Wie sich Elektroautos im Alltag schlagen

Der Umstieg auf erneuerbare Energien verändert auch das Autofahren. In Niederösterreich gibt es 5.500 neu zugelassene Elektroautos. Bei einem Feldversuch in Seitenstetten (Bezirk Amstetten) wurde der elektromobile Alltag getestet.

Die Lehensiedlung am Ortsrand von Seitenstetten ist eine tpyische Einfamilienhaussiedlung in Niederösterreich. 18 Haushalte mit 28 Bewohnern haben hier an einem Feldversuch der Energie- und Umweltagentur des Landes (enu) teilgenommen. Sie bekamen für den Zeitraum von sechs Wochen ein Elektroauto samt Ladestation zur Verfügung gestellt. Die Vorgabe: alle Wege nach Möglichkeit elektrisch zurücklegen.

Elektroauto Seitenstetten

ORF

„Wir sind mit einigen Nachbarn gemeinsam in die Kremser Gegend gefahren, um drei Autos abzuholen“, erzählt Lucia Deinhofer, eine der Teilnehmerinnen. „Wir hatten große Sorge, ob es sich ausgeht mit der Reichweite, dass wir von Krems wieder heimkommen. Daher haben wir sicherheitshalber bei der Tankstelle eine Pause eingelegt, das Auto aufgeladen, einen Kaffee getrunken und sind dann im Konvoi nach Hause gefahren.“ Diese Bedenken hat sie heute - nach dem Feldversuch - nicht mehr: „Für mich sind die Bedenken ausgeräumt worden, weil wir zum einen fast nur Kurzstrecken fahren und weil die neuen E-Autos viel größere Reichweiten haben.“

„E-Auto deckte 90 Prozent der Fahrten“

Ziel des Feldversuchs war es einerseits, zu untersuchen, wie die Elektroautos von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern angenommen werden. „Es wurde irrsinnig viel gefahren“, sagt Projektleiter Franz Angerer, er leitet das Sachgebiet Energie und Klima beim Land Niederösterreich. „Die Leute waren imstande, fast 90 Prozent ihres Bedarfes, ihrer Fahrleistung, elektrisch zu decken. Das heißt, E-Autos haben heute schon das Potenzial, einen großen Teil der Mobilität zu decken.“

Das zweite Augenmerk wurde bei dem Feldversuch darauf gelegt, die bestehende Netzinfrastruktur in der Praxis zu testen. Die größte Belastung findet am Abend statt, wenn die Leute von der Arbeit nach Hause kommen und jeder sein E-Auto für den nächsten Tag laden möchte. Darauf wurde reagiert: „Wir haben bei unserem Versuch Ladestationen entwickeln lassen, die das Netz schützen können. Das hat gut funktioniert. Wenn zu viele Fahrzeuge gleichzeitig laden wollten, dann wurde die Leistung gedrosselt und die Ladedauer etwas verlängert. Das ist aber niemandem ernsthaft aufgefallen. Die Autos waren am nächsten Morgen alle voll geladen“, sagt Angerer.

Seitenstetten setzt auf E-Car-Sharing

Die Teilnehmer aus der Lehensiedlung haben sich bis heute zwar noch kein eigenes Elektroauto angeschafft, einige nehmen allerdings am E-Car-Sharing-Projekt der Gemeinde Seitenstetten teil. Ein Elektroauto parkt beim Gemeindeamt und kann online über ein Buchungssystem reserviert werden. Aktuell gibt es 14 Teilnehmer, die seit April 2018 bis Oktober rund 7.000 Kilometer mit dem Fahrzeug gefahren sind, heißt es seitens der Gemeinde. Private zahlen für das E-Car-Sharing zehn Euro pro Monat, Vereine 25 Euro. Pro gefahrener Stunde wird zusätzlich ein Euro verrechnet, pro gefahrenem Kilometer zehn Cent. Seitenstetten ist eine von rund 80 Gemeinden in Niederösterreich, in denen ein E-Car-Sharing angeboten wird.

Elektroauto Seitenstetten

ORF

EMMA heißt das E-Car-Sharing-Projekt in Seitenstetten: Elektro Mobilität Miteinander Anwenden

Auf den Straßen sieht man den Elektrotrend jedenfalls noch nicht. Österreichweit wurden im ersten Halbjahr 2018 rund 275.000 Pkw neu zugelassen, 4.500 davon waren Elektroautos, was einem Anteil von 1,6 Prozent entspricht. „All jene, die damit fahren, sind begeistert. Was es braucht sind Angebote“, sagt Franz Angerer, Leiter des Sachgebiets Energie und Klima beim Land Niederösterreich. „Es gibt kaum Fahrzeuge auf dem Markt. Wenn Sie sich heute ein normales Elektroauto kaufen, haben Sie bei fast allen Händlern zwölf Monate Lieferzeit. Das ist für fast alle Käufer zu viel. Wenn wir ausreichend Angebote hätten, würden sich Elektroautos sehr viel schneller verbreiten.“

Nächster Feldversuch startet in Echsenbach

Ein weiterer E-Mobilitäts-Feldversuch der Energie- und Umweltagentur startet am 2. November in Echsenbach (Bezirk Zwettl) in der Sonnenhang- und Hartl-Haus-Straße. 24 Haushalte nehmen daran teil. „Der Versuch in Echsenbach findet in der kalten Jahreszeit statt. Es gibt dort viele Wärmepumpen, das heißt, das Netz wird deutlich mehr belastet“, sagt Angerer. „Wir haben aber neu entwickelte Ladestationen, die noch besser sein sollen und die elektrische Energie noch gerechter verteilen sollen.“

Der Elektroauto-Feldversuch in Echsenbach läuft bis 11. Jänner 2019. Darüber hinaus ist ein weiterer Testbetrieb in einer Siedlung in Obersiebenbrunn (Bezirk Gänserndorf) in Planung, bei dem die Auswirkungen von Elektromobilität im kommunalen Wohnbau untersucht werden sollen.

Links: