Arbeitslosigkeit: AMS stockt Budget 2017 auf

Die Situation am Arbeitsmarkt bleibt angespannt: 2017 dürfte die Arbeitslosigkeit weiter steigen und einen historischen Höchststand erreichen. Um gegenzusteuern, ist das Budget des AMS Niederösterreich heuer so groß wie noch nie.

Beim Arbeitsmarktservice Niederösterreich rechnet man in diesem Jahr mit steigender Beschäftigung aber auch steigender Arbeitslosigkeit. In beiden Fällen dürfte 2017 ein Rekordhoch erreicht werden. Dieses Paradoxon ergibt sich, da immer mehr Menschen in Niederösterreich auf den Arbeitsmarkt drängen und die Zahl der Arbeitssuchenden deshalb schneller steigt als die Zahl der Jobs. Die Arbeitslosenquote könnte deshalb von zuletzt 9,1 Prozent auf 9,6 Prozent steigen, so die Prognosen des AMS Niederösterreich.

AMS stockt Förderbudget auf

Grund für die steigende Arbeitslosigkeit ist auch das schwache Wirtschaftswachstum. Im Arbeitsmarktservice werden deshalb die Ressourcen deutlich aufgestockt. In Niederösterreich wird ein Personalzuwachs von etwa zehn Prozent auf fast 1.000 Mitarbeiter erwartet. Außerdem wurde das Förderbudget um 17,5 Millionen Euro aufgestockt. Damit werden laut Karl Fakler, Landesgeschäftsführer des AMS Niederösterreich, erstmals mehr als 200 Millionen Euro für Vorhaben aus dem Bereich der aktiven Arbeitsmarktförderung zur Verfügung stehen.

Grafik Arbeitslosigkeit 2017

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noe.ORF.at: 2016 waren im Jahresdurchschnitt etwa 59.900 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher ohne Job. Die Arbeitslosenquote lag bei 9,1 Prozent. Wie wird sich die Situation am Arbeitsmarkt 2017 entwickeln?

Karl Fakler: Die Zahl der Beschäftigten, aber leider auch die Zahl der Arbeitslosen wird 2017 deutlich steigen. In konkreten Zahlen werden wir ungefähr 604.000 Beschäftigte haben, um etwa 4.000 mehr als 2016. Bei den Arbeitslosen wird es leider auch ein Plus geben. Das kommt daher, dass es noch mehr Arbeitskräfte gibt, die auf den Arbeitsmarkt strömen. Das ist für viele paradox, aber trotz steigender Beschäftigung gibt es steigende Arbeitslosenzahlen, denn es werden etwa 11.300 Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt drängen. Davon werden mehr als 6.000 Arbeit finden.

noe.ORF.at: Viele machen sich in diesem Zusammenhang Sorgen wegen der Flüchtlingssituation in den vergangenen Jahren. Sind es hauptsächlich Asylberechtigte, die kommendes Jahr auf den Arbeitsmarkt drängen werden? Ist das ein Problem, mit dem Sie zunehmend konfrontiert sind?

Fakler: In Wirklichkeit nicht. Von den genannten 11.300 Mehrarbeitskräften sind gut 60 Prozent aus dem EU-Raum. Der Anteil der anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten liegt bei etwa 2.500. Es ist nicht die Quantität, die uns Sorgen macht.

noe.ORF.at: Wie wird man beim AMS Niederösterreich mit dieser schwierigen Situation am Arbeitsmarkt umgehen. Gibt es mehr Budget?

