Staatsvertragsreplik für Haus der Geschichte

Der russische Botschafter hat am Dienstag in St. Pölten dem Land Niederösterreich ein Faksimile des Österreichischen Staatsvertrages übergeben und geschenkt. Die Replik wird ab September im Haus der Geschichte zu sehen sein.

Bereits im Mai wurde ein erstes Objekthighlight für das Haus der Geschichte in St. Pölten, das ab 10. September geöffnet ist, öffentlich präsentiert. Der Dienstwagen des früheren Außenministers Leopold Figl (ÖVP) kam ins Museum Niederösterreich - mehr dazu in Figl-Dienstauto für das Museum Niederösterreich (noe.ORF.at; 12.5.2017). Die Replik des Staatsvertrages ist nun ein nächster Höhepunkt für die künftige Dauerausstellung in St. Pölten.

Einzigartiges Geschenk von Russland

Das erste Mal fertigte Russland eigens ein Faksimile des Österreichischen Staatsvertrages an und verschenkte es an das Land Niederösterreich.

Exakt 33 Tage vor der Eröffnung übergab am Dienstagnachmittag Dimitri Ljubinskij, Botschafter der Russischen Föderation in Wien, ein eigens angefertigtes Faksimile des Österreichischen Staatsvertrages vom 15. Mai 1955 als Geschenk an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

Zentrales Dokument der Zweiten Republik

Die Replik wird als Highlight im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich ausgestellt. Das unter anderem vom damaligen Außenminister Figl unterzeichnete Original befindet sich im Staatsarchiv des russischen Außenministeriums in Moskau. „Der Staatsvertrag von 1955 gehört mit der Moskauer Erklärung der alliierten Außenminister von 1943 und der Unabhängigkeitserklärung von 1945 zu den zentralen Dokumenten der Zweiten Republik“, sagt Stefan Karner, der wissenschaftliche Leiter vom Haus der Geschichte in St. Pölten.

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Am Dienstag übergab der russische Botschafter Dimitri Ljubinskij (li.) das Faksimile des Staatsvertrages an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Stefan Karner, wissenschaftlicher Leiter im Haus der Geschichte

Mit dem Vertrag erreichte Österreich 1955 unter anderem den Abzug der alliierten Truppen, die Heimkehr der Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion und die volle staatliche Souveränität. Leopold Figls „Österreich ist frei!“ hatte den größtmöglichen Grundkonsens. Für das einzige Original des Staatsvertrages hat Russland die Depositarpflicht. Es wird daher in Moskau aufbewahrt und wurde seither nur einmal, für kurze Zeit, in Österreich gezeigt: 2005 auf der Schallaburg und im Belvedere.

Zeugnis der freundschaftlichen Beziehungen

„Das Land Niederösterreich unterhält auf wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, touristischer und kultureller Ebene sehr gute Beziehungen zur Russischen Föderation“, sagte Landeshauptfrau Mikl-Leitner in ihrem Statement in St. Pölten. So wurde auch bei einem Arbeitsgespräch am 5. Juli in Wien vereinbart, dass das Haus der Geschichte ein Faksimile des bedeutenden historischen Dokuments erhält. „Der Österreichische Staatsvertrag war die Grundlage für einen erfolgreichen Aufbau der Zweiten Republik und wurde von zwei Niederösterreichern ausverhandelt: Außenminister Leopold Figl und Bundeskanzler Julius Raab. Aus diesen Gründen sind wir für dieses großzügige Geschenk für das neue Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich sehr dankbar“, so die für die Kulturagenden zuständige Landeshauptfrau.

„Der Staatsvertrag erinnert uns an die damaligen Ereignisse und an den bedeutenden Beitrag, den unser Land zum Werden der österreichischen Staatlichkeit und zur Rückkehr auf die Gleise der friedlichen Entwicklung geleistet hat“, sagte Botschafter Ljubinskij. "Die heutige feierliche Übergabe ist ein Zeugnis der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Niederösterreich. Der hohe Grad des Vertrauens, gegenseitiges Interesse an weiterer zukunftsorientierter Entwicklung der Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten wurden trotz aller außenpolitischen Turbulenzen bestätigt“, so Ljubinskij.

Da Österreich in der Moskauer Deklaration von 1943 als erstes Opfer der NS-Angriffspolitik bezeichnet wird, brauchte es keinen Friedensvertrag. 1947 begannen in London die Verhandlungen mit den Siegermächten über den Staatsvertrag. Ziel war die Wiederherstellung Österreichs. Der Staatsvertrag schreibt etwa das Anschlussverbot an Deutschland, Minderheitenrechte sowie das Verbot der NS-Wiederbetätigung fest - nicht aber die Mitverantwortung Österreichs am Zweiten Weltkrieg.

Reise durch 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte

Am 10. September 2017 öffnet das Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich seine Pforten, einen Tag zuvor findet der große Eröffnungsfestakt statt. Das erste und bislang einzige Haus der Geschichte in Österreich stellt die Geschichte des größten österreichischen Bundeslandes im zentraleuropäischen Kontext dar. Unter dem Motto „Einblicke gewinnen. Geschichte verstehen“ lädt die neue Ausstellung zu einer interaktiven Entdeckungsreise durch 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte ein. Die erste Schwerpunktausstellung „Die umkämpfte Republik: Österreich 1918-1938“ widmet sich gleich einem brisanten Thema, nämlich österreichischer Zeitgeschichte.

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