Mikl-Leitner: „Schwere Momente für Republik“

Der Nationalrat hat der Regierung am Montagnachmittag das Misstrauen ausgesprochen und sie damit des Amtes enthoben. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach von „schweren Momenten für die Republik“.

Der von der SPÖ eingebrachte Misstrauensantrag wurde von FPÖ und JETZT unterstützt und hatte damit die Mehrheit, ÖVP und NEOS votierten dagegen. Bundeskanzler Sebastian Kurz ist damit der erste Kanzler, der per Misstrauensvotum abgewählt wurde.

Mikl-Leitner (ÖVP): „gegen Willen der Bevölkerung“

Dass erstmals in der Geschichte SPÖ und FPÖ einem amtierenden Bundeskanzler das Misstrauen ausgesprochen haben, sei „gegen den Willen der Bevölkerung und gegen die mahnenden Worte des Bundespräsidenten“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gegenüber noe.ORF.at. Das seien „sehr schwere und historische Momente für diese Republik“. „Eines ist klar: Die SPÖ und die FPÖ haben hier aus parteitaktischen Gründen gehandelt und nicht aus staatspolitischer Verantwortung“, kritisierte die Landeshauptfrau in einer ersten Reaktion.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ÖVP

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Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner

„Die Bürgerinnen und Bürger, die Volkspartei Niederösterreich und ich persönlich werden in diesen schwierigen Zeiten bei der Nationalratswahl an der Seite von Sebastian Kurz stehen und das mit aller Kraft“, so Mikl-Leitner. Sie betonte außerdem, dass gerade in schwierigen Zeiten die Länder „die stabilen Faktoren in dieser Republik sind“.

Schnabl (SPÖ): „Das Vernünftigste“ beigetragen

Die SPÖ habe mit diesem Schritt, „das Vernünftigste, ja Unumgängliche“ dazu beigetragen, 17 Monate einer Politik gegen Arbeitnehmer und Sozialpartner, aber für Millionäre und Großkonzerne zu beenden, teilte der Landesparteivorsitzende der SPÖ Niederösterreich und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl unmittelbar nach dem Misstrauensvotum in einer Aussendung mit. Im Interview gegenüber noe.ORF.at betont er außerdem, dass das Misstrauensvotum nicht kritisch oder als Staatskrise zu sehen sei, sondern „es ist ganz klar ein parlamentarischer Vorgang, den die Nationalratswahlordnung vorsieht und das ist auch gut so“.

Franz Schnabl

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SPNÖ-Landesparteivorsitzender Franz Schnabl

„Wenn man verlangt, dass volle Aufklärung über die Inhalte, die Umsetzung und die Hintergründe stattfinden, dann muss diese volle Aufklärung nicht nur gegen die freiheitliche Partei gerichtet sein, sondern im gleichem Umfang auch was die ÖVP betrifft“, sagte Schnabl. Und weiter: „Es gibt Vorkehrungen für alle Eventualitäten und tatsächlich ist es auch so, dass wir einen ganz geordneten Gang der Verwaltung und der Exekutive in den nächsten Tagen sehen und erleben werden“, so Schnabl.

Das gute an der jetzigen Situation sei, dass sich die „aufgehitzten Gemüter“ nun etwas beruhigen werden, ist er überzeugt: „Die Phase der Expertenregierung, auf die wir jetzt hoffen, wird dazu beitragen, dass das eine oder andere zerbrochene Teeheferl weggeräumt wird und dass wieder Gesprächslinien zwischen den Parteien in Ruhe entstehen können.“

Landbauer (FPÖ): „Definitiv kein erfreulicher Tag“

Der heutige Tag sei „definitiv kein erfreulicher Tag“, sagte FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer gegenüber noe.ORF.at. „Der Bundeskanzler oder mittlerweile Ex-Bundeskanzler Kurz hat ohne Not einen freiheitlichen Innenminister absetzen lassen. Das kann sich eine Partei nicht gefallen lassen. Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. In Wahrheit hat er die Regierung zerstört und muss auch jetzt mit den Konsequenzen leben.“

Udo Landbauer FPÖ

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FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer

Dass man Kurz das Misstrauen ausgesprochen habe, sei eine „völlig logische Konsequenz“, so Landbauer. „Man kann ja nicht einfach weiterarbeiten, wenn ein Koalitionspartner einen Minister abberuft, der sich nichts zu Schulden hat kommen lassen. Wir würden ja von niemandem mehr ernst genommen.“ Kickl sei seiner Aufgabe „sehr verantwortungsvoll“ nachgekommen, so Landbauer. Kurz habe mit einer „gewissen Machtarroganz“ eine ÖVP-Alleinregierung ausrufen wollen - ohne „entsprechendes Wahlergebnis und vor allem ohne entsprechende parlamentarische Mehrheit“, so Landbauer.

Darauf angesprochen, wer bei der kommenden Nationalratswahl nun Spitzenkandidat der FPÖ werde, sagte Landbauer: „Das wird sich weisen, aber ich gehe mal ganz stark davon aus, dass unsere Spitzenfunktionäre Norbert Hofer und Herbert Kickl eine wesentliche Rolle spielen werden.“ Inhaltlich wolle man „mit diesen Themen, mit denen wir seit Jahren schon das Vertrauen der Wähler gewinnen“ weiterarbeiten.

Indra Collini (NEOS): „Nicht der richtige Weg“

NEOS stimmte im Nationalrat gegen das Misstrauensvotum. „Die Absetzung dieser Regierung ist nicht der richtige Weg, weil die Aufklärung in den Hintergrund rückt und drängende Aufgaben nicht erledigt werden", teilte NEOS-Landessprecherin Indra Collini in einer Aussendung mit. „Wir Bürgerinnen und Bürger wollen, dass die Politik bei der Finanzierung von Parteien endlich zum Vorbild wird. Deshalb braucht es dringend strengere Regeln bei der Parteienfinanzierung und wirksame Sanktionen bei Verstößen. Bis heute weiß keiner, woher die Wahlkampfmillionen von ÖVP und FPÖ stammen“, so Collini.