Bürgertheater ohne Stimmen in der Voith Halle

Das Bürgertheater des Landestheaters St. Pölten hat sich in den letzten Jahren etabliert. Heuer wird das Handke-Stück „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ in der Voith Halle aufgeführt. Am Samstag feiert das Stück Premiere.

„Ein bisschen wie ein Wimmelbuch“, beschreibt Regisseurin Nehle Dick ihre Neuinszenierung von Peter Handkes zeitlosem Werk „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“. Ähnlich wie in den beliebten Kinderbüchern wird es auf ihrer Bühne nur so von Details, Menschen und Begegnungen wimmeln.

250 Charaktere mit persönlichen Geschichten

Im Zentrum des Geschehens – wie schon bei der Uraufführung 1992 – ist ein Platz in einer beliebigen Stadt und die Menschen, die ihn zum Leben erwecken. In der Version von Dick ist dieser Ort der Begegnung der St. Pöltner Rathausplatz. Gezeigt werden 250 Charaktere, die in unterschiedlichsten Situationen aufeinandertreffen und ihre ganz persönlichen Geschichten erzählen. Manchmal sind diese Erzählungen ineinander verwoben, andere Male völlig unabhängig.

Bürgertheater

Alexi Pelekanos

Ein buntes Treiben erwartet die Gäste

Um Jung und Alt, Mann und Frau in all ihren Verhaltensweisen und Eigenarten darzustellen, wurde eigens die mobile Drehbühne aus dem Landestheater in eine Produktionshalle des Technologiekonzerns Voith verlegt. Das Publikum nimmt rund um die Bühne auf vier Tribünen Platz und blickt aus allen vier Himmelsrichtungen auf das schnelllebige Schauspiel.

Ein Stück ohne gesprochenes Wort

Eine uneingeschränkte Sicht ist bei dieser Inszenierung auch unverzichtbar, kommt sie doch ganz ohne gesprochenes Wort aus. „Einige unserer Schauspieler waren nach dem Drehbuchlesen verunsichert, wie sie eineinhalb Stunden schweigend auf der Bühne zurechtkommen würden“, erinnert sich Dick.

Drehbühne Bürgertheater

Nehle Dick

Durch den Einsatz einer Drehbühne soll den Zuschauer ein Rundumblick ermöglicht werden

Wenige Tage vor der Premiere ist von diesen Zweifeln nicht mehr viel übrig. Die 55 Laiendarsteller – von denen viele seit Jahren im Bürgertheater mitwirken – arbeiten stattdessen wesentlich intensiver mit Mimik und Gestik, wodurch die emotionalen Szenen sehr authentisch transportiert werden.

Besonders erfreut ist Regisseurin Dick, dass sich in ihrem Ensemble gehörlose Darstellerinnen und Darsteller finden: „Normalerweise arbeiten Gehörlose im Theater stark mit Gebärdensprache, aber dieses Stück ist sozusagen barrierefrei.“ Ganz ohne Tonelemente kommt „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ aber nicht aus. Hintergrundgeräusche und musikalische Begleitung werden die poetisch-absurden Elemente der Aufführung untermalen.

Markus Strohmayer, noe.ORF.at.

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