prozesses an die Ausnahmesituation im Vorjahr angesichts der Flüchtlingsströme nach Europa. Damals seien Hunderttausende unkontrolliert im Land gewesen, der Politik der offenen Türen dann eine der Mauern und Zäune gefolgt. Kresbach wies auch auf erschütternde Vorfälle im Mittelmeerraum und Missstände in exorbitantem Ausmaß hin. Dagegen sei sein Mandant ein harmloser Bürger, der einige wenige Male Flüchtlinge chauffiert habe. „Lassen sie die Kirche im Dorf, das ist nicht der große Zampano“, appellierte der Anwalt an die Schöffen.

Der 49-jährige Fünfangeklagte lebt seit 1999 in Österreich. Er wurde vor Gericht aufgefordert Deutsch zu sprechen und sagte, er habe zwei, drei Mal Flüchtlinge - türkische Kurden, die nach Europa wollten - an der ungarischen Grenze abgeholt und nach Wien an eine ihm angegebene Adresse gebracht. Geld habe er dafür keines bekommen, auch wenn ihm 600 Euro versprochen worden seien.

Nur ein Angeklagter bekannte sich nicht schuldig

Dem Erstbeschuldigten wurde eine Fahrt von Ungarn nach Österreich zum Fahrpreis von 600 Euro vorgeworfen. Der 45-jährige Taxifahrer wurde bei einer Polizeikontrolle in Niederösterreich gestellt. Er räumte via Dolmetscherin ein, sich mit den ihm von der Organisation zugewiesenen Fahrten eine fortlaufende Einnahmequelle verschafft zu haben. Der 35-jährige Zweitangeklagte war ebenfalls voll geständig und berichtet von dutzenden Fahrten. Er habe bereits bei der Polizei voll ausgepackt und nichts beschönigt oder heruntergespielt. Er wolle einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen, betonte dessen Verteidiger.

Der Drittangeklagte musste während des Prozesses aus dem Saal geführt werden, weil er wiederholt dazwischengeredet und dem Richter gegenüber mutmaßliche Drohungen ausgestoßen hatte. Der 28-Jährige bekannte sich teilweise schuldig. Während der folgenden Einvernahme gab es Kritik durch die Verteidiger an der relativ unverständlichen Übersetzung der Dolmetscherin. Diese meinte, der Mann sei aufgeregt und schweife immer vom Thema ab. In der Folge einigte man sich darauf, dass er selbst, soweit möglich, in deutscher Sprache antworten sollte.

Der 47-jährige Viertangeklagte bekannte sich als einziger nicht schuldig. Der Richter ermahnte ihn, dass sich ein Geständnismildern auswirken würde und hielt ihm diverse Aussagen der anderen Beschuldigten unter anderem zur Organisation der Transporte und zu von dem Taxiunternehmer erteilten Aufträgen vor. Der in der Türkei geborene Österreicher sei als einziger nicht vorbestraft, so Rechtsanwalt Nikolaus Rast, sondern ein „stinknormaler“ Taxiunternehmer, der in Zeiten der großen Flüchtlingswelle im Vorjahr zwei Mal Flüchtlinge im Taxi nach Braunau (Oberösterreich) und Salzburg brachte. Der Fuhrlohn von 500 Euro sei für diese Strecken angemessen und kein Wucher gewesen.

Befragung von Merkel, Faymann und Co. beantragt

Verteidiger Elmar Kresbach beantragte schließlich die Anhörung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, des deutschen Innenministers Thomas de Maiziere, des vormaligen österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann, von Außenminister Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der 2015 Landespolizeidirektor im Burgenland war. Dies zum Beweis dafür, dass seitens der Politik angesichts der humanitären Katastrophe in Syrien und im kurdisch- türkischen Grenzgebiet eine Einladung an die Bewohner der Krisengebiete im Mittleren und Nahen Osten erfolgt sei.

Aufgrund politischer Äußerungen, dass in der Not jeder willkommen sei und als Flüchtling in der EU aufgenommen werde, sei rund eine Million Menschen zum Teil mit offiziellen Transporten in Bussen und Zügen gekommen. Faktisch seien die Schengen-Bestimmungen ausgesetzt worden und die Menschen hatten freien Zugang zum Staatsgebiet. In dieser Situation, in der die Rechtsordnung vorübergehend faktisch außer Kraft gewesen sei, sah der Verteidiger kein Verschulden seines Mandanten, der Flüchtlinge transportiert und damit den von der Politik gewünschten Weitertransport zu einem angemessenen Lohn organisiert habe. Der Staatsanwalt sprach sich gegen den Beweisantrag aus.

Prozess auf 31. Oktober vertagt

Der Prozess wurde schließlich auf 31. Oktober vertagt. Das Gericht hat bis dahin über die Beweisanträge der Verteidigung zu entscheiden - neben der Ladung führender Politiker auch über die Ladung des Fachgruppenobmanns der Taxi-Innung zum Beweis für die Angemessenheit des verlangten Fuhrlohns.

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