Berufsverbot für Pfleger wäre möglich gewesen

Nachdem zwei beschuldigte Pfleger aus Kirchstetten (Bezirk St. Pölten) in einem Wiener Heim weitergearbeitet haben, heißt es nun aus dem Gesundheitsministerium: Mit den bestehenden Regelungen wäre ein Berufsverbot möglich gewesen.

Die Vorwürfe gegen die Pfleger waren bereits seit Herbst 2016 durch die mediale Berichterstattung bekannt: Sie sollen teils demente Heimbewohner sadistisch gequält und vernachlässigt haben. Trotzdem haben zwei der fünf Beschuldigten weiter in der Pflege gearbeitet, und zwar in einem Heim in Wien. Dort wusste man von den Vorwürfen nichts, weil seitens der Staatsanwaltschaft in diesem Fall keine Informationspflicht gibt - mehr dazu in Pflegeskandal: Pfleger haben weitergearbeitet (noe.ORF.at; 27.9.2017).

Die Patientenanwaltschaft hatte daraufhin gefordert, dass im Pflegebereich auch ohne Verurteilung vorläufige Berufsverbote ausgesprochen werden können - mehr dazu in Pflegeskandal: Gesetzesänderung gefordert (noe.ORF.at; 27.9.2017).

Berufsverbot bei „Gefahr in Verzug“

Das Gesundheitsministerium stellt nun klar, dass im Rahmen der bestehenden Gesetze ein Berufsverbot für die Verdächtigen ausgesprochen werden hätte können. Die Regelungen seien „möglicherweise nicht ausreichend ausgeschöpft“ worden, heißt es am Sonntag in einer Aussendung. Die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde in Niederösterreich hätte demnach bereits nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe aktiv werden können.

„Die geltenden Berufsgesetze sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz hätten nicht nur die Möglichkeit geboten, die Berufsberechtigung zu entziehen. Per Mandatsbescheid hätte den Beschuldigten wegen Gefahr in Verzug mit sofortiger Wirkung die Berufsausübung untersagt werden können“, wird der zuständige Sektionschef im Gesundheitsministerium, Gerhard Aigner, zitiert. Das sei laut Gesundheits- und Krankenpflegegesetz etwa dann der Fall, wenn die für die Berufsausübung erforderliche Vertrauenswürdigkeit nicht gegeben ist.

Bachinger: Bestehende Gesetzte „zu schwammig“

Anders sieht das der niederösterreichische Patienten- und Pflegeanwalt Gerald Bachinger: Er mache der Bezirkshauptmannschaft keinen Vorwurf, denn die bestehenden gesetzlichen Regelungen seien „zu schwammig“. Es brauche, so wie bei den Ärzten, eine klare rechtliche Grundlage für ein vorläufiges Berufsverbot im Pflegebereich, fordert Patientenanwalt Bachinger im Gespräch mit noe.ORF.at.

Auch der Sprecher der für die Pflegeheime zuständigen Landesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) weist die Darstellung des Gesundheitsminsiteriums zurück. Eine Gesetzesänderung auf Bundesebene sei notwendig, um eine klare rechliche Handhabe zu schaffen.

Informationspflicht für Staatsanwaltschaft gefordert

In einem Schreiben an die Länder will das Gesundheitsministerium jedenfalls über die bestehenden Möglichkeiten aufgeklären, damit sich derartige Vorfälle nicht wiederholen. Zusätzlich begrüße man die aktuelle Diskussion, wonach Staatsanwaltschaften die für die Berufsberechtigung zuständigen Behörden künftig über Strafverfahren und laufende Ermittlungen in Kenntnis setzen müssen. Dadurch könnten die Behörden auch in Fällen tätig werden, über die nicht medial berichtet wird.

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