ELGA: Alle Medikamente künftig an einem Ort

Die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) soll alle relevanten Patientendaten an einem zentralen Punkt zugänglich machen. Befunde sind bereits abrufbar, nun startet in Niederösterreich auch die Erfassung von Medikamenten.

Baden und Mödling sind die ersten beiden niederösterreichischen Bezirke, in denen das System der E-Medikation voll eingesetzt wird. Ab 4. April sind dort Apotheken und die meisten niedergelassenen Ärzte verpflichtet, Daten zur verschriebenen Medikation zu speichern. So wird in der zentralen ELGA-Datenbank für jeden Patienten eine Liste mit offenen und eingelösten Rezepten angelegt. Behandelnde Ärzte können dann direkt auf diese Liste zugreifen und mögliche Wechselwirkungen feststellen.

Falls ein Patient ELGA nicht akzeptieren möchte, etwa aufgrund von Datenschutzbedenken, kann er sich für einen Ausstieg aus dem gesamten System oder von Teilen davon entscheiden.

Finger hält E-Card in der Hand

APA/Schneider

Die E-Card kann künftig auch in der Apotheke eingesetzt werden

Niederösterreich ist im Bereich E-Medikation eines der letzten Bundesländer des ELGA-Zeitplans. Die Reihenfolge wurde bereits 2017 gesetzlich in der ELGA-Verordnungsnovelle festgelegt. Vor gut einem Jahr machten erste steirische Bezirke den Anfang. Bis 6. Juni soll die Umstellung in allen niederösterreichischen Bezirken abgeschlossen sein. Bis September folgen schließlich noch das Burgenland und Wien.

Umrüstung für Praxen und Apotheken

Zuständig für das Projekt ist die ELGA GmbH im Eigentum von Bund, Ländern und Sozialversicherungen. Geschäftsführer Franz Leisch redet im Gespräch mit noe.ORF.at von einer „sehr guten Akzeptanz des Systems“ - es sei so programmiert worden, dass es weder Arzt noch Apotheker im Ablauf beeinträchtige.

Während in den Arztpraxen lediglich die ELGA-Software in die bestehenden Prozesse eingebunden werden muss, benötigen die Apotheken eine umfassendere Nachrüstung. Dort wird künftig ein spezieller Code auf Arztrezepten ausgelesen, die aber ansonsten unverändert bleiben. So sind auch weiterhin Papierrezepte notwendig. Zusätzlich können Patientinnen und Patienten künftig bei deren Einlösung allerdings ihre E-Card ins Lesegerät stecken. Damit können auch Apotheker mögliche Wechselwirkungen kontrollieren. Bei rezeptfreien Medikamenten ist eine freiwillige Erfassung via E-Card ebenfalls möglich. Leisch empfiehlt dies ausdrücklich, um eine möglichst vollständige Erfassung der eingenommenen Medikamente zu ermöglichen.

Ärztekammer-Kritik an fehlenden Daten

Genau hier setzt einer der größten Kritikpunkte an. Für Christoph Reisner, Präsident der Ärztekammer für Niederösterreich, ist die E-Medikation im Rahmen von ELGA zwar „grundsätzlich sinnvoll“, dennoch meldet er Bedenken an. „Der große Nachteil ist, dass die Medikamentenaufzeichnung nicht vollständig ist“, sagt er.

Auf der einen Seite werde die Erfassung von frei verkäuflichen Medikamenten in der Praxis kaum funktionieren, obwohl etwa die Einnahme von Aspirin gravierende Folgen haben könne. Andererseits erlaube das System den Patientinnen und Patienten, die Medikamentenliste auf der ELGA-Onlineplattform zu sperren bzw. die Speicherung während der Verschreibung durch den Arzt zu verhindern. Diese Option befürwortet Reisner zwar grundsätzlich, da sensible Medikamentendaten Rückschlüsse auf Krankheiten erlauben würden. Gleichzeitig werde die Datenlage für Ärzte aber noch schwieriger. Eine generelle Empfehlung für oder gegen ELGA will Reisner nicht aussprechen. Jeder müsse das für sich selbst entscheiden, sagt er.

Seitens der ELGA GmbH verweist man hier auf die Selbstverantwortung der Patienten. Die aktuelle datenschutzrechtliche Lösung sei durch intensive Verhandlungen zustandegekommen. Die bisherigen Erfahrungen würden zeigen, dass sich knapp drei Prozent aller Österreicher von der E-Medikation abmelden würden - ein „verschwindend geringer“ Anteil, wie es heißt.

Felix Novak, noe.ORF.at

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