Fakler: Wir werden 2017 erstmals die 200-Millionen-Grenze überschreiten und ein Budget von 214 Millionen Euro zur Verfügung haben. Das werden wir im Wesentlichen dafür ausgeben, um bei Arbeitgebern Anreize zu schaffen, Menschen einzustellen, die auf den ersten Blick nicht Arbeitskräfte erster Wahl sind. Das sind Menschen weit über 60, Leute, die körperlich eingeschränkt sind, und vor allem Menschen, die eine sehr geringe oder gar keine Ausbildung haben. Damit schaffen wir die Möglichkeit für die Arbeitslosen, Dinge zu können, die sie vorher nicht konnten, und für die Arbeitgeber interessanter zu werden, respektive Bedenken bei Arbeitgebern zu verringern, es mit jemandem zu probieren, der nicht unbedingt die super Arbeitskraft ist.

Karl Fakler

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Karl Fakler, Landesgeschäftsführer des AMS Niederösterreich

noe.ORF.at: Immer mehr Arbeitslose haben gesundheitliche Probleme, die oft ein Hindernis bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt sind. Das AMS Niederösterreich hat deshalb mit „Aufstieg III“ ein neues Programm für Arbeitslose mit gesundheitlichen Einschränkungen angekündigt. Wie sieht dieses Programm aus?

Fakler: Da geht es darum, dass Menschen, die körperliche Beeinträchtigungen haben, sehr genau angeschaut werden, was wirklich das Problem ist und wo man ansetzen muss, um das Manko zu kompensieren. Das heißt, es gibt eine Analyse der körperlichen oder der intellektuellen Leistungsfähigkeit und daraus abgeleitet ein Programm beziehungsweise eine Abfolge von Ausbildungsmaßnahmen, die sie befähigen, wieder eine attraktive Arbeitskraft zu werden.

noe.ORF.at: Gibt es 2017 noch weitere neue Programme?

Fakler: Es wird eher darum gehen, Bestehendes zu verbessern und Bestehendes auszubauen, weil ich denke, wir haben ein sehr breites Spektrum an Möglichkeiten, das so ziemlich alles abdeckt, was ein Problem sein kann und um dieses Problem zu beheben. Deshalb tun wir lieber besser von Gleichem und mehr von Gleichem.

noe.ORF.at: Die Zahl der Arbeitslosen ist im vergangenen Jahr bei Frauen fast drei Mal so stark gestiegen wie bei Männern. Es haben auch weniger Frauen als Männer geschafft, ins Berufsleben zurückzukehren. Wie will man diesem Problem 2017 gegensteuern?

Fakler: Wir haben 50 Millionen Euro für die Beschäftigungsförderung von Frauen reserviert, weil wir den Betrieben ein Angebot machen wollen, von dem ich denke, dass man dazu nicht Nein sagen kann. Um Frauen einzustellen, zahlen wir ein halbes Jahr einen Zuschuss zu den Lohnkosten. Das soll Arbeitgebern zeigen, dass der Staat Interesse hat, dass Frauen Beschäftigung finden, und es ihnen leichter machen, Ja zu sagen. Wenn ich statt 30.000 Euro Lohnkosten nur 15.000 Euro Lohnkosten habe, dann sind die Frauen, um die es geht, ein Startvorteil, weil sie billiger sind. Und wir denken, dass die Betriebe dann sehen, dass Frauen das Gleiche können wie Männer.

noe.ORF.at: Im Jahr 2016 gab es ein eher dynamisches Wirtschaftswachstum, mit einem Plus von 1,6 bis 1,7 Prozent. Kann man auch im nächsten Jahr mit diesem Wirtschaftswachstum rechnen oder gibt es wieder eine Trendumkehr?

Fakler: Eine Trendumkehr wird es nicht sein, es wird weiterhin ein Wirtschaftswachstum geben. Das wird aber nicht mehr bei 1,6 Prozent liegen, sondern zwischen 1,2 und 1,4 Prozent.

noe.ORF.at: Wann rechnen Sie damit, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt wieder entspannt?

Fakler: Ich bin ein grundsätzlicher Optimist. Ich hoffe, dass es schon 2019 passiert. Für 2017 und 2018 ist nicht damit zu rechnen.

Das Gespräch führte Katharina Sunk, noe.ORF.at

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