Wr. Neustädter Kanal: Von Wien zur Adria

Eine vierspurige Autobahn ist heute die Verkehrsader südlich von Wien. Die Autobahn des 19. Jahrhunderts war der Wr. Neustädter Kanal, auf dem Holz, Ziegel und Kohle nach Wien gebracht wurden. Die Pläne gingen bis zur Adria.

Ein Spaziergang entlang des Wiener Neustädter Kanals ist wie eine Reise in die Vergangenheit und führt vorbei an alten Schleusen, alten Brücken, Aquädukten und Schleusenwärterhäuschen. Was heute das größte Industriedenkmal Niederösterreich ist, war 1797 nach dem Vorbild der schmalen, ökonomischen englischen Kanäle gebaut worden. Am 12. Mai 1803 fand die Eröffnungsfahrt auf dem ersten Teilstück der damals noch als „Wiener Canal“ bezeichneten Wasserstraße statt.

Energiekrise in Wien als „Geburtshelfer“

„Wien war damals in einer Energiekrise, es hat kaum Holz gegeben, der Wienerwald war abgeschlagen und Kohle noch nicht preisgünstig nach Wien zu bringen. Also war die Idee, Kohle vom Brennberg in Ödenburg auf dem Wasserweg nach Wien zu bringen. Das war die Initialzündung für den Kanal“, sagt Fritz Lange, der sich seit Jahrzehnten mit dem Kanal beschäftigt und ein Buch darüber geschrieben hat.

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Der Wiener Neustädter Kanal

Auf der schmalen Wasserstraße wurden früher schmale, lange Schiffe von Pferden gezogen. Heute dient der Kanal als Erholungsraum.

Auf zwei Meter breiten und bis zu 22 Meter langen Schiffen, die von Pferden gezogen wurden, wurden damals Holz, Ziegel und vor allem Kohle nach Wien transportiert. Der Kanal hätte den ursprünglichen Plänen zufolge sogar bis Triest ausgebaut werden sollen. Tatsächlich wurden aber nur 63 Kilometer gebaut, 36 davon sind heute noch mit Wasser gefüllt. „Das Ende war ein Staatsbankrott“, sagt Lange, „Das Ende war die beginnende Eisenbahnzeit. Die Kosten nach Ödenburg wären so hoch gewesen wären, dass der Landtransport billiger war.“

Aus Verkehrsweg wurde Erholungsraum

Der Kanal steht heute unter Denkmalschutz und dient vor allem als Erholungsraum. Ein Radweg führt die Wasserstraße entlang, zahlreiche Spaziergänger und Nordic Walker sind unterwegs. Und bei der sogenannten „Triangel“ in Wiener Neustadt lässt sich der Kanal sogar auf dem Boot „aufspüren“. Darüber hinaus wird der einstige Verkehrsweg heute als Fischzuchtgebiet genützt und ist Lebensraum für seltene Tiere.

Wiener Neustädter Kanal Pfaffstättner Brücke

Fritz Lange

Die Pfaffstättner Brücke

Sendungshinweis

„Niederösterreich heute“, 23.6.2016

Josef Kovats hat erst kürzlich einen Film über den Kanal gedreht. „Am Spannendsten waren die Stellen, wo man den Kanal heute nicht mehr sieht - von der Pöttschinger Höhe nach Wiener Neustadt beziehungsweise von Laxenburg nach Wien zum Haupthafen“, so Kovats. In Wiener Neustadt lag der Hafen damals dort, wo sich heute der Krankenhauspark befindet. Gleich daneben erinnert die Straße „Am Kanal“ an vergangene Zeiten.

Thomas Koppensteiner, noe.ORF.at

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