„Riesenrad und Terror“ im Thalhof Reichenau

Eine brisante Uraufführung hat am Donnerstag im Thalhof Reichenau stattgefunden. Im Stück „Werbung Liebe Zuckerwatte“ des Newcomer-Autors Mario Wurmitzer geht es um einen Terorranschlag unter dem Wiener Riesenrad.

Mit der Uraufführung von „Werbung Liebe Zuckerwatte“ entwickelte die Intendantin des Thalhofs in Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen), Anna Maria Krassnig, eine neue Spielart. Sie selbst nennt sie „Kinobühnenschau“. Die vordergründige Handlung des Werks findet in Filmsequenzen statt, die im Wiener Prater gedreht wurden. Die Reflexion der Ereignisse findet live auf der Bühne statt, in Interaktion mit dem Film.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen Franz und Marie. Sie sitzen im Romantikwaggon eines Riesenrades und unter ihnen herrscht Panik im Freizeitpark. Ein terroristischer Anschlag verunsichert die Menschen. Die Stimme der Gewalt kämpft gegen die Stimme des Rechts, den schützenden Staatsapparat. Als der Parteivorsitzende zu ihnen klettert und sich als der eigentliche Drahtzieher der Aktion outet, wird die Situation immer gefährlicher.

"Werbung Liebe Zuckerwatte"

Christian Mair

Ausschnitt aus „Werbung Liebe Zuckerwatte“

Figuren agieren zwischen Ohnmacht und Aufbegehren

Die Figuren des jungen Weinviertler Schriftstellers Mario Wurmitzer agieren zwischen Ohnmacht und Aufbegehren. Das Reale ist absurd, das Absurde real. Seine Sprache geht neue Wege. Wurmitzer wurde 1992 in Mistelbach geboren, er konnte in seiner noch jungen Laufbahn bereits einige Literaturpreise gewinnen. Er will Bestsellerautor werden, sich aber nicht vermarkten, und sagt im Gespräch mit noe.ORF.at mit einem Augenzwinkern: „Hauptsache nicht zum Bachmannpreis.“ Er möchte künftig über das schreiben, was die Menschen bewegt.

noe.ORF.at: Sie sind erst 24 Jahre jung, haben aber bereits einige Literaturpreise im deutschsprachigen Raum gewonnen, etwa 2015 den Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin. Wie lange streben Sie schon eine Karriere als Schriftsteller an? Wie früh in Ihrem Leben kam dieser Wunsch?

Mario Wurmitzer: Als ich 15 Jahre alt war, habe ich begonnen, mich intensiv mit Literatur auseinanderzusetzen. Ich habe sehr viel gelesen und irgendwann auch angefangen zu schreiben. Mit der Zeit habe ich die ein oder andere Auszeichnung bekommen, was allerdings auch mit Glück zu tun hat. Aber man schreibt nicht, weil man damit unbedingt Erfolg haben will, sondern weil man gerne Geschichten erzählt. Es heißt ja, wenn man schreiben und berühmt sein will, sollte man zuerst berühmt werden und dann schreiben.

noe.ORF.at: Wie groß ist der Stolz für Sie, dass Ihr Theaterstück „Werbung Liebe Zuckerwatte“ beim Thalhof-Festival uraufgeführt wird?

Wurmitzer: Darüber freue ich mich sehr. Ich habe das Gefühl, dass das Stück bei Regisseurin Anna Maria Krassnigg und dem gesamten Produktionsteam in sehr guten Händen ist. Der Ort der Uraufführung ist auch ein ganz besonderer, weil am Thalhof früher Autoren wie Nestroy, Schnitzler oder Musil gearbeitet haben.

Mario Wurmitzer

Christian Mair

Mario Wurmitzer

noe.ORF.at: Im Stück geht es um Angst, Terrorismus, Verschwörungen und menschliche Abgründe. Es geht um einen Terroranschlag im Wiener Prater. Warum wollten Sie genau diese Thematik aufgreifen?

Wurmitzer: Das sind meines Erachtens Themen, denen man sich bewusst stellen sollte, da man sich ihnen ohnehin nicht gänzlich entziehen kann.

noe.ORF.at: Wollen Sie sich in Zukunft auf das Schreiben von Theaterstücken konzentrieren?

Wurmitzer: Ich schreibe unglaublich gern Dialoge, weshalb es sicherlich weitere Theaterstücke von mir geben wird. Allerdings möchte ich auch nicht ganz damit aufhören, Prosatexte zu verfassen.

noe.ORF.at: Welche Laufbahn würden Sie eher bevorzugen? Die Laufbahn eines Bestsellerautors, der Millionen Bücher verkauft, oder der Gewinn des Bachmann-Preises?

Wurmitzer: Die Millionen, zumindest, wenn ich zwischen diesen beiden Alternativen wählen soll. Hauptsache nicht zum Bachmannpreis. Um noch eine ernsthafte Antwort zu geben: Ich möchte versuchen, mir die Freiheit zu bewahren, so zu schreiben, wie ich möchte, und nicht nach bestmöglicher Vermarktbarkeit streben.

"Werbung Liebe Zuckerwatte"

Christian Mair

Ausschnitt aus „Werbung Liebe Zuckerwatte“

noe.ORF.at: Über welche Themen wollen Sie künftig schreiben? Wie kann man mit Literatur oder Formen der Literatur heutzutage die Menschen bewegen und treffen?

Wurmitzer: Wenn man über das schreibt, was einen bewegt, dann gibt es vielleicht ein paar Leute, die das auch bewegt, wenn sie es lesen. Darauf kann man zumindest hoffen.

Haben Sie schriftstellerische Vorbilder?

Wurmitzer: Ja, zum Beispiel Franz Kafka, Thomas Bernhard, Friederike Mayröcker, Herta Müller und Samuel Beckett. Aber es gibt noch viele weitere Autorinnen und Autoren, deren Werke ich sehr schätze.

noe.ORF.at: Wie verbunden sind Sie ihrem Heimatbundesland Niederösterreich und speziell dem Weinviertel, wo Sie aufgewachsen sind?

Wurmitzer: Ich fühle mich Niederösterreich, im Speziellen meinem Heimatdorf Hautzendorf, natürlich sehr verbunden. Man wird von dem Ort, in dem man aufwächst, schon geprägt.

Das Gespräch führte Benedikt Fuchs, noe.ORF.at.

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