Kritik an Asylquartier Drasenhofen reißt nicht ab

Eine „Schande“, „kein Gefängnis“, „rechtswidrig“ - das Asylheim für Minderjährige in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) wird von vielen Seiten kritisiert. Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) versteht die Aufregung „überhaupt nicht“.

Bereits am Donnerstag sorgte die Asylunterkunft in Drasenhofen, in der seit Kurzem 14 „auffällige“ unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge untergebracht sind, für heftige Diskussionen. Die NGO asylkoordination österreich sprach etwa von einem „Straflager“ - mehr dazu in „Straflager“: Neue Asylunterkunft umstritten (noe.ORF.at; 29.11.2018). Am Freitag meldete sich schließlich auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Rande einer Pressekonferenz in Korneuburg zu Wort. Das Asylquartier sei kein Gefängnis, und daher habe dort auch Stacheldraht nichts verloren, sagte sie.

Asylquartier in Drasenhofen

ORF / Rohrhofer

Das neue Asylquartier für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist mit Stacheldrahtzaun gesichert

Mikl-Leitner: Stacheldraht hat dort „nichts verloren“

Ähnlich äußerte sich Mikl-Leitner auch auf Facebook. „Die niederösterreichische Kinder- und Jugendanwaltschaft prüft die Unterbringung, und das ist gut so. Eines steht aber jetzt schon fest: Diese Unterkunft ist kein Gefängnis, und daher hat ein Stacheldraht dort sicher nichts verloren“, schrieb Mikl-Leitner auf ihrer Facebook-Seite. In Korneuburg fügte sie außerdem hinzu, dass es ihr wichtig sei, „dass Flüchtlinge gut untergebracht sind“. Angesprochen auf Aussagen Waldhäusls, dass er für „Ruhe und Ordnung“ sorgen und sich nicht mit jenen absprechen müsse, die 2015 die Flüchtlinge ins Land gelassen hatten, meinte Mikl-Leitner, Waldhäusl merke offensichtlich, „dass er überzogen hat“, da lege sie nicht jedes Wort auf die Waagschale.

Waldhäusl versteht Aufregung „überhaupt nicht“

Waldhäusl verteidigte im Ö1-Morgenjournal sein Vorgehen und sagte, dass die Unterkunft dem Schutz der untergebrachten Jugendlichen diene. Die allgemeine Aufregung verstehe er „überhaupt nicht“, stellte der Freiheitliche klar. Untergebracht seien „notorische Unruhestifter, die in jedem Quartier in Niederösterreich für Probleme gesorgt haben und auffällig wurden“. Gelehrt werden solle, sich zu benehmen und „dass man nicht alles mit Gewalt austrägt“. All jene, die sich jetzt beschweren würden, können sich gerne bei ihm melden und „zwei, drei mit nach Hause nehmen“, so Waldhäusl.

Es seien nicht alle Menschen immer der Meinung, „dass das lauter liebe Kerle sind und dass die ungefährlich sind“, es gebe auch „Menschen, die hier anders denken“, so Waldhäusl. Zum Schutz der im Quartier wohnenden Jugendlichen habe man einen Zaun errichtet, „damit nicht jeder hier auch eindringen kann“. Es gehe darum, ein geordnetes Miteinander mit der Bevölkerung sicherzustellen.

Karte von Drasenhofen

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Waldhäusl: „Muss mit niemandem etwas absprechen“

Freiheitsentzug gibt es laut Waldhäusl in der Unterkunft aber keinen. „Die Jugendlichen können sowieso raus. Jeder, der rausmöchte kann rausgehen, aber in Begleitung“, sagte der Landesrat. Das sei nichts anderes als eine Art Hausordnung, die es in vielen Heimen gebe, auch für österreichische Jugendliche.

Auf die Frage, ob er die volle Rückendeckung Mikl-Leitners habe, sagte Waldhäusl: „Ich bin verantwortlich in diesem Bereich und brauche mit niemandem etwas absprechen.“ Auch nicht mit „jenen Menschen, die dafür verantwortlich sind, dass damals die Jugendlichen überhaupt nach Österreich gekommen sind“, so Waldhäusl. Er müsse vielmehr „für Ruhe und Ordnung sorgen“.

Unterkunft laut Waldhäusl „kein Gefängnis“

Bei einer Pressekonferenz am Freitagvormittag sprach sich Waldhäusl außerdem klar gegen Gefängnisvergleiche wie jenen von Mikl-Leitner aus. „Wer sagt, dass das ein Gefängnis ist, war wahrscheinlich schon lange nicht mehr dort“, sagte er. Der Stacheldraht sei über dem mobilen Zaun angebracht worden, um die Bewohner zu schützen, sagte der Freiheitliche einmal mehr. „Menschen wollten von außen drüberklettern“, gleich am ersten Tag habe es jemand versucht. Der Stacheldraht werde bleiben, bekräftigte Waldhäusl.

Asylquartier in Drasenhofen

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Das Asylquartier gerät derzeit nicht aus den Schlagzeilen

Eigentlich ging es bei der Pressekonferenz des Landesrates um ein neues Konzept für den Asylbereich, das 2019 eingeführt werden soll. Dazu sagte Waldhäusl, dass nach Abschluss der Evaluierungsphase „dort, wo es notwendig ist, Gesetzesänderungen vorgenommen werden“ sollen. Außerdem stellte er eine Anpassung des Grundversorgungsgesetzes in Aussicht.

