Erste Einblicke in erstes Gesundheitszentrum

In Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten) eröffnet am 1. Oktober Niederösterreichs erstes neues Gesundheitszentrum. Hier soll es künftig zahlreiche Vorteile für Patienten geben. noe.ORF.at hat sich auf Lokalaugenschein begeben.

Im Wartezimmer wird Zeitung gelesen und getratscht, alle paar Minuten wird ein Patient aufgerufen oder ein Rezept ausgestellt. Hier ist nicht nur ein Arzt tätig, sondern seit vielen Jahren schon teilen sich hier die Mediziner das sogenannte Gesundheitshaus in Böheimkirchen.

Mehr Ärzte und längere Öffnungszeiten

Die Gruppenpraxis existiert bereits seit 15 Jahren und setzte damit in manchen Aspekten bereits das um, was nun Österreichweit angestrebt wird: 75 Primärversorgungseinheiten sollen laut Gesundheitsreform des Bundes bis 2021 etabliert werden, 14 davon in Niederösterreich - mehr dazu in 14 neue Gesundheitszentren werden errichtet (noe.ORF.at; 29.6.2018). Ziel ist es ein Kernteam aus mindestens drei Ärzten mit Berufsgruppen wie Physiotherapeuten, Sozialarbeitern, Hebammen oder Diätologen in einem Gebäude zu vereinen.

Gesundheitszentrum Böheimkirchen

ORF NÖ

Der ärztliche Leiter Christoph Powondra, die Gesundheitslandesrätin (SPÖ) und der Bürgermeister von Böheimkirchen Johann Hell (SPÖ)

Die am Mittwoch präsentierten Pläne für die Einrichtung in Böheimkirchen sehen ein Kernteam aus fünf Ärzten vor, pro Woche soll 55 Stunden offengehalten werden. „Spannend wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit“, sagt Allgemeinmediziner Christoph Powondra gegenüber noe.ORF.at. „Von den anderen Berufsgruppen kann man nur lernen.“ Außerdem gibt der Leiter der Gruppenpraxis zu bedenken, dass die Koordination zu Beginn eine Herausforderung für die Primärversorgungszentren sein kann. „Auch die menschliche Komponente sollte zwischen den verschiedenen Ärzten und den anderen Berufsgruppen, die dann gemeinsam arbeiten, passen.“ Geplant ist, dass die Inanspruchnahme des Primärversorgungszentrums in Böheimkirchen auf die Region begrenzt ist. „Sonst herrsche ein Kapazitätsproblem“, sagt Powondra.

Klassische Arztpraxen sterben immer mehr aus

Mit diesem neuen Modell soll dem Wegfall von vielen kleineren Arztpraxen im ländlichen Raum entgegengewirkt werden. Viele der Hausärzte in Niederösterreich sind im pensionsnahen Alter, übernehmen wollen Jungärzte solche Praxen immer seltener - mehr dazu in Hausärztemangel immer größer (noe.ORF.at; 7.7.2018). Die isolierte Arbeit ohne Kollegen und der unflexible Arbeitsalltage würden für viele dagegen sprechen. Die Folge ist, dass Patienten immer öfter auf die Krankenhaus-Ambulanz ausweichen.

Gesundheitszentrum Böheimkirchen

ORF NÖ

Primärversorgungszentren sollen durch die logistische Aufteilung unter mehreren Medizinern wochentags von 7.00 bis 19.00 Uhr geöffnet haben. Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) spricht von einer „verbesserten Work-Life-Balance für die Ärzte sowie einer bestmöglichen Versorgung für die Menschen." Für den Bürgermeister von Böheimkirchen, Johann Hell (SPÖ), sorge man in der Gemeinde für ein „größeres Angebot und Versorgungssicherheit“.

Als weitere Standorte für neue Gesundheitszentren in Niederösterreich stehen St. Pölten und Schwechat fest. Weitere Standorte stehen laut Königsberger-Ludwig noch nicht fest. Als Pilotprojekte sind zumindest eine Netzwerkvariante und eine Primärversorgungseinheit in der Nähe von oder in einem Landesklinikum geplant. 81 Prozent der Kosten für die Primärversorgungseinheiten übernimmt den Angaben zufolge die Sozialversicherung, 19 Prozent das Land Niederösterreich.

Elena Zeh und Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

Links: