Oscar-Regisseur Haneke wird 75

Der Filmemacher und Oscarpreisträger Michael Haneke, der in Wiener Neustadt aufwuchs, wird am Donnerstag 75 Jahre alt. Mit seiner radikalen und genuinen filmischen Handschrift wurde er zum erfolgreichsten Regisseur Österreichs.

Am 23. März 1942 kam Michael Haneke in München zur Welt, als Sohn des Regisseurs und Schauspielers Fritz Haneke aus Düsseldorf und der österreichischen Burgschauspielerin Beatrix Degenschild. In Wiener Neustadt wuchs Haneke auf, denn die Familie mütterlicherseits hatte in der Stadt im Industrieviertel einen landwirtschaftlichen Betrieb. In Wiener Neustadt ging Haneke zur Schule, er maturierte und er absolvierte seine ersten Kinobesuche.

Große Skandale und große Erfolge in Cannes

Obwohl er nach der Matura mit dem Beruf des Konzertpianisten geliebäugelt hatte, studierte er in Wien Philosophie, Psychologie und Theaterwissenschaften. Er schloss das Studium nicht ab und wechselte zum deutschen Fernsehen. Haneke schrieb erste Drehbücher und produzierte in den Jahren darauf seine ersten Fernsehfilme.

Seine bis heute währende genuine Filmsprache fand Haneke mit dem Wechsel zum Kinofilm. Sein erstes Werk „Der siebente Kontinent“ (1989), in dem eine dreiköpfige Familie Selbstmord begeht, provozierte, so wie auch die folgenden Filme. In „Benny’s Video“ (1992) filmt der Protagonist, wie er eine Freundin mit einem Bolzenschussgerät tötet und „71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls“ (1994) handelt von einem Studenten, der Amok läuft.

Für den Filmexperten und ehemaligen Direktor des Filmmuseums, Alexander Horwath, geht Haneke immer ganz besondere Themen in seinen Werken an. „Die Filme sind sehr persönliche, auf die Welt hinblickende Filme, die sich nicht scheuen alle möglichen Themen, auch etwa den Tod, anzusprechen."

Filmszene "Funny Games" in Cannes

APA/ WEGA Film

In „Funny Games“ macht Haneke die Zuseher zu Mitwissern und Mittätern

Haneke zeigt die Opfer, nicht die Täter

Haneke wurde mit seinen ersten Filmen zum Stammgast bei den Filmfestspielen in Cannes. Mit „Funny Games“ nahm er 1997 auch erstmals am Wettbewerb des Festivals teil. „Funny Games“ ist bis heute wohl Hanekes radikalster Film, er desillusioniert das Thriller-Genre. Haneke gibt dem Zuseher in diesem Film keine Motive für die Gewalt, aber zeigt sie radikal und sehr deutlich.

In Cannes wurde die Premiere des Films zu einem handfesten Skandal. Rote Aufkleber auf den Eintrittskarten sollten vor dem schockierenden Inhalt des Films warnen. „Ich denke, was ich versuche in fast all meinen Filmen, ist auf der einen Seite die Opfer statt der Täter zu zeigen. Das ist der Unterschied zum Action-Film, der die Tat immer aus der Warte der Täter zeigt. Und auf der anderen Seite nutze ich das, was seltsamerweise im zeitgenössischen Kino nicht genutzt wird, die Fantasie des Zuschauers", so Haneke.

Französische Schauspielstars vor der Kamera

Schauspielstars standen in den Filmen von Haneke regelmäßig vor der Kamera, vor allem jene aus Frankreich. Im Jahr 2000 produzierte Haneke in Frankreich den Film „Code Unbekannt“ mit Juliette Binoche in der Hauptrolle. Sie trat fünf Jahre später wieder in einem Haneke Film in Erscheinung, nämlich in „Caché“. Zwischendurch verfilmte der Regisseur Elfriede Jelineks Werk „Die Klavierspielerin“. Isabelle Huppert brillierte in der Hauptrolle.

Seinen bis dahin größten kommerziellen Erfolg feierte Haneke mit dem schwarz-weiß Epos „Das weiße Band“ (2009). Er gewann zahlreiche international renommierte Filmpreise, etwa die Goldene Palme in Cannes, einen Golden Globe, und war zweimal bei den Oscars nominiert.

Der Regisseur des Filmes "Amour",  Michael Haneke, mit seinem Oscar

APA/Roland Schlager

Der Filmemacher mit dem begehrten Academy Award

Mit „Amour“ auf dem Höhepunkt seiner Karriere

Einen beispiellosen Erfolgslauf hatte der niederösterreichische Regisseur mit seinem Film „Amour“. Haneke konnte mehr als 40 internationale Filmpreise für sein Liebes- und Sterbedrama gewinnen. Am 25. Februar 2013 gewann das Werk den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“, damit war Haneke auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt.

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Der bescheidene Michael Haneke in einem seiner ersten Interviews nach dem Oscar-Gewinn.

Im April 2013 wurde der Regisseur und Drehbuchautor mit dem „Goldenen Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland NÖ“ ausgezeichnet. Bei der Verleihung verkündete Haneke, dass er sich mit seine Frau in Besitztum im Waldviertel gekauft hat. Die Ehrung trage auch zum Ansehen des österreichischen Films in Österreich bei, sagte er damals in einem Interview mit noe.ORF.at - mehr dazu in Ehrenzeichen für Michael Haneke (noe.ORF.at; 18.4.2013).

Haneke mit NÖ-Ehrenzeichen

ORF

2016 fanden drei seiner Filme, nämlich „Caché“, „Das weiße Band“ und „Amour“, bei der BBC-Wahl zu den 100 bedeutendsten Filmen des 21. Jahrhunderts Berücksichtigung. Im selben Jahr wurde an Haneke in Krems der Globeart Award verliehen - mehr dazu in Michael Haneke erhält GLOBART Award 2016 (noe.ORF.at; 10.8.2016).

Im Sommer 2016 begannen die Dreharbeiten für den neuesten Film von Michael Haneke, der den Titel „Happy End“ tragen wird. Der Regisseur arbeitete dafür erneut mit Jean-Louis Trintignant und Isabelle Huppert zusammen. Die beiden französischen Schauspielgrößen hatten bereits im Cannes- und Oscargewinner „Amour“ gespielt. Im Zentrum der Geschichte steht eine bürgerliche, europäische Familie. Noch nicht bekannt ist, wann der neue Haneke-Film in die Kinos kommen wird.

Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

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