Ehrenbürgerschaft für KZ-Überlebenden

Vor 70 Jahren erlebte István Gábor Benedek in Gerasdorf ein Martyrium. Heute ist er dort Ehrenbürger. Nachdem seine Mutter zur Zwangsarbeit verschleppt worden war, rettete eine Freundschaft mit einer Bäckerfamilie allen das Leben.

Im Alter von sechs Jahren wurde István Gábor Benedek gemeinsam mit seiner Mutter Rózsa nach Gerasdorf (Bezirk Korneuburg) verschleppt. 1944 gab es dort ein Arbeitslager für etwa 280 ungarische Juden, die schwere körperliche Arbeit verrichten mussten, ehe sie in ein Konzentrationslager gebracht wurden. István Gábor Benedeks Mutter musste zunächst in der Landwirtschaft arbeiten, ehe sie die Nazis zum Putzen bei einer Gerasdorfer Bäckerfamilie abkommandierten.

Istvan Gabor Benedek

ORF

István Gábor Benedek bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft in Budapest

„Es gibt doch Gutes in der Welt“

Am Mittwoch verlieh die Gemeinde Gerasdorf dem heute in Budapest lebenden Benedek die Ehrenbürgerschaft. Für den 79-Jährigen hat das eine besondere Bedeutung: „Ich war sehr überrascht, als ich von der Ehrenbürgerschaft erfuhr. Ich war ja nur als kleines Kind in Gerasdorf. Heute Ehrenbürger zu sein, ist für mich unfassbar. Es ist ein großartiges Gefühl, das mir zeigt: egal, was passiert, es gibt doch Gutes in der Welt!“

Benedek erinnert sich daran, dass die Bäckersfamilie ihn und seine Mutter immer menschlich und sogar wie Familienmitglieder behandelt haben soll: „An einem Sonntag hat uns die Familie zum Frühstück eingeladen. Stellen Sie sich mal vor: überall sitzen Nazis am Tisch und wir mittendrin. Die Bäckerin hatte den Tisch mit weißer Tischwäsche gedeckt uns Kakao serviert. Ich, das kleine Kind, habe das alles nicht glauben können“, erzählt Benedek.

Istvan Gabor Benedek

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Gedenken an jüdische Zwangsarbeiter in Gerasdorf

Ende 1944 wurde Benedek mit seiner Mutter ins Konzentrationslager Bergen-Belsen (Deutschland) gebracht. Beide überlebten. Nach dem Krieg rettete schließlich Benedeks Mutter der Bäckerfamilie das Leben. Sie bestätigte den Russen schriftlich, von der Gerasdorfer Familie stets gut behandelt worden zu sein. Vor etwa einem Jahr war István Gábor Benedek selbst zu Besuch in Gerasdorf.

„Es ist heute ein besonders bewegender Moment, weil er schon bei uns in Gerasdorf war. Wir haben eine Straße nach seiner Mutter benannt. Und haben ein Mahnmal in Gerasdorf errichtet“, erinnerte Bürgermeister Alexander Vojta (SPÖ) bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft. Die Straße, die einst zum Arbeitslager führte, ist heute nach Benedeks Mutter benannt - mehr dazu in Gedenken an jüdische Zwangsarbeiter (noe.ORF.at; 19.6.2016). „Er hat den Gerasdorferinnen und Gerasdorfern die Hand gereicht und klar gemacht, dass er Freundschaft pflegen will mit allen Gerasdorferinnen und Gerasdorfern in einem vereinten Europa“, so der Gerasdorfer Vizebürgermeister Lukas Mandl (ÖVP).