„Ökostraße“ schützt vor Hochwasser und kühlt

In Ober-Grafendorf (Bezirk St. Pölten) wird im Kleinen getestet, was für die straßenbauliche Zukunft wegweisend sein wird. Die „Ökostraße“ soll im Sommer für Kühlung sorgen und vor Hochwasser schützen.

Etwas Neues zu wagen führte in Ober-Grafendorf zu einem einzigartigen Projekt: Statt das Regenwasser, das von der Straße abrinnt, in den Kanal fließen zu lassen, wird es vor Ort gefiltert. Danach versickert es direkt ins Grundwasser, so die grundsätzliche Konzeption des Projekts.

Straße der Zukunft Ökostraße Ober-Grafendorf

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Für einen Laien ist die „Ökostraße“ kaum von einer herkömmlichen Fahrbahn zu unterscheiden

„Zusätzlich wird das Wasser an der Oberfläche gespeichert und hat damit Rückhaltefunktion. Das ist das Neuartige an unserer Ökostraße“, erklärte Rainer Handlfinger, Bürgermeister von Ober-Grafendorf (SPÖ). Die Fahrbahn ist am Rand bepflanzt. „Die Pflanzen bewirken nicht nur eine Speicherung, sondern im Sommer auch eine Kühlung durch Verdunstung.“ Das entspreche ungefähr der Kühlungsleistung einer 100-jährigen Buche, so der Bürgermeister.

Konzept auch in Städten anwendbar

„Dieser Effekt macht das System auch für Städte interessant, die vor allem im Sommer mit hohen Temperaturen zu kämpfen haben“, erklärte der wissenschaftliche Leiter des Forschungsprojekts, Thomas Ertl von der Universität für Bodenkultur in Wien. Die Pflanzen müssen unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden: Sie müssen langlebig und leicht zu pflegen sein, im Winter etwa sollen sie dem Streusalz standhalten, gleichzeitig müssen manche von ihnen sogar überfahrbar sein.

Die elf Meter breite Straße in Ober-Grafendorf ist für ein Starkregenereignis mit 55 Litern pro Quadratmeter ausgelegt, das im Schnitt alle zehn Jahre stattfindet. 450 Liter pro Kubikmeter werden derzeit langfristig mit Granulaten gespeichert. „Bei einem Starkregen kann das Wasser versickern, womit die umliegenden Häuser und Wiesen vor Überflutungen geschützt werden. Der angenehme Nebeneffekt ist, dass das Wasser durch die verschiedenen Schichten bereits gereinigt im Grundwasser ankommt. Das heißt, ich erspare mir die teure Reinigung in der Kläranlage.“

Straße der Zukunft Ökostraße Ober-Grafendorf

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Das Wasser gelangt von der Straße gefiltert ins Grundwasser

Die Argumente für die „Ökostraße“ liegen für Ertl auf der Hand: „Die Verkehrssicherheit wird gewährleistet, das Wasser wird gespeichert, die Schadstoffe zurückgehalten und abgebaut, und damit im Endeffekt die Hochwasserproblematik reduziert. Im Sommer brauchen die Pflanzen durch die Drainage kein Bewässerung, und sie sorgen für Kühlung durch Verdunstung.“ Ein Argument für die neue Technologie seien auch die Kosten.

Ertl: „Kein neues Wohngebiet ohne ‚Ökostraße‘“

Grundsätzlich kann man die „Ökostraße“ auf jeder beliebigen Straße verwirklichen. „Eigentlich sollte heute kein neues Wohngebiet mehr gemacht werden, ohne dass man die ‚Ökostraße‘ baut“, sagte Ertl. Dort müsse man den Hausbewohnern zusätzlich einen Anreiz bieten, „auch auf den Dachflächen durch die Kombination von Bepflanzung und Drainage einen solchen ‚Drain Garden‘ zu machen“, regte er an.

Das habe nur Vorteile: Man erspare sich den Regenwasserkanal und im Sommer werde das Haus durch das Gründach automatisch gekühlt, führte er aus. Der Mut zu Neuem lohnte sich nicht nur für die Anrainer: Die Gemeinde erhielt den Energy Globe Award in Niederösterreich. Österreichweit setzte sich das Projekt in der Kategorie „Wasser“ durch. In Grafenegg (Bezirk Krems) erhielt die Gemeinde den Climate Star.

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