In Bezug auf Drasenhofen versicherte er bei der Pressekonferenz einmal mehr, dass die Jugendlichen in Begleitung das Gelände verlassen könnten. Sieben Bewohner seien bereits untergetaucht. „Die sind in Begleitung raus, in ein Taxi gestiegen und weggefahren. Wir geben sie danach zur Fahndung aus, wenn sie aufgegriffen werden, werden sie zurückgebracht“, so Waldhäusl, der angab, dass aktuell zwölf Personen im Quartier untergebracht seien.

Kritik von SPÖ, Grünen und NEOS

Die für Kinder- und Jugendwohlfahrt zuständige Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) kritisierte am Freitag, dass sie in die Pläne für Drasenhofen nicht eingebunden wurde. Während Waldhäusl für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig ist, verwantwortet Königsberger-Ludwig den Bereich der Aufsicht. Die aktuellen Medienberichte finde sie „sehr besorgniserregend“, sie habe Waldhäusl deshalb aufgefordert, ihr „umfassende Informationen zu der Unterkunft zu geben“, so Königsberger-Ludwig.

Asylquartier in Drasenhofen

ORF / Rohrhofer

Zwölf junge Flüchtlinge sind derzeit in der Unterkunft in Drasenhofen untergebracht

Die niederösterreichischen Grünen kündigten am Freitag indessen an, in der nächsten Landtagssitzung einen Misstrauensantrag gegen Waldhäusl stellen zu wollen. Laut Landessprecherin Helga Krismer erinnert das Vorgehen Waldhäusls „an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte“. Den Misstrauensantrag wolle man so lange stellen, bis die Landeshauptfrau „aufwacht“ und „der rechtswidrigen Politik eines Landesrates Waldhäusl auf den Köpfen der Minderjährigen ein Ende bereitet wird“, so Krismer.

Laut NEOS-Landessprecherin Indra Collini habe man in Niederösterreich „die nächste Stufe der Verrohung“ erreicht. Dass Minderjährige in „einer Art Straflager“ festgehalten werden verstoße gegen österreichisches und internationales Recht und sei ein Armutszeugnis, „für das die FPÖ ebenso die Verantwortung trägt wie die ÖVP“, so Collini.

Hofer geht von Gesetzeskonformität aus

Auch FPÖ-Vizeparteichef und Verkehrsminister Norbert Hofer meldete sich am Freitag zu Wort. Er geht davon aus, dass das wegen des Stacheldrahtzauns umstrittene Asylquartier in Drasenhofen gesetzeskonform ist. „Ich gehe davon aus, dass Landesrat Gottfried Waldhäusl verantwortungsvoll agiert und dass die Unterkünfte so gestaltet sind, wie es den Vorschriften entspricht“, sagte Hofer am Freitag in Brüssel.

Er habe diese Unterkunft noch nicht gesehen, auch keine Aufnahmen davon, so Hofer, aber „Gottfried Waldhäusl ist einer, der oft polarisiert, aber der auch gesetzestreu ist. Davon gehe ich aus“, verteidigte er seinen Parteikollegen.

Bürgermeister: „Schande für Österreich“

Drasenhofens Bürgermeister Reinhard Künzl (ÖVP) sprach im Ö1-Morgenjournal davon, dass die Unterkunft an der tschechischen Grenze eine „Schande für Österreich“ sei. „Es wird jeder denken: Wenn ich einen Stacheldraht sehe, dann sind das Verbrecher.“ Das seien die Jugendlichen aber nicht, sonst wären sie verurteilt „und sitzen irgendwo in einem Gefängnis“, so Künzl.

Asylquartier in Drasenhofen

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Beim Asylheim in Drasenhofen gelten strenge Sicherheitsvorkehrungen

Kritik seitens mehrerer Parteien und NGOs

Auch vom ehemaligen Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Christian Konrad, kam am Freitag Kritik. „Ich glaube, der Mann ist überfordert“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz. Man könnte über die Ressortverteilung sprechen, regte Konrad an.

NEOS-Integrationssprecherin Stephanie Krisper sprach in einer Aussendung von „massiver Menschenrechtsverletzung“. Die FPÖ zeige ihr wahres, „fremdenfeindliches Gesicht“. Das Quartier ist laut NEOS sofort zu schließen.

„Überforderung“ bei Waldhäusl ortete auch Alma Zadic, Menschenrechtssprecherin von Jetzt. Waldhäusl sei ein „rechts-rechter Politrabauke und Hetzer“, so Zadic, die den Rücktritt des Landesrates forderte.

Auch Caritas-Wien-Generalsekretär Klaus Schwertner trat für die Schließung der Unterkunft ein. Das Einsperren und Bewachen von Jugendlichen „erinnert an autoritäre Regime und dunkle Zeiten unserer Geschichte“. „Die Internierung tritt die Kinderrechte mit Füßen, widerspricht jeglicher Menschlichkeit und ist ein Schandfleck für Österreich“, so das Don Bosco Flüchtlingswerk in einer Aussendung.

Justizminister will sich nicht vorschnell äußern

Vorerst nicht äußern wollte sich ÖVP-Justizminister Josef Moser. Er könne eine Beurteilung „nicht treffen“, weil er die entsprechenden Unterlagen nicht habe, sagte Moser am Freitag am Rande einer EU-Justizkonferenz in Wien vor Journalisten. „Ich kenne den Sachverhalt nicht.“ Die Justiz sei „immer eine, die unabhängig agiert, die sachkompetent agiert“, sagte Moser. „Bevor man einen Sachverhalt tatsächlich beurteilen kann, ist eine Aussage eine vorschnelle Aussage und würde genau das beeinträchtigen, was die Justiz nicht haben will, nämlich dass man voreingenommen und nicht ausgehend von Fakten seine Entscheidungen trifft.“

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