Aufregung um Leopoldsdorfer Trinkwasser

Ab 2018 soll in Leopoldsdorf (Bezirk Gänserndorf) eine zentrale Wasserversorgung errichtet werden. Das sorgt für Aufregung. Bisher versorgt sich die Gemeinde über Hausbrunnen. Wegen des Düngens ist das Wasser jedoch nicht trinkbar.

Im März beschloss der Gemeinderat einstimmig die Errichtung einer zentralen Wasserversorgung. Die Entscheidung basierte auf einem Rechtsgutachten, das besagt, dass wegen des Düngens bereits seit Jahrzehnten im Grundwasser zu hohe Nitratwerte verzeichnet wurden. Als Folge daraus durften keine Baubewilligungen mehr erteilt sowie keine Neuwidmungen von Bauland genehmigt werden. Denn als gesetzliche Voraussetzung für jegliches Bauvorhaben gilt eine gesicherte Trinkwasserversorgung.

Trinkwasser Versorgung Leopoldsdorf

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„Wir können es nicht verantworten, dass unsere Gemeinde auf Dauer in einer Zeitglocke gefangen bleibt und sich nicht weiterentwickeln kann“, sagte Clemens Nagel, geschäftsführender Gemeinderat (SPÖ) in Leopoldsdorf, gegenüber noe.ORF.at. So würde etwa der Bau eines Wintergartens in einem Einfamilienhaus derzeit nicht genehmigt werden, wenn es kein sauberes Trinkwasser gibt.

Keine Besserung der Wassersituation in Sicht

Zudem war eine Studie der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf für den Beschluss ausschlaggebend. „Sie zeigt eindeutig, dass keine Besserung eintritt. Selbst wenn die Düngung eingestellt werden würde, ist mittel- bis langfristig kein sinkender Nitratwert zu erwarten“, sagte Nagel.

Auch die Novellierung des niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes von 2016 durch die Landesregierungen trug zur Entscheidung bei. Denn damit fielen Ausnahmegenehmigungen für Leopoldsdorf weg. „Es war die Hoffnung, dass die Nitratwerte wieder einmal unterschritten werden, deswegen haben wir Ausnahmen bekommen“, so Nagel.

Trinkwasser Versorgung Leopoldsdorf

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„Bei der Bevölkerung herrscht wenig Einsehen“

In Leopoldsdorf hat jeder Haushalt einen eigenen Brunnen mit Pumpwerk, „aber kaum jemand hat eine teure Anlage, die das Nitrat herausfiltert“, so Nagel. Getrunken wird Wasser, das im Supermarkt erworben wird. „Das ist eine alte Gewohnheit und deswegen ein sehr kontroversielles Thema, weil die Umstellung auf eine Wasserleitung für die Haushalte mit Kosten verbunden sein wird“, so Nagel. „Bei der Bevölkerung herrscht wenig Einsehen, warum wir jetzt umstellen müssen. Denn keiner ist bisher vom Nitrat krank geworden. Die Leute haben sich damit eingerichtet.“

Im Frühjahr 2018 sollen die Grabungsarbeiten für die Trinkwasserversorgung in drei Etappen beginnen. Rund sieben Millionen Euro kostet der Gemeinde die Errichtung. Für den Einzelnen fallen folgende Kosten an: Ein Einfamilienhaushalt zahlt beispielsweise einmalig für die Leitung bis zum eigenen Grundstück 2.400 Euro sowie die Kosten für die Leitung auf dem eigenen Grund. Jährlich sind dann die Bereitstellungsgebühr und der Wasserverbrauch zu bezahlen. „Ich bin sehr skeptisch. Die schreiben uns vor: Wir sollen so und so viel Wasser nehmen, aber das brauchen wir nicht“, sagt zum Beispiel Karl Szewczuk aus Leopoldsdorf im Gespräch mit noe.ORF.at.

Trinkwasser Versorgung Leopoldsdorf

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Gemeinde überprüft Anschlusspflicht

In einem nächsten Schritt überprüft die Gemeinde die Anschlussverpflichtung für die einzelnen Haushalte. „Wer nicht nachweisen kann, dass seine Liegenschaft mit Trinkwasser in quantitativ und qualitativ ausreichender Menge versorgt ist, muss sich an die öffentliche Wasserleitung anschließen“, heißt es in einem Brief des Bürgermeisters an die Bevölkerung. Für jene, die sich den Anschluss nicht leisten können, soll es eine „sozial verträgliche Lösung geben“, heißt es. Der Sozialausschuss der Gemeinde werde „eine Regelung für Härtefälle ausarbeiten“.

Laut Medienberichten wurde den Betrieben, die Wasser für ihre Arbeit benötigen, mit der Schließung gedroht, sollten sie für kein sauberes Trinkwasser garantieren können. Auf Nachfrage bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft hieß es: „Zusperren musste kein Betrieb. Das Wort ‚Betriebsschließung‘ gibt es in der Trinkwasserverordnung nicht. Ziel ist immer, die Wasserqualität sicherzustellen“, sagte der Bezirkshauptmann Martin Steinhauser. Von den Gewerbetreibenden wollte sich niemand gegenüber noe.ORF.at äußern. Es sei ein heikles Thema, hieß es lediglich.

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