Kriminalität nimmt neue Formen an

Die Kriminalität in Niederösterreich hat sich in den vergangenen zehn Jahren massiv verändert. Laut dem Landeskriminalamt geht die Zahl der Einbrüche und Morde zurück, der Internetbetrug ist hingegen im Vormarsch.

Morde, Einbruchsdelikte und andere Kriminalfälle bestimmen die tägliche mediale Berichterstattung. Dabei geht die Zahl der Gewaltdelikte zurück. 2008 wurden 5.032 Gewalttaten angezeigt, 2017 waren es 4.640. Gleichzeitig steigt die Aufklärungsquote: 2008 konnten 39,9 Prozent aller Kriminalfälle in Niederösterreich geklärt werden, 2017 waren es 50,8 Prozent. Bei Gewaltdelikten ist die Aufklärungsquote mit mehr als 90 Prozent in Niederösterreich besonders hoch.

Die Kriminalität hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich gewandelt. „Wir haben einen starken Zuwachs, was Internetkriminalität und echte Cyberdelikte betrifft“, sagt der Leiter des Landeskriminalamts Niederösterreich, Omar Haijawi-Pirchner, im Interview mit noe.ORF.at.

noe.ORF.at: Wie hat sich die Kriminalität in Niederösterreich in den letzten zehn Jahren konkret gewandelt?

Omar Haijawi-Pirchner: Große Veränderungen gibt es im Bereich der Einbruchskriminalität. Wir verzeichnen hier sehr starke Rückgänge, vor allem beim Wohnhauseinbruch. Hier haben wir aktuell einen Rückgang von 43 Prozent.

noe.ORF.at: Im Gegenzug hat es die Polizei nun mit einem anderen Phänomen zu tun: der Kriminalität im Internet.

Haijawi-Pirchner: Ja, wir haben in den letzten Jahren einen starken Zuwachs, was Internetkriminalität und echte Cyberdelikte betrifft. Man unterscheidet zwei Bereiche, einerseits die Cyberkriminalität im echten Sinn, darunter kann man sich Angriffe auf Computersysteme vorstellen, man redet hier sehr oft vom Hackingangriff - das ist echte Cyberkriminalität. Zum anderen reden wir von Internetkriminalität, hier ist der Internetbetrug federführend.

Internet Kriminalität

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Der Leiter des Landeskriminalamts Niederösterreich, Omar Haijawi-Pirchner

noe.ORF.at: Was kann man sich unter Internetbetrug vorstellen?

Haijawi-Pirchner: Klassisch ist der Betrug auf diversen Verkaufsplattformen. Wenn zum Beispiel ein Anbieter von Waren um Zahlung ersucht und sobald das Geld auf seinem Konto eingelangt ist, werden die Waren nicht geliefert.

noe.ORF.at: 2008 gab es 389 Anzeigen wegen Internetbetrugs in Niederösterreich, zehn Jahre später waren es bereits 2.000. Auch im Bereich Cyberkriminalität verzeichnet man enorme Zuwächse. Wie stellen sich die Ermittler darauf ein?

Haijawi-Pirchner: Die Ermittlungen laufen im Bereich der Cyberkriminalität natürlich anders ab. Vieles passiert vom Computer aus. Wir setzen hier stark auf internationale Vernetzung im europäischen Raum und den Austausch mit europäischen Ermittlungsbehörden, wo es sehr viel Erfahrung in diesem Bereich gibt. Gleichzeitig versuchen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer zu schulen, weil Cyberkriminalität auch einem stetigen Wandel unterliegt.

Internet Kriminalität

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Internetkriminalität wird zur großen Herausforderung

noe.ORF.at: Wenn man von sogenannten Homeinvasions, also Raubüberfällen in Häusern oder Wohnungen hört, hat man den Eindruck, dass die Täter immer brutaler werden?

Haijawi-Pirchner: Brutale Täter gab es auch schon vor zehn, 20 Jahren, aber natürlich ist dieses Phänomen ‚Homeinvasion‘ eines, das man verstärkt wahrnimmt, auch wenn die Statistik aussagt, dass es in diesem Bereich nicht mehr wird. Aber diese Täter, die diese Homeinvasions, also die Raubüberfälle an Personen im eigenen Heim, im eigenen Haus, in der eigenen Wohnung begehen, sind sehr brutal. Wir stellen hier schon fest, dass sehr häufig überreagiert wird, das heißt die Täter setzen auch Gewalttaten, die eigentlich gar nicht erforderlich wären, um an das Hab und Gut der Opfer heranzukommen.

noe.ORF.at: Anfang Jänner 2019 ereigneten sich in Niederösterreich innerhalb von nur 24 Stunden gleich zwei Mordfälle. Werden diese Delikte häufiger?

Haijawi-Pirchner: Nein. Beziehungstaten werden in letzter Zeit natürlich stark wahrgenommen, weil es medial auch so dargestellt wird. Aber wenn wir uns die Statistik ansehen, dann sehen wir doch, dass Beziehungstaten nicht mehr werden.

Das Gespräch mit Omar Haijawi-Pirchner führte Doris Henninger, noe.ORF.at

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