„Es geht an die Schmerzgrenze“

„Es geht an die Schmerzgrenze“, das sagt Schauspielerin Birgit Doll über die Filme des niederösterreichischen Regisseurs Michael Haneke. Seine Filme sind seit vielen Jahren nicht nur erfolgreich, sondern sorgten immer wieder auch für Skandale.

„Ich glaube, als Filmemacher vergewaltigt man den Zuschauer. Und ich will ihn zur Selbständigkeit vergewaltigen. Ich will ihn dazu nötigen, selber zu denken. Ich will ihn mit Widersprüchen konfrontieren, die er selbst lösen muss. Ich will ihm keine Lösung geben. Weil er dann schlagartig aufhört zu denken.“ Das sagte Filmemacher Michael Haneke einst über seine Werke. Seine Karriere begann als Dramaturg beim deutschen Fernsehen, dann machte er zahlreiche Fernsehfilme.

Selbstmord, Amoklauf und Verstörung

Der erste Kinofilm Hanekes war 1989 „Der siebente Kontinent“. Bereits mit diesem ersten Film schaffte es der Regisseur zum renommierten Filmfestival nach Cannes. Der Inhalt von „Der siebente Kontinent“ ist verstörend und provokant. Eine bürgerliche Durschnittsfamilie wird portraitiert. Am Ende töten die Eltern ihre Tochter und begehen Selbstmord. Die nächsten Filme Hanekes sind nicht weniger verstörend. In „Benny´s Video“ (1992) wird eine Mutprobe zum Mord. Ein Bub tötet ein Mädchen mit einem Bolzenschussgerät.

Haneke

APA/Pfarrhofer

Der dritte Kinofilm Hanekes „71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls“ handelt von einem Studenten, der Amok läuft. Hanekes Filme sind radikal, sagt Filmexperte und Direktor des Filmmuseums Alexander Horwath. „Die Filme sind sehr persönliche, auf die Welt hinblickende Filme, die sich nicht scheuen alle möglichen Themen, auch etwa den Tod, anzusprechen. Diese Themen geht er an.“

Stammgast in Cannes seit 1989

Haneke wurde mit seinen ersten Filmen zum Stammgast bei den Filmfestspielen in Cannes. Mit „Funny Games“ nahm er 1997 auch erstmals am Wettbewerb bei diesem Festival teil. „Funny Games“ ist bis heute wohl Hanekes radikalster Film. Er desillusioniert das Thriller-Genre. Haneke gibt dem Zuseher in diesem Film keine Motive für die Gewalt.

„Ich denke was ich versuche in fast all meinen Filmen ist auf der einen Seite die Opfer statt der Täter zu zeigen. Das ist der Unterschied zum Action-Film, der die Tat immer aus der Warte der Täter zeigt. Und auf der anderen Seite nutze ich das, was seltsamerweise im zeitgenössischen Kino nicht genutzt wird, die Fantasie des Zuschauers.“, so Haneke.

Sendungshinweis:

„NÖ heute“, 22.2.2013

„Ich glaube aber nicht, dass ein einzelner Film eine Gewaltvorlage sein kann. Die Summe der Gewaltpornografie führt zu einer Herabsetzung der Hemmschwelle. Man gewöhnt sich an Gewalt. Darin liegt die Gefahr.“ Haneke zeigt die Gewalt in seinen Filmen kaum. Der Zuschauer hört sie über die Tonebene und muss sie sich vorstellen.

„Die Klavierspielerin“ und „Cache“

Im Jahr 2000 machte Haneke in Frankreich den Film „Code Unbekannt“ mit Juliette Binoche in der Hauptrolle. Sie trat fünf Jahre später wieder in einem Haneke Film in Erscheinung, nämlich in „Cache“. Zwischendurch verfilmte der Regisseur Elfriede Jelineks Werk „Die Klavierspielerin“. „Von Zeit zu Zeit sollte man sie sich ansehen. Aber sicher nicht immer.“ Das hat die französische Schauspielerin Binoche einst über die Filme des niederösterreichischen Regisseurs Haneke.

Haneke

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„Amour“-Hauptdarstellerin Emmannuelle Riva (m.), Regisseur Michael Haneke (l.) und Ehefrau Susi Haneke

Fünf Oscar-Nominierungen für „Amour“

Den bisher größten kommerziellen Erfolg feierte Haneke mit dem schwarz-weiß Epos „Das weiße Band“. Er gewann zahlreiche renommierte Filmpreise, etwa die Goldene Palme in Cannes, einen Golden Globe, und war zweimal bei den Oscars nominiert. Einen wahren Preisregen gab es in den letzten Monaten auch für das Liebesdrama „Amour“. Mehr als 30 internationale Filmpreise konnte Haneke für seinen neuesten Film bislang gewinnen. Und „Amour“ geht gleich in fünf Kategorien ins Oscar-Rennen.

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