Mehr Beratungssstellen für psychologische Hilfe

Etwa 60.000 Kinder und Jugendliche in Niederösterreich brauchen laut einer Befragung soziale oder psychologische Hilfe. Weil es für Eltern oft schwierig ist, das richtige Angebot zu finden, soll ein neuer Kinder- und Jugendplan helfen.

Mit dem Kinder- und Jugendplan des Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) soll die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Niederösterreich deutlich verbessert werden. Seit einer Befragung aus den Jahren 2014 und 2015 ist nämlich klar, dass etwa 20 Prozent der unter 18-Jährigen einschlägige Hilfe brauchen, seien es Psychologen, Ernährungsberater oder Logopäden, heißt es von Seiten des NÖGUS. Das Angebot in Niederösterreich sei zwar groß, für viele Eltern und Betroffene ist es offenbar dennoch schwierig, die richtige Anlaufstelle zu finden. Eines der Ziele ist deshalb der flächendeckende Ausbau von Beratungsstellen.

Beratungsstellen als Orientierungshilfe für Betroffene

Das Familien- und Beratungszentrum des Hilfswerks in Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha) ist einer der Vorreiter. Hier können sich Eltern und Betroffene bei einem Erstgespräch einen Überblick über die Möglichkeiten verschaffen. Viele Eltern würden einfach mit einem „diffusen Gefühl“ kommen, dass irgendetwas in der Familie oder mit den Kindern nicht stimme, erzählt die Leiterin Karin Skop. Was die Familie genau brauche, sei oft gar nicht klar. Das werde dann vor Ort abgeklärt. Bestimmte Hilfestellungen, etwa Psychotherapieeinheiten oder Lerngruppen, kann das Hilfswerk selbst anbieten. Wenn das Angebot nicht ausreicht oder schwerwiegendere Erkrankungen festgestellt werden, werden die Kinder an andere Experten und Einrichtungen weiterverwiesen.

In ganz Niederösterreich gibt es derzeit etwa 60 solche Beratungsstellen verschiedener Dienstleister. Die Leistungsangebote und Leistungsintensität seien jedoch sehr unterschiedlich, heißt es beim NÖGUS. Ziel des Kinder- und Jugendplanes ist es deshalb, die Angebote aufzuwerten und zu standardisieren sowie in ganz Niederösterreich auszubauen. Neben dem Ausbau der Beratungsstellen soll auch ein Kinder- und Jugendnetzwerk etabliert werden. Dadurch sollen alle Organisationen, Experten und Dienstleister, die mit Problemkindern und -jugendlichen arbeiten, vernetzt werden.

Studiogespräch mit Georg Ziniel

ORF NÖ

Georg Ziniel (r.) im „NÖ heute“-Studio

noe.ORF.at: Herr Ziniel, Sie sind der Projektleiter des Kinder- und Jugendplans des NÖGUS. Gibt es derzeit Versorgungsenpässe in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Niederösterreich?

Georg Ziniel: In der Kinder- und Jugendpsychiatrie ja, das ist aber das Ende der Behandlungskette. Wir müssen viel weiter nach vorne schauen. Viele Kinder haben Verhaltensauffälligkeiten. Das sind noch keine manifesten psychiatrischen Probleme. Wichtig ist, möglist früh schon zu erkennen, ob und welches Problem vorliegt, um Eltern Orientierung zu geben.

noe.ORF.at: Vor fünf Jahren hat es geheißen, dass jedes zehnte Kind in diesem Bereich Hilfe braucht. Inzwischen ist es bereits jedes fünfte Kind. Hält unser Gesundheitssystem diesen Anstieg aus?

Ziniel: Es sind das Gesundheitssystem, das gesamte Sozialsystem und das pädagogische System gefordert, also auch Kindergärten und Schulen. Wir sind mit dieser Transformation der Erkrankung konfrontiert: Weg von den akuten Erkrankungen, wo hier und jetzt eine Behandlung stattfindet, mehr und mehr hin zu psychischen Leiden, Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen. Die Tendenz ist eindeutig: Mehr und mehr Kinder haben jetzt schon und werden in Zukunft diese Probleme aufzeigen.

noe.ORF.at: Deshalb sieht der Kinder- und Jugendplan vor, die Beratungsstellen flächendeckend auszubauen, es geht auch um die Vernetzung. Wie soll das funktionieren?

Ziniel: Eltern sehen ihre Kinder und sehen, da passt irgendetwas nicht, können aber von sich aus nicht wirklich einschätzen, was hat dieses Kind? Die angedachten Beratungsstellen, von denen es jetzt auch schon etliche gibt, nämlich 60 in Niederösterreich, sollen jetzt qualifiziert Eltern, Kindern und Jugendlichen sehr konkret Hilfestellung geben.

Was ist eigentlich das Problem - erste Intervention. Die zweite Intervention ist dann, mit eigenen Möglichkeiten Hilfe und Unterstüzung anzubieten, ein Stabilisieren in der Familie. Wenn es ernsthafte Krisen gibt - das geht bis hin zur Suizidgefährdung - qualifizierte Weiterverweisung an kompetente Stellen. Eltern und Kinder werden in einer komplexen Situation durch die Beratungsstellen unterstützt.

noe.ORF.at: Was kostet das für die Eltern?

Ziniel: Derzeit ist die Inanspruchnahme der Beratung für die Eltern kostenfrei. Diese stellen werden derzeit über das Familienministerium finanziert, viele der Vorhaben werden auch vom Land bezahlt. Wenn dann eine Psychotherapie notwendig ist, ist die Behandlung dann kostenfrei, wenn ein Vertrag mit der Krankenkasse vorhanden ist. Acht dieser Einrichtungen haben derzeit auch schon Verträge.

Das Gespräch mit Georg Ziniel führte Margit Laufer, noe.ORF.at.

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