Junge Männer wollen wieder öfter zum Heer

Wegen der Sparprogramme hat das Bundesheer eher schwierige Jahre hinter sich. Jetzt geht der Trend wieder in die andere Richtung: Immer mehr Taugliche leisten Präsenzdienst - mit Nachteilen für die Zivildienstorganisationen.

Ein Abbau von bloßen Systemerhaltern, modernere und sinnvollere Ausbildungsmöglichkeiten und massive Investitionen in die Infrastruktur: Die Liste an Forderungen und Versprechen, die 2013 von der Politik vorgestellt wurde, war umfassend. Damals, kurz nachdem sich eine große Mehrheit bei Österreichs erster und bislang einziger Volksbefragung für die Wehrpflicht ausgesprochen hatte, versprach Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) eine großangelegte Wehrdienstreform.

Soldaten

APA / Andreas Pressenlehner

Doch das Bundesheer büßte in den folgenden Jahren ganz im Gegensatz zu den Plänen weitere öffentliche Sympathiepunkte ein. Unter anderem führten massive Sparprogramme dazu, dass sich 2015 in Niederösterreich bereits 43 Prozent der tauglichen jungen Männer für einen Wehrersatzdienst, also eine Stelle als Zivildienstleistender, entschieden - so viele wie nie zuvor.

Trendwende geschafft

Nun, etwa fünf Jahre nach der Volksbefragung und der Wehrdienstreform, stellt sich die Situation erneut anders dar. „Es sieht heute für das Bundesheer um einiges besser aus“, sagt Oberst Wolfgang Kaufmann vom Militärkommando Niederösterreich. Mittlerweile würden sich wieder drei von fünf Tauglichen für den Grundwehrdienst entscheiden - eine Trendwende sei damit geschafft.

Kaufmann begründet die positive Entwicklung mit mehreren internen Verbesserungen: Zum einen sei die Ausbildung mit der Umstellung auf ein neues Modulsystem deutlich attraktiver geworden. Zum anderen habe man in den vergangenen Jahren eine Aufnahmeoffensive für Kader- und Milizsoldaten gestartet. Vor allem dadurch sei auch wesentlich mehr Geld in Werbemaßnahmen für das Bundesheer investiert worden, was sich wiederum positiv auf die Zahl der Rekruten ausgewirkt habe.

Zivildiener Engpass Hollabrunn St. Pölten Grafik

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Die Zahl der Zivildiener ist auch österreichweit betrachtet seit Jahren rückläufig

„Wir haben die Keypoints der Wehrdienstreform umgesetzt und auch etwa sehr viel neues Gerät angeschafft“, so Kaufmann. Nur bei einem Punkt „hapert es noch ein bisschen. Bei der Infrastruktur gibt es noch einen gewissen Nachholbedarf“, gibt der Oberst zu.

Weniger Stellungspflichtige

Die steigende Attraktivität des Präsenzdienstes ist für das Heer schon jetzt von großer Bedeutung, die in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Schließlich wirken sich derzeit besonders geburtenschwache Jahrgänge negativ auf die Zahl der jungen Niederösterreicher aus. So gab es im Jahr 2013 landesweit noch knapp 9.200 Stellungspflichtige, während für 2018 nur noch etwa 7.900 erwartet werden. Davon wiederum ist im langjährigen Durchschnitt knapp jeder Fünfte untauglich. Der deutliche Rückgang bei der Zahl der jungen Männer dürfte sich laut Schätzungen des Bundesheeres in den nächsten zwei bis drei Jahren fortsetzen und erst danach wieder stabilisieren.

Stelungshaus Hesserkaserne

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Junge Niederösterreicher bei der Stellung in St. Pölten

Schwierige Situation für Rotes Kreuz

Mit der zunehmenden Attraktivierung des Grundwehrdienstes bei gleichzeitig immer kleineren Jahrgängen haben dagegen die Trägerorganisationen des Zivildienstes zu kämpfen. Das Rote Kreuz Niederösterreich etwa musste sich im vergangenen Jänner in einer nie zuvor dagewesenen Weise um Zivildienstleistende bemühen - mehr dazu in Dem Roten Kreuz gehen die Zivildiener aus (noe.ORF.at; 26.1.2018).

„Die Situation hat sich Gott sei Dank entspannt“, erklärt Sonja Kellner, Sprecherin des Roten Kreuzes, jetzt. Beim Apriltermin sei es zwar im Vergleich mit den Jänner-, Juli- und Oktoberterminen immer schon schwieriger gewesen, Zivildiener zu finden, doch so schlimm wie heuer sei es noch niemals gewesen. „Im Endeffekt konnten wir aber dank des Aufrufs mehr als zwei Drittel der offenen Positionen besetzen. Die Krise ist damit abgefangen.“ Man werde sich intern jedoch in den nächsten Monaten intensiv mit dem Thema auseinandersetzen müssen, „denn der nächste April kommt bestimmt“, so Kellner.

Felix Novak; noe.ORF.at

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