Telefonieren mit Schilling-Wertkarten

Bei 50 Wertkartentelefonen in Niederösterreich wurden die Displays nie von Schilling auf Euro umgestellt. Die Technik scheint langlebig zu sein - sogar die ältesten Telefonwertkarten aus den 1980er Jahren funktionieren noch.

Bargeldlos telefonieren, wenn man unterwegs ist: Diese Möglichkeit gab es auch schon vor der Erfindung der Mobiltelefone. 1981 wurde die erste Wertkarten-Telefonzelle Österreichs in Betrieb genommen. In den folgenden zwei Jahrzehnten erlebten Telefonwertkarten einen Boom: Tausende verschiedene Motive kamen auf den Markt. Telefonwertkarten wurden wie Briefmarken zu beliebten Sammelobjekten.

Barbara Hammer aus Ebreichsdorf (Bezirk Baden) begann als zehnjähriges Mädchen zu sammeln: „Ich bin bei jeder Telefonzelle stehengeblieben und hab’ geschaut, ob dort vergessene Telefonwertkarten liegen“, erinnert sich die Sammlerin. „Meine Verwandten haben mir von ihren Urlauben Telefonwertkarten mitgebracht. Ich hatte auch zahlreiche Brieffreundinnen, die mir Telefonwertkarten aus fernen Ländern geschickt haben."

Mittlerweile besitzt Barbara Hammer mehr als 7.000 Telefonwertkarten aus 97 Ländern. Viele haben besondere Motive: In ihrer Sammlung findet man Papageien aus Singapur ebenso wie Schneeleoparden aus Kirgistan. Es gibt Wertkarten mit den Portraits von Schauspielern, Sportlern und Sängerinnen. Ein Pharao ziert eine Wertkarte der ägyptischen Telefongesellschaft, die Vatikanischen Gärten sind auf einer Telefonkarte des Vatikans abgebildet.

Mit der Währungsumstellung von Schilling auf Euro änderten sich auch die abgebildeten Beträge auf den Telefonwertkarten. Statt „50 Schilling“ liest am auf den letzten Wertkarten den Betrag von „3,64 Euro“. Die klassische 100-Schilling-Wertkarte wurde als „7,28 Euro“-Wertkarte verkauft. Die Displays wurden aber nie auf die neuen Eurobeträge der Wertkarten umgestellt. Die Wertkarten-Telefone zeigen weiterhin „50“ bzw. „100“ Werteinheiten auf ihren Anzeigen an. Kurz nach der Euro-Umstellung im Jahr 2002 endete die Ära der Telefonwertkarten in Österreich.

Telefonzellen auch im Handyzeitalter ein Muss

Auch wenn seit Jahren schon keine Telefonwertkarten mehr verkauft werden, gibt es österreichweit dennoch 470 Telefonzellen, in denen mit Wertkarte telefoniert werden kann, 50 davon stehen in Niederösterreich. Der Gesetzgeber verpflichtet die Telekom Austria mit der Universaldienstverordnung zum flächendeckenden Betrieb von funktionierenden Telefonzellen. Österreichreichweit gibt es 10.500 Telefonzellen, davon stehen 2.400 in Niederösterreich. Die Verordnung regelt aber nicht, ob dies Münzfernsprecher oder Wertkartentelefone sein müssen.

In einer Stellungnahme gegenüber noe.ORF.at erklärt die Telekom Austria, dass man die Standorte der Telefonzellen dem Bedarf entsprechend laufend anpasse. Beim Erneuern von Telefonzellen würden tendenziell eher Wertkartentelefone abgebaut, da sie de facto nicht mehr verwendet würden. In der Praxis scheint die Erneuerung von Telefonzellen selten notwendig zu sein. Von den im Jahr 2010 vorgestellten modernen Telefonzellen mit angeschlossener Stromtankstelle für Elektroautos gibt es laut Auskunft der Telekom mit Jahresbeginn 2019 erst 26 Standorte, zehn davon in Niederösterreich. Zur Erinnerung: Wertkartentelefonzellen, die mit Schillingwertkarten funktionieren, gibt es österreichweit immer noch 470, davon 50 in Niederösterreich.

Fabian Fessler, noe.ORF.at