Grüne wollen „Comeback“ schaffen

Nach der Schlappe bei der Nationalratswahl wollen die Grünen bei der Europawahl am 26. Mai ihr „Comeback“ schaffen. Zwei Mandate sind das Ziel, so Spitzenkandidat Werner Kogler am Mittwoch im Interview auf Radio Niederösterreich.

Sein Einzug in das Europaparlament würde für die Grünen wenig ändern, sagte Bundessprecher und EU-Spitzenkandidat Werner Kogler im Gespräch mit ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler. Die Partei würde das Gleiche machen wie jetzt, nämlich „am Comeback arbeiten. Es wird nach der Wahl vor der Wahl sein. Wir arbeiten am Projekt ‚Zurück zu den Grünen‘. Jetzt machen sich manche Gedanken, ob sich das alles ausgeht. Ja, es geht sich aus, weil wir dann die wenigen Funktionen, die wir haben, so einsetzen können, dass wir medial stärker vorkommen als vorher.“

Werner Kogler im "Radio Niederösterreich"-Studio im Gespräch mit Robert Ziegler

ORF / Koppensteiner

ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler und Grüne-Spitzenkandidat Werner Kogler (v.l.)

Inhaltlich setzt man auf klassische „grüne“ Themen, wie etwa den Umwelt- und Klimaschutz. Als Ziel in diesem Bereich nannte Kogler das Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050, dazu brauche es freilich geeignete Maßnahmen: „Erstens: umweltschädliche Subventionen möglichst rasch auf null stellen und zweitens: das Geld für die richtigen Investitionen nehmen, zum Beispiel den Bahnausbau.“ Darüber hinaus forderte der Grüne-EU-Spitzenkandidat von der Politik Vorgaben, dass ab dem Jahr 2030 nur noch abgasfreie Autos in den Verkehr gebracht werden dürfen. Alte Autos sollen noch bis 2050 fahren dürfen, so Kogler.

„Fördersystem für Landwirte umstellen“

Die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich sah der Grünen-Bundessprecher und -Spitzenkandidat durch das aktuelle Fördersystem bedroht und forderte daher, „dass wir von der reinen Flächenförderung weggehen und radikal in der nächsten Budgetperiode bei den Förderungen für Großflächen auf null gehen. Dann gibt es genug für die kleineren und mittleren Höfe, die dann netto besser aussteigen.“

Angesprochen auf die Aufregung um die Grünen-Listenzweite Sarah Wiener, die ebenfalls eine Streichung der Flächenprämien gefordert hatte, aber an einem Großbetrieb in Deutschland beteiligt ist, der im Vorjahr mehr als 300.000 Euro an EU-Förderung erhalten hatte, sah Kogler kein Problem mit der Glaubwürdigkeit. Es handle sich dabei um ein „ökologisches Vorzeigeprojekt für ganz Europa, ein Hof, wo Rinder nur mehr bodengebunden gehalten werden.“ Bei einem Wegfall der Flächenprämien würde der Betrieb zwar Förderungen verlieren, sagte Kogler, bei einem Umbau des Fördersystems aber wiederum Geld aufgrund anderer Kriterien - wie zum Beispiel der Ökologisierung - bekommen.

Forderung nach „Republik Europa“

Zur Diskussion über das Einstimmigkeitsprinzip der derzeit 28 EU-Staaten meinte Kogler: „Ich bin für die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in den Fragen, wo wir uns gegenseitig blockieren. Das ist vor allem die Finanz- und Steuerpolitik.“ Derzeit würde ein Staat den anderen „austricksen“, verwies Kogler auf niedrige Steuersätze für große Konzerne in Irland. „Dadurch siedeln sich Konzerne dort pro forma an und zahlen nur wenig Steuer. Für Irland bringt das, dass viele Milliarden Euro dorthin verschoben werden. Dann bringen wenige Prozent auch etwas.“

Dass eine Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip ein Ende der EU bedeuten würde, sah Kogler nicht so: „Die Vereinigten Staaten von Amerika leben auch von Kompromissen - und existieren. Das ist schon möglich.“ Darüber hinaus gebe es in der Frage der Migration schon jetzt kein Einstimmigkeitsprinzip mehr. Kogler forderte daher eine sogenannte „Republik Europa“: „Wir brauchen eine demokratische Verfassung für die wenigen Kompetenzen, die bei der Union sein sollen - möglichst demokratisch mit einem Parlament.“

Werner Kogler im "Radio Niederösterreich"-Studio im Gespräch mit Robert Ziegler

ORF / Koppensteiner

Werner Kogler im Interview auf Radio Niederösterreich

Der 57-jährige gebürtige Steirer war 18 Jahre lang Abgeordneter im Nationalrat und hatte sich dabei vor allem mit Finanz- und Budgetfragen beschäftigt. Genau diese Themen würden ihn auch zum Europapolitiker machen, sagte Kogler, der sich als „leidenschaftlicher Europäer“ bezeichnete. Mit der „Initiative 1 Europa“ und deren Spitzenkandidaten Johannes Voggenhuber fischt ein Konkurrent allerdings im gleichen Wählersegment. „Er (Voggenhuber; Anm.) hat diesen Weg eingeschlagen, mir wäre natürlich etwas anderes lieber gewesen. Wir konnten unser Angebot aber gar nicht ausrollen, weil er schon ein eigenes Projekt vorhatte.“ Unterschiede zur „Initiative 1 Europa“ ortete Kogler „gerade in der Umweltpolitik, nämlich im wirklichen Vorantreiben und Tun.“

Bescheidenes Wahlziel: Zwei Mandate

Die Grünen erhoffen sich unter anderem Stimmen aus dem Pool von SPÖ- und ÖVP-Wählern: „Die vielen Enttäuschten, die Christian Kern gewählt haben und jetzt wieder eine Heimat suchen, und die Christlich-Sozialen, denen dieser Anti-Europa-Kurs und das gar nicht mehr Christliche der Regierung und des türkisen Asts der ÖVP gegen den Strich geht. Für diese beiden Gruppen bieten wir an, für die nächsten fünf Jahre politische Heimat zu sein“, sagte Kogler.

2014 hatten die Grünen bei der EU-Wahl fast 14,5 Prozent der Stimmen und drei Mandate erreicht, bei der Nationalratswahl 2017 verpasste man mit 3,8 Prozent den Einzug in das Parlament. Das Wahlziel für die EU-Wahl am 26. Mai fällt mit zwei Mandaten - eines für Kogler und eines für Sarah Wiener - bescheiden aus. Vorrangig sei, so Kogler, „dass die Grünen in das Europaparlament rein sollen. Deswegen auch die Parole ‚Zurück zu den Grünen‘. Ich warne alle vor guten Umfragen. Wer die Grünen drinnen haben will, soll die Grünen wählen und nicht herumtaktieren. Das hatten wir schon.“

Thomas Koppensteiner, noe.ORF.at

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