„Straflager“: Neue Asylunterkunft ist umstritten

Die Unterkunft für auffällige, unbegleitete Minderjährige in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) ist umstritten. Laut Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) biete man „Ordnung und Struktur“. Die NGO asylkoordination spricht von „Straflager“.

Laut Waldhäusl ist der Probebetrieb in Drasenhofen erfolgreich angelaufen. 14 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge sind bereits im neuen Quartier untergebracht. „Für uns ist wichtig, jetzt Erfahrungswerte zu sammeln. Immerhin ist es erstmalig, dass eine derartige Unterkunft installiert worden ist, in drei bzw. sechs Monaten werden die Erfahrungen evaluiert", teilte Waldhäusl am Donnerstag in einer Aussendung mit.

Asylkoordination: Flüchtlinge „unter Hausarrest“

Schwere Kritik kommt indessen von der NGO asylkoordination österreich. Niederösterreich verstoße mit der Internierung von Flüchtlingskindern gegen internationales Recht, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung. Kinderrechte würden mit Füßen getreten. „Minderjährige Asylwerber werden über Anordnung des Landesrates in ein Quartier an der tschechischen Grenze gebracht und stehen dort quasi unter Hausarrest“, sagte Anny Knapp, Obfrau der asylkoordination. Die Unterkunft sei „mitten im Nirgendwo“, mehr als zwei Kilometer außerhalb von Drasenhofen und „umzäunt“.

Wie diese Woche bekanntgegeben wurde, wird die neue Flüchtlingsunterkunft rund um die Uhr von Sicherheitspersonal und Hunden bewacht. Außerdem sollen für die Bewohner strenge Ausgehzeiten gelten - mehr dazu in „Auffällige Flüchtlinge“ ziehen nach Drasenhofen (noe.ORF.at; 27.11.2018).

Karte von Drasenhofen

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Waldhäusl: „Gewisses Maß an Ordnung und Struktur“

Die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen in Drasenhofen sind laut Waldhäusl dazu gedacht, dass Konflikten der Asylwerber untereinander rascher begegnet werden könne. „Schließlich sind beispielsweise notorische und potenzielle Unruhestifter darunter, die schon in anderen Unterkünften anderen Mitbewohnern und Betreuern das Leben schwer gemacht haben. Jugendliche eben, die zwar immer auf ihre Rechte gepocht, aber ihre Pflichten grob vernachlässigt haben“, so Waldhäusl. „In Drasenhofen soll daher ein gewisses Maß an Ordnung und Struktur geboten werden, wie das ja auch bei unseren einheimischen, schwer erziehbaren Jugendlichen der Fall ist.“

NGO will Sachverhaltsdarstellung einbringen

Laut asylkoordination österreich stellt sich die Frage, ob solche Bedingungen nicht den Tatbestand des rechtswidrigen Freiheitsentzugs erfüllen. Laut der NGO sollen Betroffene nämlich erzählt haben, maximal eine Stunde Ausgang am Tag zu haben und ohne Erlaubnis und Begleitung durch einen Security-Mitarbeiter nicht einmal in den Garten gehen zu dürfen. Man überlege daher, eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft einzubringen, hieß es.

Auch an die niederösterreichische Landesregierung erging seitens der asylkoordination die Aufforderung, das Quartier umgehend zu schließen und die Jugendlichen zurück in ihre bisherigen Unterkünfte zu bringen. „Wir sehen das Kindeswohl in Drasenhofen massiv gefährdet“, schrieb die Organisation. Die Kinder- und Jugendhilfe müsse „sofort einzuschreiten“.

Wie am Donnerstagabend bekanntwurde, ist die niederösterreichische Kinder- und Jugendanwaltschaft mittlerweile bereits in den Fall involviert. „Wir überprüfen im Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten“, sagte Leiterin Gabriela Peterschofsky-Orange gegenüber dem „Kurier“. „Was wir bis jetzt gehört haben, scheint es nicht den Kinderrechten zu entsprechen.“ Auch die Volksanwaltschaft teilte laut dem „Kurier“-Bericht mit, dass sie bereits eine Prüfung eingeleitet habe.

Kritik auch von der SPÖ

Auch die Integrationssprecherin der SPÖ Niederösterreich, Landtagsabgeordnete Kathrin Schindele, meldete sich am Donnerstag zu Wort. Sie verurteile „die dortigen Gegebenheiten mit Stacheldrahtzaun und privatem Wachhund aufs Schärfste“, sagte sie in einer Aussendung. Eine solche Internierung sei „unmenschlich“ und ein Armutszeugnis für das Bundesland, hieß es in der Aussendung weiter.