Land fordert mehr Medizin-Studienplätze

Aufgrund einer anstehenden Pensionierungswelle werden in zehn Jahren Ärztinnen und Ärzte fehlen. Niederösterreich pocht auf Bundesebene auf mehr Studienplätze und fördert Vorbereitungskurse auf den Medizin-Aufnahmetest.

Ein drohender Ärztemangel stellt die Gesundheitspolitik vor große Herausforderungen. Einerseits altert die Gesellschaft, andererseits werden in den nächsten Jahre große Teile der niederösterreichischen Ärzteschaft in Pension gehen. Im Spitalsbereich trifft das in den nächsten zehn Jahren laut Auskunft der Landesklinikenholding auf etwa ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte zu. Im Bereich der Allgemeinmedizin spricht die Ärztekammer Niederösterreich sogar von der Hälfte aller Ärztinnen und Ärzte, die binnen der nächsten zehn Jahre in Pension gehen werden. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse bestätigt, dass bereits heute 20 Kassenarztstellen für Allgemeinmedizin unbesetzt sind.

Immer mehr Menschen wollen Medizin studieren

Dem Bedarf an Ärzten steht ein enormes Interesse junger Menschen gegenüber, die gerne Medizin studieren möchten. Die Anfang Juli bevorstehenden Aufnahmeprüfungen für Humanmedizin verzeichnen heuer sogar einen Rekord. 16.443 verbindliche Anmeldungen zählen die Medizin-Universitäten - das sind so viele wie noch nie. Mit 1.680 Studienplätzen führt aber nur etwa jeder zehnte abgegebene Prüfungsbogen tatsächlich auch zu einem Studienplatz.

17.05.19 Landesförderung Medizin-Aufnahmetest Forderung Studienplatzerhöhung

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Nur jeder Zehnte bekommt nach dem Aufnahmetest einen Medizin-Studienplatz

Ein Umstand, der bei Landeshauptfraustellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP), in dessen Zuständigkeiten auch die Landeskliniken fallen, auf Unverständnis stößt. In Anbetracht des drohenden Ärztemangels sieht Pernkopf dringenden Handlungsbedarf auf Bundesebene: „Ich verstehe überhaupt nicht, dass man neun von zehn an Medizin interessierten Menschen vermittelt, dass man sie nicht braucht.“

Pernkopf kündigte Gespräche auf Bundesebene an, bei denen er auf mehr Studienplätze pochen werde. „Wir leisten im Land einen Beitrag mit der Karl Landsteiner Privatuniversität, allerdings wird es ohne mehr Plätze an den Hauptuniversitäten nicht gehen. Mittlerweile sollten alle verstanden haben, dass es in Zukunft mehr ärztliches Personal brauchen wird“, so Pernkopf gegenüber noe.ORF.at.

17.05.19 Landesförderung Medizin-Aufnahmetest Forderung Studienplatzerhöhung Pernkopf

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Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (re.) fordert mehr Medizin-Studienplätze

Vorbereitungskurse boomen

Immer mehr junge Menschen holen sich in Form von Vorbereitungskursen Unterstützung für ihren Medizin-Aufnahmetest. In St. Pölten sitzt Sebastian Hofbauer als einer von 50 in einem zweiwöchigen Intensivkurs, in dem Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und kognitive Kompetenzen geschult werden. Bereits im letzten Jahr nahm er am Aufnahmetest teil: „Das war aber so knapp an der Matura, dass ich ihn nicht bestanden habe. Für dieses Mal kenne ich bereits die Abläufe und weiß, was mich erwartet. Ich bereite mich ganz anders darauf vor. Hoffentlich klappt es diesmal. Arzt wollte ich schon als Kind werden.“

Viele der im Kurs Anwesenden werden beim Land Niederösterreich um Unterstützung ansuchen. Denn dort werden unter dem Titel „NÖ studiert Medizin“ etwa Vorbereitungskurse finanziell gefördert. Ganz nach dem Motto: Wenn schon zu wenige Studienplätze vorhanden sind, dann sollen zumindest möglichst viele davon von Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern besetzt werden. Das Angebot dürfte sich bereits herumgesprochen haben, denn heuer gibt es in Niederösterreich um 50 Prozent mehr Kursanmeldungen als im Vorjahr. 2018 lag die Zahl der niederösterreichischen Studentinnen und Studenten an der Universität Wien bei 24 Prozent.

17.05.19 Landesförderung Medizin-Aufnahmetest Forderung Studienplatzerhöhung Pernkopf

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Wer zum Medizinstudium zugelassen werden will, muss unter anderem Kenntnisse in Biologie, Physik und Chemie unter Beweis stellen

Auch Teresa Gissing wird sich am 5. Juli dem gefürchteten Test stellen und sich einen Teil der Kurskosten rückerstatten lassen. „Ich habe durch eine Freundin davon erfahren, dass ich mir einen Teil der Kosten sparen kann. Wenn es diese Möglichkeit gibt, werde ich sie nützen.“ Förderungen in der Höhe von bis zu 350 Euro gibt es für Vorbereitungskurse sowie simulierte Aufnahmetests. Sollte die Aufnahme an eine medizinische Universität tatsächlich gelingen, kann darüber hinaus auch um die Rückerstattung von 110 Euro für die dafür anfallenden Prüfungsgebühr angesucht werden. Ähnliche Unterstützungen gibt es auch in Oberösterreich und Tirol.

17.05.19 Landesförderung Medizin-Aufnahmetest Forderung Studienplatzerhöhung Pernkopf

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75 Prozent der Plätze sind österreichischen Studierenden vorbehalten

Der nächste Aufnahmetest für ein humanmedizinisches Studium findet am 5. Juli statt. Zuletzt gab es rund um die Aufnahmen zum Medizinstudium immer wieder Diskussionen um Studierende aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland. Weil Österreich vor der Europäischen Union zuletzt nachweisen konnte, dass eine Versorgung mit ausreichend ärztlichem Personal in Österreich nicht sichergestellt ist, wurde eine umstrittene Quotenregelung für Humanmedizin weiterhin genehmigt - nicht jedoch für Zahnmedizin.

Quotenregelung in Kraft

Diese legt fest, dass 95 Prozent der österreichischen Medizin-Studienplätze EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern vorbehalten sind sowie 75 Prozent des Kontingents von Maturantinnen und Maturanten mit österreichischem Reifezeugnis zu besetzen sind. Damit soll verhindert werden, dass Studierende aus dem Ausland nach dem Abschluss ihres Studiums Österreich wieder verlassen und dem österreichischen Gesundheitssystem nach der Ausbildung damit nicht zur Verfügung stehen.

Veronika Berger, noe.ORF.at

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