„Hofübergabe“ an der Bauernbund-Spitze

Der gut 235.000 Mitglieder zählende ÖVP-Bauernbund hat einen neuen Präsidenten. Der Niederösterreicher Georg Strasser ist am Samstag in Yspertal (Bezirk Melk) mit 99,1 Prozent bzw. 115 von 116 Delegiertenstimmen gewählt worden.

„Mein Leben lang Bauernbund“, beschwor der 46 Jahre alte Landwirt, Bürgermeister von Nöchling (Bezirk Melk) und ÖVP-Nationalratsabgeordnete Strasser zu Beginn seiner Rede den Bund als „Teil der neuen Volkspartei“. Er dankte seinen Wählern und seinem Vorgänger Jakob Auer für viele Leistungen, im Speziellen für die Pauschalierung des agrarischen Einheitswertes, die ihm zu verdanken sei. „Schweren Herzens“ werde der Niederösterreicher sein Bürgermeisteramt wegen der neuen Herausforderung bald abgeben, sagte er.

Strasser: „Wir brauchen Einkommensstabilität“

Strasser formulierte am Samstag auch seine Ziele. Als erstes ginge es ihm ums Einkommen, das zuletzt Sorge bereitet habe. Zwar stimme seit dem Vorjahr die Tendenz wieder. „Aber Schwankungen sind nicht gut für unsere Höhe. Wir brauchen mehr Marktstabilität und Einkommensstabilität. Märkte sind beeinflussbar. Ich möchte Märkte stärker zum Thema machen.“ Es müsse mehr über Mengen und Qualitäten diskutiert werden, die manchmal vermarktbar seien, manchmal aber auch nicht. Vereinbarungen könnten dazu dienen, Märkte zu stabilisieren. Auch Interventionen - wie im Vorjahr am Milchmarkt mit Lieferverzicht - seien anzudenken. Auch Innovationen brauche es, die Chancen bereiten könnten. „Wir werden die Kooperation mit Wirtschaft und Gewerbe suchen“, kündigte Strasser weiters an.

Europa müsse Sicherheit und den sozialen Frieden mitsichern. In Bürokratie und Subsidiarität müsse Europa schlank sein. Stark müsse Europa die Außengrenzen schützen, das sei 2015 nicht der Fall gewesen. Maßvoll müsse die EU sein, wenn es um Eigentum, Landnutzung und Bewirtschaftung gehe, so Strasser. Die bäuerliche Sozialversicherung leiste Großes, das beweise die neueste LSE-Untersuchung. Über neue Vorschläge könne man reden. „Aber wir werden keinesfalls leichtfertig Errungenschaften opfern, die wir für die Bauern geschafft haben“, versprach der neue Bauernbundchef seinen Mitgliedern.

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Der neue Bauernbundpräsident und seine Vizepräsidenten: Jungbauern-Obmann Stefan Kast, ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger, Bauernbundpräsident Georg Strasser, Bundesbäuerin Andrea Schwarzmann und Franz Reisecker (v.l.)

Forderung nach Herkunftskennzeichnung

„Meine Mama hat immer gesagt, als Bauer bist du dein eigener Herr. Emotional steht aber vielen Bauern das Wasser bis zum Hals“, sagte Strasser. Danach zählte er die einzelnen Agrarbereiche auf, die alle ihren Platz haben müssten, denn alle hätten ihren Sinn. „Ich wünsche mir aber Wertschätzung für unsere Produkte.“ Dahingehend will er an der Herkunftskennzeichnung heimischer Produkte arbeiten. Wertschätzung sei auch wichtig für die öffentlichen Gelder, die die Agrarwirtschaft auch in Gunstlagen brauche.

Die Bünde in der ÖVP seien wie eine „große Familie“, sagte Strasser weiters. „Die Bauernbund-Wahlkampfmaschine ist angeworfen und sie ist zu 100 Prozent für dich da. Mit etwas Glück können wir mit dir in eine bessere Zukunft gehen“, sagte Strasser in Richtung des anwesenden ÖVP-Spitzenkandidaten Sebastian Kurz.

Auer: „Von mir gewollter Generationenwechsel“

„Der Bauernbund vollzieht heute einen von mir gewollten Generationenwechsel“, sagte Jakob Auer in seiner Rede. Das bäuerliche Netzwerk dürfe nicht verloren gehen, etwa indem man sich gegeneinander ausspielen lasse. „Wir müssen nach außen eisern zusammenhalten“, forderte Auer von seinen Standesgenossen. Auer wurde im Zuge der Veranstaltung zum Ehrenpräsidenten des Bauernbundes erklärt.

Das Nationalratsurgestein war seit 2011 - „nach einer überraschenden Nominierung“ - zum Bauernbundpräsident gewählt worden. Er zog nicht nur Bilanz über die sechs Jahre als Präsident, sondern auch über 34,5 Jahre Nationalratsangehörigkeit. „Ich habe 1983 (im Nationalrat, Anm.) begonnen, da war Sebastian Kurz noch gar nicht auf der Welt“, sorgte Auer einen Tag vor Kurz’ 31. Geburtstag für ein paar Lacher unter den mehr als 1.000 Gästen. „Ich habe immer versucht bestmöglich meine Aufgabe zu bewältigen - im Sinne jener, die mich gewählt haben.“

Alles, was er erreicht habe, wollte Auer nicht sagen, dann würde man bis zum Abend nicht fertig. Lieber lobte er die Stimmung, die Kurz in der Partei ausgelöst habe. Für den 15. Oktober rief Auer zu dessen Wahl auf, es handle sich schließlich „auch um eine Kanzlerwahl“. Kritik bekamen im begonnenen Wahlkampf die anderen Parteien ab. Die SPÖ sei im „Steuerrausch“. Alles was Sozialisten vom Geld verstehen würden sei, dass sie es von anderen haben wollten, zitierte Auer Konrad Adenauer. Im FPÖ-Wirtschaftsprogramm finde er nichts Neues, die Grünen seien Regulierungsfanatiker, die NEOS würden die Bauern als privilegiert ansehen.

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ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz (l.) und der neue Bauernbundpräsident Georg Strasser

Kurz: „Wir stehen zum Eigentum“

ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz sprach von der bevorstehenden Nationalratswahl am 15. Oktober als Richtungsentscheidung auch für den ländlichen Raum. Die Grundwerte zwischen den Parteien seien „höchst unterschiedlich“, so Kurz. „Wir stehen zum Eigentum. Wir wollen, dass es Eigentum gibt. Wir wollen sogar, dass es mehr und mehr Eigentümer gibt.“ Eigentum verwurzle und sei die beste Altersvorsorge, so Kurz.

Österreich sei zwar „Gott sei Dank ein Sozialstaat“, aber die langfristige Absicherung müsse überlegt werden. Wer arbeite, dürfe nicht der „Dumme“ sein. Bei der Mindestsicherung und Zuwanderung ins Sozialsystem habe es Fehlentwicklungen gegeben. „Hier müssen wir entgegensteuern.“ Weiters werde die ÖVP „nicht nur im Wahlkampf“ Sicherheit und Migration in den Mittelpunkt stellen. Illegale Migration müsse gestoppt werden. Gefallen findet Kurz im Sinne des ländlichen Raums unter anderem an einer etwaigen Dezentralisierung von manchen Bundesstellen weg von Wien.

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