Grüne kritisieren Nebenwohnsitz-Wahlrecht

Die im Frühjahr im Landtag verabschiedete Reform des Nebenwohnsitz-Wahlrechts in Niederösterreich stößt bei den Landes-Grünen auf massive Kritik. Klubobfrau Helga Krismer sprach von einem „enormen Pallawatsch“.

Die Umsetzung der Wählerevidenzerhebung sei völlig unklar geregelt und daher in den Gemeinden unterschiedlich. Anfechtungen bei der Landtagswahl 2018 seien zu befürchten. Das Gesetz sei schleunigst zu reparieren, verwies Helga Krismer am Freitag in einer Pressekonferenz in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) auf die Möglichkeit dazu in der kommenden Landtagssitzung am 19. Oktober.

Nur Hauptwohnsitzer sollen wahlberechtigt sein

Für die Grünen sei klar: Nur Hauptwohnsitzer sollten wahlberechtigt sein. Die Menschen sollten sich zu Niederösterreich bekennen, forderte sie dazu auf, dass vor allem im Wiener Umland nicht die Frage des Wiener Parkpickerls entscheidend für die Wahl des ordentlichen Wohnsitzes sein sollte.

Die Erhebungsbögen hätten eigentlich bis 30. September ausgefüllt werden müssen. Fast jede Kommune interpretiere das Gesetz anders, verwies die Grüne Landessprecherin darauf, dass manche Gemeinden ihre Zweitwohnsitzer ein Mal, andere aber zwei Mal angeschrieben hätten. Unterschiedlich dabei sei auch die Wahl der Adressen. In Baden, wo Krismer Vizebürgermeisterin ist, habe man versucht, Personen sowohl an ihrem Haupt- als auch Zweitwohnsitz zu erreichen.

Grünen-Kritik: „Bürgern nicht nachstellen“

Blieben Rückmeldungen aus, seien etwa in Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling) und Oberwaltersdorf (Bezirk Baden) Streichungen aus der Wählerevidenz vorgenommen worden. Da es keine Einschreiben gewesen seien, wisse vielleicht so mancher gar nichts davon und habe daher keine Möglichkeit, gegen die Löschung vorzugehen, so Krismer. Sie habe auch von vielen Bürgermeistern gehört, dass diese die Causa gar nicht prüfen wollten, weil das vielmehr Aufgabe der Gemeindewahlbehörde wäre. Juristisch gesehen könnten Behörden Bürgern nicht „nachstellen“, um deren wirtschaftliche oder gesellschaftliche Interessen zu erheben.

In Klosterneuburg sei die Rücklaufquote unter den 5.500 Zweitwählern gering gewesen, erzählte Grün-Gemeinderat Sepp Wimmer. „Bürgernah“ habe sich die Gemeinde-Wahlbehörde jedoch gegen Streichungen entschieden. Das Ganze „muss administrierbar sein“, lautete sein Appell. Kritik gab es zudem an „begrifflich unklaren“ Formulierungen im Erhebungsbogen.

Krismer erinnerte an mehr als 400 Beschwerden beim Verwaltungsgericht Niederösterreich unter anderem bezüglich „Scheinmeldungen“ bei den Gemeinderatswahlen 2015, als es insgesamt rund 300.000 nicht hauptgemeldete Wähler gegeben habe. Bei der Landtagswahl 2013 seien es mit 128.000 Stimmberechtigten elf Prozent Wähler mit Zweitwohnsitzen gewesen - ein Anteil, der wahlentscheidend sein könne, meinte die Klubobfrau, dass es der ÖVP „nur um die Machtfrage“ gehe.

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