Neuer Haneke-Film im Cannes-Wettbewerb

Der niederösterreichische Filmemacher und Oscarpreisträger Michael Haneke setzt zum Sprung auf die dritte Goldene Palme an. Er wurde mit seinem neuen Film „Happy End“ in den Wettbewerb der 70. Filmfestspiele in Cannes geladen.

Mit „Happy End“ ist Michael Haneke zum siebenten Mal im Rennen um die Goldene Palme der Filmfestspiele Cannes. Als erster Regisseur überhaupt könnte der Österreicher damit drei Mal den Hauptpreis des bedeutendsten Filmfestivals der Welt gewinnen. Zuletzt erhielt er die Palme d’Or zweimal hintereinander, 2009 mit der Faschismusparabel „Das weiße Band“ und 2012 mit dem Sterbedrama „Amour“. Für „Amour“ erhielt Haneke auch den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“.

Regisseur Michael Haneke beim Filmfestival in Cannes mit der Goldenen Palme 2012

APA/EPA/Sebastian Nogier

Michael Haneke mit der Goldenen Palme im Jahr 2012

Haneke ist Stammgast an der Croisette

Vor Haneke war es nur sechs weiteren Regisseuren gelungen, zwei Goldene Palmen zu holen - darunter Größen wie Francis Ford Coppola, Emir Kusturica sowie die Dardenne-Brüder. Die neuerliche Einladung des Festivals in den offiziellen Wettbewerb ist Hanekes achte. 2003 jedoch lief die Endzeitstudie „Wolfzeit“ außer Konkurrenz, da Jurypräsident Patrice Chereau in einer Nebenrolle mitwirkte.

Seit beinahe drei Jahrzehnten ist Haneke der österreichische Fixstarter an der Croisette. All seine Kinoarbeiten - mit Ausnahme des US-Remakes von „Funny Games“ - feierten hier ihre Premiere. Schon sein Kinoerstling „Der siebente Kontinent“ war 1989 in der renommierten Nebenschiene „La Quinzaine des Réalisateurs“ gelaufen. Erst vor wenigen Wochen feierte Haneke, der mit seiner Frau im Waldviertel lebt, seinen 75. Geburtstag - mehr dazu in Oscar-Regisseur Haneke wird 75 (noe.ORF.at; 22.3.2017).

Erster großer Erfolg mit „Die Klavierspielerin“

Mit der aufsehenerregenden Gewaltstudie „Funny Games“ wurde 1997 in der traditionsreichen Geschichte des Festivals das erste Mal überhaupt eine heimische Produktion in die Hauptkonkurrenz geladen. Haneke gastierte als erster Österreicher nach 35 Jahren im Wettbewerb und läutete damit die jüngere Welle heimischer Filmerfolge ein. (1962 konkurrierten u.a. der gebürtige Österreicher Herbert Vesely mit der deutschen Produktion „Das Brot der frühen Jahre“ sowie die austro-amerikanische Regiegröße Otto Preminger mit „Sturm über Washington“ um die Goldene Palme.)

Haneke Ehrendoktor-Verleihung

APA/ Erwin Scheriau

Den ersten großen Erfolg erzielte Haneke 2011 mit der Elfriede-Jelinek-Verfilmung „Die Klavierspielerin“: Der Film gewann neben den beiden Darstellerpreisen für Isabelle Huppert und Benoit Magimel auch den Großen Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals. Für „Caché“, seinen fünften Film im Wettbewerb, gewann er 2005 die Auszeichnung als bester Regisseur.

Alles in allem hielt Haneke die rot-weiß-rote Fahne im Wettbewerb öfter hoch als alle anderen heimischen Filmemacher zusammen. Dazwischen liefen 2004 „Die fetten Jahre sind vorbei“ von Hans Weingartner und 2007 „Import Export“ von Ulrich Seidl im Wettbewerb, 2003 war Virgil Widrich mit „Fast Film“ in die Kurzfilmkonkurrenz eingeladen, 2011 trat Markus Schleinzer - seines Zeichens Hanekes Castingdirektor - mit seinem Regiedebüt „Michael“ den Weg an die Croisette an.

„Happy End“ mit Isabelle Huppert

Knapp fünf Jahre ist es her seitdem der beispiellose Erfolgslauf von „Amour“ („Liebe“) im Wettbewerb der Filmfestspiele Cannes begann. Unzählige Ehrungen gab es für das auf Französisch gedrehte Drama um ein altes Ehepaar (verkörpert von Jean-Louis Trintignant und der kürzlich verstorbenen Emmanuelle Riva), dessen Liebe durch Krankheit und Alter auf die Probe gestellt wird.

Filmszene Happy End

schoemitz_gavriel/Wega Film

Der Film „Happy End“ porträtiert eine gutbürgerliche Familie im nordfranzösischen Calais

Auch der Nachfolgefilm dürfte sich mitunter um das Alter drehen. Neben Trintignant stand für „Happy End“ auch Isabelle Huppert erneut für Haneke vor der Kamera. Erzählt wird von einer gutbürgerlichen Familie im nordfranzösischen Calais, deren Schicksal von Migranten betroffen ist - „so wie wir alle betroffen sind“, wie Haneke zuletzt in einem „Kurier“-Interview sagte. „Bis das Ganze dann eskaliert.“ Es sind sein gnadenloser Blick und seine kompromisslosen Analysen, die Hanekes Filme derart verstörend und ihn in den vergangenen Jahrzehnten weltberühmt gemacht haben.

Am Donnerstag wurden die 18 Wettbewerbsfilme der 70. Filmfestspiele von Cannes (17. bis 28. Mai) bekanntgegeben. Die Jury für die Vergabe der begehrten Preise an der Croisette leitet heuer der spanische Autorenfilmer Pedro Almodovar.

Die Filme im Wettbewerb:

  • „Happy End“ von Michael Haneke
  • „Nelyubov“ („Loveless“) von Andrey Zvyagintsev
  • „Good Time“ von Benny Safdie und Josh Safdie
  • „You were never really here“ von Lynne Ramsay
  • „L’amant double“ von Francois Ozon
  • „Jupiter’s Moon“ von Kornél Mundruczó
  • „A gentle Creature“ von Sergei Loznitsa
  • „The Killing of a Sacred Deer“ von Yorgos Lanthimos
  • „Hikari“ („Radiance“) von Naomi Kawase
  • „Geu-Hu“ („The Day After“) von Hang Sangsoo
  • „Le redoutable“ von Michel Hazanavicius
  • „Wonderstruck“ von Todd Haynes
  • „Rodin“ von Jacques Doillon
  • „The Beguiled“ von Sofia Coppola
  • „120 Battements par minute“ von Robin Campillo
  • „Okja“ von Bong Joon-Ho
  • „Aus dem Nichts“ von Fatih Akin
  • „The Meyerowitz Stories“ von Noah Baumbach

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