Neuwahlen: Mikl-Leitner unterstützt Kurz

Als „einzig richtige“ Entscheidung bezeichnet Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die ausgerufenen Neuwahlen. Der geschäftsführende Landes- und Klubobmann der FPÖ NÖ, Udo Landbauer, spricht hingegen von „Erpressung“.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner unterstützte am Samstagabend in einer ersten Stellungnahme den Entschluss von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Neuwahlen auszurufen. In einer Stellungnahme gegenüber der APA nannte sie die Entscheidung als die „in dieser Situation staatspolitisch einzig richtige“. Denn es gehe jetzt darum, neues Vertrauen herzustellen - und Vertrauen könne immer nur von den Bürgerinnen und Bürgern ausgehen, so Mikl-Leitner.

FPÖ: „Erpressung am Rücken der Bevölkerung“

Scharfe Kritik am Bundeskanzler übte hingegen Udo Landbauer, geschäftsführende Landes- und Klubobmann der FPÖ Niederösterreich. Dieser hätte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) loswerden wollen und habe „das mit dem Koalitionsbruch“ erpresst. Dies sei „versuchte Erpressung am Rücken der Bevölkerung“.

Landbauer zufolge habe die ÖVP das Innenministerium mit „einem Unabhängigen“ besetzten wollen. Den „besten Innenminister aller Zeiten abschießen zu wollen und daran den Fortbestand der Koalition zu knüpfen“ sei „der wahre Skandal in diesen Stunden“, sagte der geschäftsführende Landesparteiobmann der niederösterreichischen Freiheitlichen.

Udo Landbauer FPÖ

APA/Helmut Fohringer

Udo Landbauer wirft der ÖVP Erpressung vor

Aus Sicht Landbauers seien die Ereignisse eine „dramatische Entwicklung“. Er betonte am Sonntag im Gespräch mit noe.ORF.at auch, dass die „erfolgreiche Entwicklung der letzten Monate und Jahre“ auf Grund der FPÖ-Regierungsbeteiligung möglich gewesen wäre. „Steuerentlastung, Familienbonus, Verschärfungen im Asylbereich - all das war möglich weil die FPÖ eine starke und konsequente Arbeit geleistet hat und das will der Bundeskanzler offenbar zunichtemachen“, so Landbauer.

Schnabl nimmt Bundeskanzler in die Pflicht

Als „ungeheuerlich“ und „beispielslos in der zweiten Republik" bezeichnete SPÖ-Landesparteivorsitzender und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl die aktuellen Vorgänge. „Sebastian Kurz hat sich aus Gründen der Machtversessenheit für diese Koalition entschieden und diese FPÖ trotz Warnungen in die Bundesregierung geholt. Damit muss er auch die volle Verantwortung übernehmen“, so Schnabl. Dass er sich „hinter Neuwahlen verschanzt“ reiche nicht aus.

Die SPÖ verlangt eine Nationalrats-Sondersitzung und „lückenlose Aufarbeitung“. Kurz müsse sich „für sein türkisblaues Projekt und den Schaden, der dabei der Republik Österreich zugefügt wurde“ verantworten, so Schnabl. Für die nun bevorstehende Nationalratswahl sieht sich die SPÖ „allerbestens gerüstet". „Jetzt besteht die große Chance für die erste Frau an der Spitze der Republik Österreich“, so Schnabl. Im Gespräch mit noe.ORF.at kritisierte Schnabl am Sonntag auch, dass Kurz weiterhin „die offene Hand zur Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie“ ausschlage.

Franz Schnabl bei der Pressekonferenz

SPÖ NÖ / Herbert Käfer

SPÖ-Landesparteivorsitzender Franz Schnabl verlangt „lückenlose Aufarbeitung“

Auf die Frage, ob er sich nach der Nationalratswahl eine Koalition mit der ÖVP unter Sebastian Kurz vorstellen könnte, meinte Schnabl, dass es nicht um Namen, sondern um Inhalte gehe. „Wir werden jetzt die Schwerpunkte für die kommende Legislaturperiode definieren und danach muss man schauen, wie man mit den Inhalten zusammenkommt. Darum geht’s.“

NEOS und Grüne begrüßen Neuwahlen

Die „autoritären Machtfantasien der FPÖ, ihr Medienverständnis und der Skandal um mutmaßlich illegale Parteispenden“ würden die gesamte Politik in ein schlechtes Licht rücken, meinte NEOS-Landessprecherin Indra Collini in einer Aussendung. Zu den ausgerufenen Neuwahlen sagte sie am Sonntag im Gespräch mit noe.ORF.at, dass es „die einzig richtige Entscheidung“ sei, „dass der Kanzler die Suppe, die er uns eingebrockt hat, jetzt auch auslöffelt.“

Chefredakteur Robert Ziegler und Indra Collini

ORF / Gernot Rohrhofer

Es sei an der Zeit, dass Parteifinanzen endlich offen gelegt werden, fordert NEOS-Landessprecherin Indra Collini

Die aktuelle Vorfall zeige, dass „wir in Österreich die korrupten Politsümpfe endlich trockenlegen müssen“, so Collini. Aufklärung der „Ibiza-Story“ sei nicht genug, vielmehr gehe es darum, dass auch die ÖVP im letzten Wahlkampf mehr ausgegeben habe als sie durfte und es deshalb „höchst an der Zeit wäre, dass die Parteien ihre Parteifinanzen endlich transparent offen legen.“

Auch für die Landessprecherin der Grünen, Helga Krismer, sind Neuwahlen die richtige Entscheidung. „Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass es 24 Stunden benötigt hat, bis der Herr Bundeskanzler zu dieser Entscheidung kam“, sagte Krismer am Sonntag gegenüber noe.ORF.at. „Ich glaube, dass es ziemlich klar ist, dass Österreich einen internationalen Ruf mit diesem Video verloren hat und es liegt an den Österreicherinnen und Österreichern, dass wir gemeinsam zeigen, dass Österreich ein Land ist, wo es Anstand gibt - auch in der Politik. Daher habe ich große Vertrauen in die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, dass wir alsbald eine neue Bundesregierung haben, die dieses Landes würdig ist.“

Helga Krismer

APA / Herbert Pfarrhofer

Für Helga Krismer, Landessprecherin der Grünen, ist die FPÖ in der Landesregierung nicht tragbar

Bundeskanzler Kurz: „Genug ist genug“

Nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ mit Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus (beide FPÖ) am Freitag überschlugen sich am Samstag die innenpolitischen Ereignisse. Am Vormittag erklärte zunächst Strache seinen Rücktritt als Vizekanzler und FPÖ-Parteichef. Am Abend rief dann Bundeskanzler Sebastian Kurz Neuwahlen aus - mehr dazu in „Genug ist genug“: Kurz will Neuwahlen (news.ORF.at; 18.5.2019).

Sebastian Kurz bei der Pressekonferenz

APA / Helmut Fohringer

Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigte am Samstagabend Neuwahlen an

Zu diesen Neuwahlen wird es voraussichtlich im September kommen. Nach dem Rücktritt von FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache kamen am Sonntag Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz zusammen. Van der Bellen plädierte dabei für eine Neuwahl Anfang September, wie er in einer Erklärung nach dem Treffen mitteilte - mehr dazu in Van der Bellen für Wahl Anfang September (news.ORF.at; 19.5.2019).