NS-Liederbuchaffäre: Ermittlungen eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt hat die Ermittlungen in der NS-Liederbuchaffäre eingestellt. In der Causa ging es um NS-verherrlichende Texte, die bei der Burschenschaft Germania zu Wr. Neustadt sichergestellt wurden.

In der Liederbuchaffäre ermittelte die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt gegen vier Beschuldigte. Sie zeigten sich für die Zusammenstellung und Illustration der sichergestellten Liederbücher verantwortlich, allerdings sei eine Verjährung eingetreten, so Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt, gegenüber noe.ORF.at: „Das Verfahren wurde aufgrund der eingetretenen Verjährung - da beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre - eingestellt, weil der Verlags- und Ausgabezeitpunkt im Jahr 1997 war.“

Für Anklage fehlten die Beweise

In der Folge hatte die Staatsanwaltschaft gegen unbekannte Täter wegen §§ 3g Verbotsgesetz 1947 und § 293 Abs 1 StGB weiterermittelt. Unter anderem gab es den Verdacht, dass die NS-verherrlichenden Texte in der Burschenschaft Germania zu Wr. Neustadt gesungen wurden. „Da aber keine Beweise für eine propagandistische Wiedergabe der Textpassagen in diesem Liederbuch ermittelt werden konnten, war das Verfahren dann aus Beweisgründen letztlich einzustellen“, so Habitzl.

Außerdem ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Beweismittelfälschung. Grund war, dass einzelne Passagen geschwärzt waren, als sie bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt wurden. Laut Habitzl konnte aber nur noch ein Zeitraum, in dem die Schwärzungen erfolgten, eingegrenzt werden. Dieser Zeitraum sei für eine Anklage zu ungenau gewesen. „Zu den Schwärzungen, die ja auch medial kolportiert worden sind, ist zu sagen, dass eine chemische Analyse es nicht zuließ, den exakten Schwärzungszeitpunkt festzustellen, sodass auch letztlich eine Beweismittelfälschung nicht nachweisbar war“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Landbauer wurde als Zeuge einvernommen

Die Anklagebehörde wies am Freitag zudem darauf hin, dass Udo Landbauer, FPÖ-Spitzenkandidat bei der niederösterreichischen Landtagswahl im Jänner, im Ermittlungsverfahren gegen die für die Zusammenstellung und Illustration der Liederbuchausgabe Verantwortlichen „als Zeuge einvernommen“ worden sei.

„Seitens der Israelitischen Kultusgemeinde Wien wurde gegen ihn im Zusammenhang mit dieser ‚Liederbuchaffäre‘ auch eine Anzeige wegen des Verdachts nach § 3g Verbotsgesetz 1947 eingebracht, diesbezüglich jedoch mangels entsprechenden Anfangsverdachtes von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 35c StAG abgesehen“, heißt es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft, die noe.ORF.at vorliegt.

Wegen der Affäre war Landbauer unmittelbar nach der Landtagswahl zurückgetreten. Er legte damals alle politischen Funktionen zurück und kehrte zuvor auch der Burschenschaft Germania zu Wr. Neustadt den Rücken, deren stellvertretender Obmann er war.

Spekulation über Landbauers Polit-Comeback

Nun könnte jedoch Landbauers Comeback bevorstehen. Walter Rosenkranz, Chef der FPÖ Niederösterreich und FPÖ-Klubobmann im Nationalrat, erklärte erst kürzlich, dass für ihn eine Rückkehr des 32-Jährigen in die Politik nur logisch sei. Der Listenerste bei der Landtagswahl könnte bald die „Spitze des Landtagsklubs“ bilden, sagte der Landesparteiobmann im Gespräch mit den „Niederösterreichischen Nachrichten“.

Als Voraussetzung für ein Comeback Landbauers nannte Rosenkranz, dass das Strafverfahren in der Causa NS-Liederbuch der Germania zur Gänze abgeschlossen ist, was mit der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vom Freitag nunmehr der Fall ist. Seitens der Freiheitlichen war bereits beim Landesparteitag Ende Juni betont worden, dass die Tür für die Rückkehr Landbauers „sperrangelweit offen“ stehe.

Rosenkranz: „Landbauer steht Rückkehr offen“

Mit der Einstellung des Ermittlungserfahrens in der „Liederbuchaffäre“ stehe Udo Landbauer die Rückkehr in die Politik offen, sagte FPÖ-Landesparteiobmann Walter Rosenkranz am Freitag gegenüber noe.ORF.at: „Es ist jetzt jeder Zweifel, jeder Makel von ihm weggenommen worden und die Türen für ein politisches Comeback in der FPÖ Niederösterreich stehen weit offen.“

Laut Rosenkranz muss sich Udo Landbauer jetzt „selbst überlegen“, ob er in die Politik zurückkehren möchte. Aus seiner Sicht sei der 32-Jährige „für die FPÖ Niederösterreich unverzichtbar“. Entscheide sich der freiheitliche Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im Jänner 2018 für eine Rückkehr, werde die Landesgruppe „unmittelbar daran gehen“, wie eine solche technisch ablaufe, so Rosenkranz. Das könnte dann bereits in wenigen Tagen der Fall sein. Der Landesobmann sieht für Landbauer „eine Odyssee vorbei“. Der 32-Jährige sei weiterhin unbescholten, es könne ihm nichts angelastet werden.

Ihm sei immer klar gewesen, dass Landbauer nichts mit der „Liederbuchaffäre“ zu tun habe, reagierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Jetzt sei die „Zeit gekommen“, wo der frühere Mandatar „voll rehabilitiert werden muss“. Ob und wann Landbauer in die Politik zurückkehrt, „entscheidet er selbst“. Hafenecker, der auch noch als niederösterreichischer FPÖ-Landesparteisekretär im Amt ist, würde sich jedenfalls über ein Comeback des Wiener Neustädters „freuen“.

IKG: „Rückkehr ein Zeichen politischer Unreife“

Nach der Einstellung der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt wegen der NS-Liederbücher der Burschenschaft Germania sagte Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG): „Das ändert nichts an der politischen Verantwortung für die Verharmlosung der Schoah und anderen antisemitischen und neonazistischen Texten im offiziellen Liederbuch der Burschenschaft Germania.“

Dass die FPÖ Niederösterreich den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden dieser Burschenschaft zur Rückkehr in die Landespolitik einlädt, sei ein Zeichen politischer Unreife und Geschichtsvergessenheit, so Deutsch: „Seine Rückkehr in die Politik könnte nicht nur dem Ansehen Niederösterreichs, sondern auch der Republik insgesamt schaden.“

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