Gutenstein bekommt ein Dorf im Ort

Ein autarkes Dorf innerhalb eines Ortes bauen - mit dieser Idee möchte eine Gruppe junger Menschen Gutenstein (Bezirk Wiener Neustadt) zu neuem Glanz verhelfen. Die Einwohner stellen alle benötigten Ressourcen selbst her.

Auf einer großen Wiese hinter dem ehemaligen Wirtshaus „Gutensteinerhof“ sollen Einfamilienhäuser und Wohnwagen entstehen. Strom produzieren die Photovoltaikanlagen auf den Dächern, das genutzte Wasser wird von Pflanzenanlagen gereinigt und gefiltert. Zwischen den Häusern und Wohnwagen wächst auf den Beeten Gemüse. Das ist die Idealvorstellung von Theresa Steininger und ihrem Team.

Autarkie für Strom, Wasser und Wärme

Die 28-Jährige zog Anfang Oktober mit elf Gleichgesinnten in den verlassenen „Gutensteinerhof“. Dort wird seitdem am eigenen Dorf getüftelt. Das ehemalige Gasthaus soll ein Dorfzentrum werden. Rundherum möchte Steininger leerstehende Flächen und Wohnungen mieten und dem Ort neues Leben einhauchen.

Gutenstein - Projekt "Wir bauen ein Dorf"

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Auf dieser Wiese soll ein Großteil des Dorfes entstehen

Die gebürtige Kremserin ist ambitioniert. Den Standort ihres Unternehmens „wohnwagon“ verlegte sie von Wien nach Gutenstein. In ihrem Baumeisterbetrieb werden Wohnwagen gebaut - und das möglichst autark und natürlich. „Wir wollen den Wohnraum aufs Wesentliche reduzieren. Dafür entstehen im Dorf viele große Flächen, die man gemeinsam nutzen kann“, sagt Steininger gegenüber noe.ORF.at.

Gutenstein - Projekt "Wir bauen ein Dorf"

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Die Wohnwagen funktionieren bezüglich Wärme, Energie und Wasser autark

Neue Impulse für Ortsbelebung

Ihr geht es um geschlossene Kreisläufe und erneuerbare Energie. Das Wohnen soll die Natur so wenig wie möglich verschmutzen. Deswegen werden die Wohnwagen beispielsweise extern mit Wasser versorgt, das Gründach ist der Kanalersatz und reinigt das Wasser, damit es etwa zum Gießen verwendet werden kann. Zu einem Umzug in dieses autarke Dorf haben sich bis jetzt 40 Menschen bei Theresa Steininger gemeldet. Es gehe um einen natürlichen, aber nachhaltigen Zuzug.

Einer der größten Unterstützer ist Gutensteins Bürgermeister Michael Kreuzer (Liste GFG - Gut für Gutenstein). Gutenstein sei eine klassische Absiedelungsgemeinde. Mit dem Dorfprojekt könne man den Ort wiederbeleben, sagt er: „Es kommen neue Einwohner, junge Familien. Das macht einen Ort aus. Und wir wollen hier neue Wege gehen und nachhaltige Kreisläufe etablieren.“

Gutenstein - Projekt "Wir bauen ein Dorf"

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Für das Dorf werden verlassene Häuser und Wohnungen saniert. Die Einwohner können sich mit Gemüsebeeten und Obstbäumen selbst versorgen.

Einheimische investieren in Dorfprojekt

Früher sei das ja normal gewesen, sagt Kreutzer: „Das Fleisch beim Fleischhauer im Ort kaufen, das Brot vom Bäcker im Ort. Und die haben ihre Lebensmittel wiederum von Bauern aus der Umgebung. In den 1970er und 80er Jahren war das so.“ Auch das Dorfprojekt erinnert an eine Kommune aus dieser Zeit. Das soll es aber nicht sein, sagt Dorfgründerin Steininger: „Jeder kann an den gemeinschaftlichen Projekten so viel teilnehmen, wie er möchte. Das ist kein Zwang, sondern ein Angebot für den Zusammenhalt im Dorf. Es soll eine Vielfalt an Einwohnern werden.“

300.000 Euro möchte Steininger für den Umbau des „Gutensteinerhofs“ in ein Dorfzentrum bis März gesammelt haben. Mit der Form einer Genossenschaft soll das Areal allen gemeinsam gehören. Die Hälfte der Finanzierung für den Umbau kam bereits von unterschiedlichen Investoren. Einer davon ist Fritz Fischer. Der gebürtige Gutensteiner legte sein Geld im Dorfprojekt an: „Wir teilen das Schicksal so vieler Gemeinden. Die ganze Infrastruktur ist verschwunden, und plötzlich ist eine Gegenbewegung da, die dem Ort nach einer langen Zeit des ständigen Abstiegs wieder Schwung geben kann.“

Nina Pöchhacker, noe.ORF.at