Primärversorgung: 14 Zentren geplant

14 Primärversorgungszentren sollen 2021 in Niederösterreich die Gesundheitsversorgung stärken. Das System der klassischen Hausärzte sollen sie aber nicht ersetzen, hieß es in St. Pölten bei der Eröffnung des landesweit zweiten Zentrums.

In St. Pölten arbeiten seit Jahresbeginn drei praktische Ärzte und 22 Mitarbeiter unter einem Dach. Das neue Primärversorgungszentrum ist eines der ersten seiner Art. Es repräsentiert ein Konzept, das in der Politik seit Jahren ein Hoffnungsträger für die Gesundheitsversorgung der Zukunft ist. Die Einrichtung in St. Pölten verbindet die klassischen Leistungen eines Hausarztes mit Kassenvertrag mit den Aufgaben einer Akutambulanz. „Hausarzt plus“, sagt Rafael Pichler, einer der drei Allgemeinmediziner, die sich gemeinsam an das Projekt heranwagten.

Primärversorgung St. Pölten Pressekonferenz

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Das Primärversorgungszentrum St. Pölten ist eines der ersten seiner Art

„Wir haben etwa auch einen Diätologen im Haus. Wir können Physiotherapie für die Akutversorgung anbieten, bis ein Physiotherapieplatz zur Verfügung steht“, so Pichler. Im Bereich der mentalen Gesundheit gebe es sowohl psychotherapeutische Angebote als auch Sozialarbeiter, „und als Novum sogenanntes Case and Care Management, was so viel bedeutet wie Sozialarbeit mit Schwerpunkt Pflege“, erklärt Pichler.

Medizinischer Nahversorger in St. Pölten

Das neue Gesundheitszentrum liegt mitten im St. Pöltner Gewerbegebiet im Südosten der Landeshauptstadt. Trotzdem sei es als medizinischer Nahversorger geeignet, versichert der St. Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ): „Beide Stadtteile wachsen: Harland im Süden, Stattersdorf im Norden. Das neue Zentrum ist genau in der Mitte. Einen besseren Standort dafür kann man nicht finden.“

Ein Vorteil der Primärversorgung sind vergleichsweise lange Öffnungszeiten. Mindestens 50 Stunden pro Woche sind in Niederösterreich für derartige Zentren Pflicht. Im konkreten St. Pöltner Fall heißt das, dass Patienten an jedem Werktag zwischen 7.00 und 19.00 Uhr behandelt werden. Dieser Betrieb auch in Randzeiten soll sich vor allem positiv auf die Krankenhäuser auswirken.

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In St. Pölten arbeiten seit Jahresbeginn drei Allgemeinmediziner und 22 Mitarbeiter unter einem Dach

„In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der Patientinnen und Patienten, die in Spitalsambulanzen betreut wurden, verdoppelt“, sagt der für den Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) zuständige Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP). Die Kernaufgabe der Ambulanzen sei jedoch lediglich die Notfallversorgung, „während wir auf der anderen Seite durch den Hausarzt und die Gesundheitszentren als erste Anlaufstelle die Rundumversorgung sicherstellen wollen.“

Vier Zentren sollen bis Jahresende entstehen

Das St. Pöltner Zentrum ist landesweit das zweite nach Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten). Vier weitere sollen bis Jahresende folgen, darunter eines in Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha). Dabei will man auch mit Variationen zu jenem „Grundmodell“ experimentieren, das es in der Landeshauptstadt gibt. So soll sich zumindest eines der vier geplanten Zentren in unmittelbarer Nähe zu einer Krankenanstalt befinden. Außerdem soll eines davon nicht „gebäudezentriert“ sein, sondern ein standortübergreifendes Netzwerk bilden.

Sinnvoll sei das vor allem in ländlicheren Gegenden, sagt Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), „damit auch dort, wo sich vielleicht keine drei Ärzte in einem Gebäude finden, in einem Verbund zusammgearbeitet werden kann. Ich glaube, das ist sehr wichtig, um die ländlichen Regionen in Zukunft bestmöglich versorgen zu können.“ Es handle sich bei all diesen Überlegungen um eine „Ergänzung zum bewährten Hausarztsystem“, versichert Königsberger-Ludwig. Sie wolle den Menschen „auch ein bisschen die Angst nehmen, dass es in Zukunft den Hausarzt nicht mehr gibt.“

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Bis 2021 soll es bundesweit 75 Primärversorgungszentren geben, 14 in Niederösterreich

Für die Ordinationen des Primärversorgungskonzeptes müssen nach wie vor die jeweiligen Ärzte aufkommen. Abgesehen davon werden die Kosten für das Gesamtprojekt jedoch zu etwa vier Fünfteln von der Niederösterreichischen Krankenkasse (NÖGKK) übernommen. Den Rest - jährlich etwa 500.000 Euro - bezahlt das Land Niederösterreich.

Zentren werden seit drei Jahren geplant

Seit drei Jahren plane man die neuen Zentren bereits, sagt NÖGKK-Generaldirektor Jan Pazourek. Dabei sei man in einigen Bereichen im österreichweiten Vergleich führend: „Wir sind das erste Bundesland, das nicht bloß einzelne Modellversuche vertraglich fixiert. Wir haben eine Gesamtvereinbarung mit der Ärztekammer für Niederösterreich darüber, wie Primärversorgungseinheiten funktionieren sollen, was angeboten werden soll und wie sie finanziert werden sollen.“

Das entsprechende Bundesgesetz sieht vor, dass es 2021 bundesweit 75 Primärversorgungszentren geben soll. 14 davon sollen dann in Niederösterreich stehen - wo genau und in welcher Form, ist derzeit noch offen. Die bestehenden Standorte sollen jedenfalls im laufenden Betrieb evaluiert und der Plan dementsprechend angepasst werden. In der Schweiz gebe es jedenfalls bereits gute Erfahrungen mit dem Modell. Sollte sich das auch hierzulande zeigen, „müssen 14 Zentren bei weitem nicht das Ende sein“, verspricht Landesrat Eichtinger.

Felix Novak, noe.ORF.at

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