Missbrauchsvorwurf im Weinviertel

Der Fall einer 40-Jährigen, die als 17-Jährige eine Beziehung mit einem Priester hatte, beschäftigt die Erzdiözese Wien. Die Frau erhebt nun neue Vorwürfe: Sie sei gezwungen worden, die Kinder aus dieser Beziehung zur Adoption freizugeben.

Im Jahr 1996 gab die junge Frau die Zwillinge aus der Beziehung mit dem Priester zur Adoption frei. Der Klasnic-Kommission für kirchliche Missbrauchsfälle gegenüber sagte sie vor wenigen Tagen, dass das nicht aus freien Stücken geschehen sei. Auch sei der Priester damals übergriffig gewesen. Von Seiten der Erzdiözese Wien bestätigt man den Fall und auch, dass man den Priester damals in seinen Funktionen belassen habe, mit der Bedingung, dass er seine Verantwortung der Mutter und den Kindern gegenüber erfüllen müsse. Der Priester habe diese Auflagen erfüllt. Die Freigabe zur Adoption sei auf Anraten des Jugendamtes der zuständigen Bezirkshauptmannschaft geschehen, so Michael Prüller, Sprecher der Erzdiözese. Die staatlichen Behörden hätten damals auch keinen Anlass für eine Anzeige gesehen.

„Drohungen und Einschüchterungen“

Die Aussagen der heute 40-jährigen Frau vor einigen Tagen bei der Klasnic-Kommission zeichnen aber ein anderes Bild. Sie sei zur Freigabe der Kinder gezwungen worden, der Priester habe sie mit Drohungen und Einschüchterungen gefügig gemacht.

Von der „Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt“ kommt dazu heftige Kritik. Die junge Frau sei in einem kirchlich geführten Erziehungsheim in Hollabrunn ständig körperlicher und sexualisierter Gewalt ausgesetzt gewesen. Sie sei von der Kirche gedrängt worden, ihre Kinder zur Adoption freizugeben. Der Priester sei schließlich als Pfarrer in den Süden Niederösterreichs versetzt worden.

Ombudsstelle untersucht den Fall

Die Ombudsstelle der Erzdiözese Wien hat die Untersuchungen wieder aufgenommen, in den nächsten Tagen sollen Gespräche sowohl mit dem Priester – der derzeit in einer Wiener Pfarre für multikulturelle Jugendarbeit zuständig sein soll – als auch mit der Frau geführt werden, um die Sachlage zu klären. Ob es zu Konsequenzen für den Mann kommt, werde vom Ergebnis der Untersuchungen abhängen, sagt Michael Prüller.

Aus heutiger Sicht stelle sich die Frage, ob die Beziehung an sich mit einer Minderjährigen nicht schon als Missbrauch zu werten sei. Kardinal Christoph Schönborn gibt im Blick zurück auf den Fall Fehler zu: „Heute würde wohl rigoroser entschieden werden.“ Schönborn war zum Zeitpunkt des Falls zwei Monate Erzbischof.

Vorwurf zurückgewiesen

Den Vorwurf, dass die Frau von der Kirche dazu gedrängt worden sei, ihre Kinder zur Adoption freizugeben, weist man bei der Erzdiözese zurück. Im Jahr 2008 hätten die Behörden festgestellt, dass es damals keinen Zwang gegeben habe, so Sprecher Michael Prüller. Man werde sich jedenfalls bemühen, der Frau so schnell und wirksam wie möglich zu helfen.