Wenn Autofahrer Medikamente nehmen

Anders als bei Alkohol oder Drogen ist die Sachlage bei Medikamenten am Steuer schwieriger zu beurteilen. Einige Medikamente führen zu Beeinträchtigungen. Die Fahrtüchtigkeit muss man jedoch selbst einschätzen.

Am bekanntesten sind Medikamente, die die Reaktionsfähigkeit herabsetzen und die realistische Einschätzung von Gefahren verändern. Die Auswirkungen sind ähnlich wie beim Autofahren unter Alkoholeinfluss. Vorsicht ist laut Apothekerin Christa Herz von der Apotheke Enzersdorf an der Fischa (Bezirk Bruck an der Leitha) bei Psychopharmaka, Beruhigungsmitteln und Antidepressiva geboten. Aber auch starke Schmerzmittel, Mittel gegen Fieber, Anti-Allergiemittel sowie Mittel gegen Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck zählen dazu.

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dpa/Karl-Josef Hildenbrand

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„Radio NÖ am Vormittag“, 24.5.2017

Die Expertin erklärt: „Die Verkehrsuntauglichkeit wird dabei vor allem durch die dämpfende Wirkung der Medikamente auf das Zentralnervensytem ausgelöst. Die Medikamente führen zu einer geringeren Aufmerksamkeit und zu einer längeren Reaktionszeit, aber eben auch zu einer Veränderung der Reaktion. Es kommt zu einer Veränderung der Selbsteinschätzung und des Urteilsvermögens. Das wiederum kann zu einem riskanten Fahrverhalten führen.“ Vorsicht ist etwa auch bei Schlafmitteln geboten, denn Reste des Medikaments können auch am nächsten Tag noch im Körper vorhanden sein und sich negativ auf das Reaktionsverhalten auswirken. Auch muskelentspannende Mittel können zu dieser Beeinträchtigung führen.

Vorsicht bei vermeintlich harmlosen Medikamenten

Zu einer Beeinträchtigung können auch Augentropfen führen, die einen Film über dem Auge bilden und so das Sehvermögen einschränken. Hier empfiehlt die Apothekerin, sich nach alternativen Medikamenten zu erkundigen und diese Gele nur vor dem Schlafengehen zu verwenden. Anti-Allergika, die insbesondere im Frühling von vielen Menschen eingenommen werden, können müde machen, warnt Christa Herz und empfiehlt, wenn möglich, auf andere Produkte ausweichen. Auch banale Hustensäfte oder Magentropfen sollten aufgrund ihres Alkoholgehalts mit großer Vorsicht eingenommen werden.

Diabetiker sollten auch immer die Möglichkeit einer Unterzuckerung nach der Einnahme von Antidiabetika einplanen. Denn auch die Unterzuckerung führt zu Fahruntüchtigkeit. Erste Anzeichen sind meist Herzrasen und Ängste. Hier sollte man sofort reagieren und die Fahrt abbrechen. Schließlich können auch Aufputschmittel wie Ephedrin und Koffein zu einer Unterschätzung der Gefahrensituation und einem zu risikofreudigen Fahrverhalten führen.

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Absetzen von Medikamenten kann gefährlich sein

Apothekerin Christa Herz warnt: „Man darf nicht vergessen, dass ein plötzliches Absetzen der Medikamente genauso gefährlich sein kann wie eine falsche Einnahme. Es kann durch das Absetzen zu übermäßigen Schmerzen kommen, die das Fahrverhalten und die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr stark beeinträchtigen. Möglich ist auch ein unerwarteter Anstieg des Blutdruckes, der sich auch negativ auf die Reaktion auswirkt. Daher ist es notwendig, dass man als Autofahrer Medikamente nur nach Rücksprache mit dem Arzt und nach dessen Anleitungen absetzt.“

Das Problem, sagt die Apothekerin, sei, dass die Beeinträchtigung durch die Medikamente von Mensch zu Mensch verschieden ist. Faktoren wie die Art der Erkrankung, das Geschlecht, der Habitus und der Allgemeinzustand des Patienten würden hier eine Rolle spielen. Daher sei es auch kaum möglich, eine allgemeingültige Skala über die Beeinträchtigung durch die einzelnen Medikamente zu erstellen.

Die Fahrtüchtigkeit muss vom Lenker selbst festgestellt werden. Wird das Fahrverhalten durch Medikamente aber so stark beeinflusst, dass Fahrfehler und körperliche Ausfallserscheinungen auftreten, macht man sich nach dem Strafgesetzbuch strafbar und es sind Geld- und sogar Freiheitsstrafen möglich.