Ritt ins Innere eines Albtraums: „Die Domäne“

Die gebürtige St. Pöltnerin Christina Gegenbauer inszeniert am Theater Regensburg die deutschsprachige Erstaufführung von „Die Domäne“. Olivier Choinières Stück schildert „einen rauschhaften Ritt ins Innere eines Albtraums.“

„Neues Spiel, neues Glück!“, das verspricht „Die Domäne“. Das Stück des frankokanadischen Autors Olivier Choinière wurde 2012 im Théâtre de Quat’Sous in Montréal uraufgeführt und erlebt nun am Sonntag in der Regie von Christina Gegenbauer die deutschsprachige Erstaufführung am Theater Regensburg. Der Autor erzählt in seinem Stück „von einer Familie, die nach dem tragischen Unfalltod der kleinen Tochter praktisch nicht mehr in der Lage ist, miteinander zu kommunizieren“, so die Dramaturgin Anastasia Ioannidis.

Eine Flucht zum Schrecken hin

Ein virtuelles Spiel, in dem man lernen kann, eine richtige Familie zu sein. Im Milieu einer streng religiösen Dorfgemeinschaft gelten feste Regeln: Gute Taten werden belohnt und Ungehorsam wird bestraft. Seit dem tragischen Unfalltod der kleinen Tochter haben sich Vater, Mutter und Sohn voneinander distanziert. Die Trauer lastet schwer auf ihnen und die Kommunikation versagt.

Als die Eltern vom Verdacht der Schule erfahren, der Sohn könnte Mitschüler zu Gewalt- und Pornografie-Spielen im Internet verführen, loggen sie sich ebenfalls in „Die Domäne“ ein. Hinter den Masken der Avatare trifft die Familie ahnungslos aufeinander. Die digitale Welt des Spiels eröffnet einen Raum für die verdrängten Schuldgefühle, die Wut und den Schmerz, die schonungslos ausgetragen werden. Dabei spielt „das Monster“, ein ungehorsames kleines Mädchen, das gezüchtigt werden muss, um Punkte zu sammeln, eine entscheidende Rolle.

Wenn das Leben aus den Fugen geraten ist

Auf dem Theater wird derzeit viel mit den neuesten virtuellen Technologien und deren Möglichkeiten für die Bühne experimentiert. „Die Domäne“ spielt in einem Computerspiel – für welche Darstellungsweise des virtuellen Raums hat sich die Regisseurin entschieden?

„Bei uns ist der virtuelle Raum analog, er ist haptisch erfahrbar. Ein Ort, an dem sich virtuelle und reale Welt befinden. Diese Gleichzeitigkeit findet auch in unserem Alltag statt. Man kann den abstrakten Bühnenraum als stark vergrößerte Pixel interpretieren. Wie bei einem Foto, in das man ganz stark zoomt, nehmen wir die Gefühle der Figuren unter die Lupe. Man kann den Raum auch als Labyrinth interpretieren, wie das aus den Fugen geratene Leben, in dem man keine Orientierung mehr findet.“

Christina Gegenbauer Regisseurin

Chiara Granacher

Christina Gegenbauer arbeitet an der Schnittstelle zwischen bildender und darstellender Kunst, bei ihren Projekten ist die interaktive Rolle des Publikums ein integraler Bestandteil

Oder als Gummizelle, in der man den Eindruck habe, nicht ausbrechen zu können aus seiner Trauer und Wut, sagt die 30-jährige Regisseurin. „Oder als ganz viele Schachteln, in die man die Erinnerungen packt und wegsperrt. Es gibt noch mehr Interpretationsmöglichkeiten, jede Zuschauerin und jeder Zuschauer wird etwas anderes assoziieren“, meint Gegenbauer.

Zwischen Theater, Performance und Installation

Christina Gegenbauer wurde 1988 in St. Pölten geboren und studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien. Sie inszenierte u.a. am Burgtheater Wien, am Staatstheater Nürnberg, Landestheater Memmingen, Theater Regensburg und Theater Münster, zum Teil auch spartenübergreifend in den Bereichen Performances und Installation.

Ihre 2017 für das Viertelfestival Niederösterreich entstandene Inszenierung von Ödön von Horvaths „Hin und Her“ wurde heuer zu den Ruhrfestspielen Recklinghausen eingeladen. Christina Gegenbauer ist seit 2017 Regieassistentin am Burgtheater Wien, im Frühjahr 2019 ist im Vestibül ihre Inszenierung von Dennis Kellys „Waisen“ zu sehen.

Die Bühnenmusik zu „Die Domäne“ stammt von Matthias Jakisic. Der 41-jährige gebürtige St. Pöltner ist seit 2010 Komponist und Musiker am Wiener Burgtheater. Jakisic wirkte bisher bei mehr als 90 Tonträgern mit und schrieb etwa 40 Theatermusiken.

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